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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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in Cochinchina, zum Vorwand, um dort zu intervenieren und 1862 die Abtretung des Gebiets zu erzwingen. Der Taiping-Aufstand wurde erst in den Jahren zwischen 1860 und 1866 niedergeschlagen, nachdem eine Truppe europäischer Abenteurer unter Führung des britischen Obersten Charles Gordon (des späteren «Gordon Pascha») dem kaisertreuen Militär zu Hilfe gekommen war.
    Die Opiumkriege, der Taiping-Aufstand und schwere Unruhen in den von Muslimen bewohnten Gebieten zwischen 1855 und 1873 trugen nachhaltig zur Schwächung der chinesischen Zentralgewalt bei. Das Kaiserreich reagierte auf den wachsenden Einfluß der europäischen Großmächte mit einer technologischen Modernisierung seines Militärs zu Lande und zur See, der Gründung einer Handelsschiffahrtsgesellschaft und der Förderung des Kohlebergbaus. Vor einer systematischen Industrialisierung und einer konsequenten Erneuerung der chinesischen Gesellschaftsordnung aber scheute das herrschende hohe Beamtentum der Quingdynastie zurück, weil es davon eine Minderung seiner eigenen Autorität befürchtete. Es war das Machtinteresse der traditionellen Oberschicht, das bei der Abwehr westlicher Errungenschaften den Ausschlag gab und nicht so sehr, wie oft behauptet, der strukturelle Konservativismus, der der Staatsdoktrin des kaiserlichen China, dem Konfuzianismus, eigen war.
    Angesichts des Wettlaufs zwischen Großbritannien, Rußland und Frankreich um die Steigerung ihres Einflusses in Ostasien wollten auch die Vereinigten Staaten von Amerika nicht länger abseits stehen. Eine Mißhandlung schiffbrüchiger amerikanischer Seeleute durch Japaner diente Präsident Fillmore als Anlaß, den Commodore Matthew C. Perry 1853 und 1854 zweimal mit einer kleinen Flottille in die Bucht von Tokio zu schicken, um Japan zur Öffnung mehrerer seiner Häfen für den amerikanischen Handel zu zwingen. Gewalt sollte dabei nur im Fall eines Angriffs angewandt werden. Die Mission war erfolgreich: Japan öffnete 1854 den USA im Vertrag von Kangawa zwei Häfen als Versorgungsstationen und gestattete die Errichtung eines amerikanischen Konsulats. Dem Abschluß eines regulären Handelsvertrages zwischen Japan und den USA im Jahre 1858 folgten dann kurz darauf entsprechende Verträge mit Großbritannien, Rußland und den Niederlanden (dem einzigen westlichen Land, mit dem es eine alte Tradition der Wirtschafts- und Wissenschaftsbeziehungen gab), wenig später auch mit den meisten anderen europäischen Staaten. Da die Verträge nicht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhten, waren sie ähnlich «ungleich» wie die mit China.
    Die Entscheidung für die einseitige handelspolitische Öffnung hatte der Shogun, der Inhaber des entscheidenden politischen Staatsamtes aus dem Geschlecht der Tokugawa, getroffen, dem diese Würde 1603 vom Kaiser, dem Tenno, als eine Art erbliches Lehen übertragen worden war. Der Bruch mit der vom Tokugawa-Shogunat bisher betriebenen Politik der weitgehenden Abschottung gegenüber dem Westen und seiner Religion, dem Christentum, rief eine starke fremdenfeindliche Bewegung hervor, die wesentlichen Anteil daran hatte, daß die Herrschaft der Tokugawa im folgenden Jahrzehnt zu Ende ging.
    Unter dem Meji-Tenno Mutsohito, der 1867 auf den Thron kam, begann mit aktiver Unterstützung eines Teiles der Oberschicht im Jahr darauf eine Revolution von oben, die sogenannte Meji-Restauration. In ihrem Verlauf verwandelte sich Japan zunächst in eine absolute, 1889 dann in eine konstitutionelle Monarchie. Das Shogunat und die Privilegien der Samurai, aus denen sich seit dem 17. Jahrhundert die höchsten Militärs und Beamten sowie der Klerus rekrutierten, wurden abgeschafft, die Hauptstadt von Kyoto nach Tokio verlegt, das Heer ebenso wie die Justiz und die Verwaltung auf weiten Strecken nach preußischem Vorbild reorganisiert, westliche Technik eingeführt, eine Industrialisierung mit kapitalistischen Methoden eingeleitet und eine schlagkräftige Flotte aufgebaut. Dank seiner Modernisierung aus eigener Kraft konnte das lernbegierige Japan im Gegensatz zum konservativen China seine Souveränität nicht nur behaupten. Es stieg vielmehr binnen weniger Jahrzehnte zur ersten und lange Zeit einzigen asiatischen Großmacht auf. Zu den frühen Opfern der territorialen Expansion Japans gehörte ein Land, das die USA 1871, unter der Präsidentschaft von Ulysses Grant, mit Waffengewalt, aber vergeblich zur Aufnahme von Handelsbeziehungen hatten zwingen wollen: das im 17. Jahrhundert unter

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