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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Angehörigen der Guardia de Asalto aus seiner Madrider Wohnung geholt, in ein Auto gezwungen und dort durch Genickschüsse getötet.
    Der Mord an Calvo Sotelo schockierte das bürgerliche Spanien zutiefst und beschleunigte die Umsturzplanung der militärischen Fronde. Unter dem Eindruck des Verbrechens der Sturmgarde stellten die Karlisten ihre verbliebenen Differenzen mit den Verschwörern zurück. Als Termin für das Losschlagen setzte Mola den 17. Juli, 17 Uhr, fest; das Signal zur nationalen Erhebung gegen das Spanien der Volksfront sollte von der Garnison in Melilla in Spanisch-Marokko kommen. Damit lag der Plan für eine Aktion fest, die die spanische Krise schlagartig in eine europäische verwandelte: die Auslösung des Spanischen Bürgerkrieges.
    In den Jahren zwischen 1931 und 1936 war, um den HistorikerWalther L. Bernecker zu zitieren, das «Grundproblem der spanischen Gesellschaft deutlich geworden, das die Modernisierung und die Durchführung einer ‹bürgerlichen› Revolution in Spanien verhinderte: Es war die Konfrontation zwischen der grundbesitzenden und in archaischen Strukturen verwurzelten Oligarchie mit ihren Verbündeten, die zu keinerlei Veränderung ihrer aus dem 19. Jahrhundert überkommenen Stellung bereit waren, und den Sektoren der Land- und Industriearbeiter, die in der Republik das Vehikel zur Überwindung ihrer überkommenen Benachteiligung erblickten und sich, nachdem sie in ihrer Hoffnung auf schnelle Veränderung ihrer Situation enttäuscht worden waren, von der bürgerlich-demokratischen Republik ebenso abwandten, wie ihre ‹Klassenfeinde› dies bereits getan hatten. Der Bürgerkrieg war das Ergebnis dieser unüberbrückbaren Gegensätze und der verzweifelte Versuch zuerst der Rechten, in Reaktion darauf dann auch der Linken, ihr Gesellschafts-, Wirtschafts- und Staatsmodell, das mit reformistisch-friedlichen Mitteln nicht zu erreichen war, gewaltsam durchzusetzen.»
    Doch es waren nicht nur soziale Strukturen und kollektive Mentalitäten, die in der Zeit der Zweiten Republik aufeinanderprallten. Es waren Akteure aus Fleisch und Blut, die Verantwortung für die zunehmende Polarisierung trugen: Politiker wie Manuel Azaña, der, unterstützt von der gesamten Linken, dem katholischen Spanien den Kampf ansagte und damit Menschen verprellte, die die Republik bei einer einfühlsameren Politik vielleicht für sich hätte gewinnen können; wie Gil Robles, der seine Vision von einer berufsständisch geordneten Gesellschaft, wenn es dafür keine parlamentarische Mehrheit gab, notfalls auch mit Hilfe des Militärs verwirklichen wollte; wie Largo Caballero, der sich immer mehr als «spanischer Lenin» fühlte und feiern ließ und nach seinem Linksruck eher kommunistische als sozialdemokratische Positionen vertrat. Eine Kompromißpolitik, sei es in Form von Mitte-rechts- oder Mitte-links-Bündnissen, war infolge der Radikalisierung der ursprünglich eher gemäßigten Kräfte immer weniger möglich. Davon profitierten die Extremisten der Linken und der Rechten: die Anarchisten und Anarchosyndikalisten auf der einen, die vereinten Faschisten und Nationalsyndikalisten auf der anderen Seite. Der äußersten Rechten war auch der nationalistische Flügel des Offizierskorps zuzurechnen. Von ihm sollte im Sommer 1936 der entscheidende Anstoß zu jenem dreijährigenblutigen Bürgerkrieg ausgehen, in dem sich die seit langem aufgestauten inneren Konflikte Spaniens entluden.[ 19 ]
Evolution der Demokratie: Von Schweden bis zur Schweiz
    Verglichen mit den Staaten des Mittelmeerraumes und des Balkans boten die drei skandinavischen Königreiche in der Zwischenkriegszeit ein fast schon idyllisches Bild. Schweden, Norwegen und Dänemark waren im Ersten Weltkrieg neutral geblieben; sie hatten erst vom drastisch ansteigenden Export an die kriegführenden Mächte profitiert, dann aber, seit 1917, unter dem deutschen U-Boot-Krieg schwer zu leiden gehabt. In den Jahren zwischen der Nachkriegsdepression und der Weltwirtschaftskrise zeichneten sich ihre Volkswirtschaften durch hohe Wachstumsraten aus; trotz Massenarbeitslosigkeit nach 1929 geriet das demokratische System in keinem der drei Staaten in eine ernste Krise. In Dänemark, Schweden und Norwegen gewann die Sozialdemokratie nach 1918 mehr oder minder stetig an Einfluß. In den dreißiger Jahren war sie die stärkste politische Kraft Nordeuropas, die dort, wo sie regierte, tiefgreifende soziale Reformen durchsetzen konnte.
    Unmittelbar nach Kriegsende

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