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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Verfassung, die aus «Cisleithanien» endgültig eine konstitutionelle Monarchie machte. Das Abgeordnetenhaus, die zweite Kammer des Reichsrats, wurde nach einem Vierklassenwahlrecht gewählt. «Cisleithanien» wie «Transleithanien» waren zentralistische, keine föderalistischen Staatsgebilde: eine wichtige Ursache der Krisen, die die Doppelmonarchie in der Folgezeit erschüttern sollten.
    Gegenüber Preußen hatte sich Österreich, anders als zuletzt gegenüber Ungarn, nie ernsthaft um einen Ausgleich bemüht. Der anderen deutschen Großmacht verweigerte Wien bis zum Ende des Deutschen Bundes die Gleichberechtigung. Das gilt auch von dem Vorschlag einer Bundesreform, den Österreich im August 1863 dem «deutschen Fürstentag» in Frankfurt unterbreitete und der von diesem, in demonstrativer Abwesenheit König Wilhelms I. von Preußen angenommen wurde: Eine Parität zwischen Österreich und Preußen, im Bundesvorsitz, dem Direktorium, war darin ebensowenig vorgesehen wie ein preußisches Vetorecht oder eine Direktwahl der parlamentarischen Vertretung, der Versammlung der Bundesabgeordneten.
    Österreichs Politik gegenüber Preußen gehört zu den historischen Voraussetzungen und zu den unmittelbaren Ursachen des Krieges von 1866. Eine «Kriegspartei» gab es in den Jahren 1863 bis 1866 nicht nur in Berlin, sondern auch in Wien. Hier wie dort waren Kräfte am Werk, die darauf drängten, den gordischen Knoten des deutschen Dualismus mit dem Schwert zu durchschlagen. In Preußen, das den Status quo ändern wollte, taten sie es jedoch mit deutlich größerer Entschiedenheit als in Österreich, dem es «nur» um die Wahrung bestehender Rechte ging.
    1866 galt dasselbe wie 1848: Ein großdeutscher Nationalstaat hätte die Habsburgermonarchie gesprengt, war also mit Österreich nicht durchzusetzen. Aus einer Reform des Deutschen Bundes konnte kein deutscher Nationalstaat hervorgehen: Alle Vorschläge, die in diese Richtung gingen, befriedigten nicht den Wunsch der deutschen Nationalbewegung nach Einheit in Freiheit. Die Einheit war nur mit Preußen und unter preußischer Führung zu erreichen: Das war die wichtigste Lektion des deutschen Krieges von 1866. Freiheit ohne Einheit ließ sich in den Mittelstaaten verwirklichen. Doch der Verzicht auf die Einheit erschien den Liberalen der Mittelstaaten aus ideellen wie aus materiellen Gründen undenkbar. Wenn man also weiterhin Einheit und Freiheit wollte, kam es darauf an, sich mit Preußen auf einen Weg zu diesem Ziel zu verständigen.
    Die meisten badischen Liberalen waren schon vor 1866 zu dieser Einsicht gelangt. Nach dem Ende des Krieges bekannten sich auch in Württemberg und Bayern viele Liberale offen zur kleindeutschen Lösung. In Württemberg gründeten sie im August 1866 die Deutsche Partei, die sogleich in Konflikt mit den weiterhin großdeutschen und partikularistischen Demokraten geriet. In Bayern waren die gleichfalls partikularistischen «Ultramontanen» der Hauptgegner. Gegen ihren massiven Widerspruch forderte die liberale Fortschrittspartei die politische Ausgestaltung des Deutschen Zollvereins und den raschen Beitritt Bayerns zum Norddeutschen Bund. Nicht viel anders als sie dachte der Mann, der seit Ende Dezember 1866 an der Spitze der bayerischen Politik stand: Fürst Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst. Nach seiner Meinung hatte der Krieg eine Klärung der Verhältnisse bewirkt, die überfällig war und im Interesse der Völker, wenn auch nicht der Dynastien lag.
    Das Ausscheiden Österreichs aus Deutschland fand in den anderen Staaten des ehemaligen Deutschen Bundes ein widerspruchsvolles Echo. Die «National-Zeitung» sprach für den rechten Flügel des preußischen Liberalismus, als sie am 25. Juli 1866 schrieb, mit diesem Schritt werde «erst ganz und vollständig das Mittelalter, die Feudalität von unserer Nation überwunden und beseitigt … Indem wir uns vom Hause Habsburg trennen, welches die Ideen und die Ansprüche des römisch-deutschen Kaisertums nicht loswerden kann – durch diese Trennung erst werden wir eine selbständige Nation und stehen wir vor der Möglichkeit, einen deutschen Nationalstaat zu errichten. Wir können deutscher sein, als es unseren Vorfahren vergönnt war.»
    Viele Katholiken, zumal in Süddeutschland, dürften es eher mit Edmund Jörg, seit 1852 Redakteur der «Historisch-politischen Blätter für das katholische Deutschland» und nach 1869 einer der Führer der Bayerischen Patriotenpartei, gehalten haben. Aus

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