Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)
Eindruck hervor, als sympathisiere er mit der augustenburgischen Agitation. Zum Wendepunkt wurde eine Kundgebung zu Altona am 23. Januar 1866, auf der die Versammelten die Einberufung einer schleswig-holsteinischen Ständeversammlung forderten. Bismarck ließ in Wien scharf protestieren, woraufhin die österreichische Regierung sich jedwede preußische Einmischung in die Verwaltung Holsteins verbot. Damit war die Zusammenarbeit der beiden Mächte faktisch aufgekündigt.
Fortan begannen Berlin und Wien sich auf Krieg einzustellen und die entsprechenden militärischen und diplomatischen Vorbereitungen zu treffen. Bismarck durfte hoffen, daß Rußland Preußen nicht in den Rücken fallen würde. Seit dem Krimkrieg waren die Beziehungen des Zarenreiches zum Hohenzollernstaat sehr viel besser als die zum Habsburgerreich; seit der Konvention Alvensleben anläßlich des polnischen Aufstands von 1863 konnte das Verhältnis zwischen St. Petersburg und Berlin sogar als ausgezeichnet gelten. Im Fall des bonapartistischen Frankreich konnte Bismarck sicher sein, daß es Österreich nicht unterstützen würde, solange dieses Venetien besaß. Mit dem Königreich Italien, das Venetien von der habsburgischen Herrschaft befreien wollte, schloß Preußen am 8. April 1866 ein geheimes, auf drei Monate befristetes Offensiv- und Defensivbündnis. Es widersprach dem Bundesrecht ebenso wie der geheime Vertrag, den Österreich am 12. Juni 1866 mit Frankreich schloß. Wien sicherte sich darin die Neutralität Frankreichs für den Fall eines Krieges mit Preußen. Für diese Zusage mußte Österreich einen hohen Preis zahlen: Es stimmte dem Verzicht auf Venetien zu, falls es auf dem deutschen Kriegsschauplatz siegen sollte. Im Falle eines Sieges in Italien sollte es dort beim Status quo bleiben. Außerdem willigte Österreich in die Umwandlung der preußischen Rheinprovinz in einen formell unabhängigen, tatsächlich von Frankreich abhängigen Staat ein.
Um die öffentliche Meinung für seine antiösterreichische Politik zu gewinnen, hatte Bismarck am 9. April im Bundestag einen revolutionär anmutenden Antrag auf Bundesreform stellen lassen, in dem die Wahl eines deutschen Parlaments auf der Grundlage des allgemeinen gleichen Wahlrechts gefordert wurde. Am 10. Juni brachte Preußen den Antrag erneut, jetzt in ausgefeilter Form, ein. Mit einer Annahme war schon deshalb nicht zu rechnen, weil Preußen drei Tage zuvor unter Bruch des Bundesrechts Truppen in Holstein hatte einrücken lassen. Die Besetzung des Herzogtums war die Antwort auf eine Herausforderung durch Österreich: Am 1. Juni war an den Statthalter in Kiel die Weisung ergangen, eine Ständeversammlung einzuberufen; gleichzeitig hatte Wien den Bundestag ersucht, er möge, nachdem die Bemühungen um eine Verständigung mit Preußen gescheitert seien, die Entscheidung über die Zukunft der Herzogtümer treffen.
Eine Woche nach dem Einmarsch preußischer Truppen in Holstein, am 14. Juni, mußte der Bundestag über den Antrag entscheiden, mit dem Österreich am 9. Juni diese Aktion gekontert hatte: Der Bundestag möge die Mobilmachung des Bundesheeres beschließen, soweit es nicht von Preußen gestellt werde. Preußen, das den Antrag für bundeswidrig erklärt hatte, nahm an der Abstimmung nicht teil. Die Mittelstaaten stimmten mit einer Ausnahme mit Ja. Baden, das sich der Stimme enthielt, stellte sich unter dem Druck der öffentlichen Meinung dann doch noch auf die Seite Österreichs. Mit Nein, und damit für Preußen, stimmten nur einige norddeutsche Kleinstaaten, darunter Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Preußen erklärte daraufhin den Bundesvertrag für erloschen.
Militärisch bedurfte der Krieg, da beide Großmächte schon im April mit der Mobilmachung begonnen hatten, keiner weiteren Vorbereitung. Am 14. Juni ließ Preußen Ultimaten an die Regierungen in Dresden, Hannover und Sachsen ergehen; zwei Tage später rückten preußische Truppen in Sachsen, Hannover und Kurhessen ein. Am 20. Juni erklärte Italien, am 21. Juni Preußen Österreich den Krieg. Noch am selben Tag überschritten preußische Truppen die Grenze nach Böhmen.
Die Entscheidung fiel drei Wochen später bei Königgrätz in Ostböhmen, wo die Preußen den Österreichern die entscheidende Niederlage beibrachten. Die Verbündeten des Habsburgerreiches, soweit sie aktiv in den Krieg eingegriffen hatten, wurden in kleineren Gefechten geschlagen. (Baden hatte eine Beteiligung im letzten
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