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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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etwa 30 Zeitungen und Zeitschriften wissen ließ, noch («as yet») keine wirklich faschistische Bewegung am Werk. Für die Zukunft schloß er die Notwendigkeit einer solchen jedoch nicht aus. «Der Faschismus ist ganz eindeutig eine Bewegung mit dem Ziel, den Kommunismus zu bekämpfen und unschädlich zu machen, und so die am wenigsten fähige und glaubwürdige Klasse davon abzuhalten, die Kontrolle über dieses Land zu gewinnen. Der Faschismus wird in den Vereinigten Staaten erst entstehen, wenn eine solche Bewegung wirklich nötig wird, um uns vor dem Kommunismus zu bewahren.»
    Für wünschenswert hielt Hearst diese Entwicklung nicht. Solange die bestehende Gesellschaftsordnung mit den traditionellen Mitteln aufrechtzuerhalten war, zeigte sich der Pressemagnat geneigt, dem amerikanischen Regierungssystem den Vorzug vor allen «crazy isms» zu geben. Allerdings mußte man zu diesem Zweck bereit sein, gravierende Abstriche an durchaus nicht unamerikanischen Errungenschaften vorzunehmen. So erklärte die Hearst-Presse die akademische Freiheit für eine «Phrase, die von den radikalen Gruppen als eine neue Tarnung übernommen wurde, um uns fremdartige Doktrinen zu lehren». Im Herbst 1934, unmittelbar nach seiner Rückkehr von einem Besuch bei Hitler, organisierte Hearst eine Pressekampagne zur gewaltsamen Unterdrückung eines Generalstreiks in San Francisco. Die Bewunderung für die faschistischen Regime Europas schlug zusehends um in die Propagierung einer Politik, die Amerika diesen Systemen angleichen mußte.
    Eine außerparlamentarische Opposition gegen Roosevelt formierte sich 1934 nicht nur in der «upper class», sondern auch in breiteren Bevölkerungsschichten. Die frühesten Anzeichen einer solchen Entwicklung kamen aus Louisiana, einer Hochburg der Südstaatendemokraten, ja faktisch einem Einparteienstaat. Dort war 1928 der fünfunddreißigjährige, mit großen rhetorischen Fähigkeiten ausgestattete Rechtsanwalt Huey P. Long zum Gouverneur gewählt worden. Seine Wahlerfolge hatte er vor allem in ländlichen Gebieten errungen, wo vor der Jahrhundertwende die «Populists» stark gewesen waren. Sein«Image» war das eines Sprechers der weißen Unterschichten, und in der Tat betrachtete Long als Gouverneur das überkommene Honoratiorenregime der Plantagenbesitzer und der Standard Oil Company als seinen Hauptgegner. Seine innenpolitischen Errungenschaften – eine armenfreundliche Steuergesetzgebung, umfangreiche Straßenbauarbeiten, die Einführung kostenloser Lernmittel an den Schulen – sicherten ihm eine breite Resonanz nicht nur bei den weißen, sondern auch bei den schwarzen Unterschichten. Die Verwaltung brachte er durch ein System perfektionierter Patronage unter seine Kontrolle. Binnen kurzem beherrschte er überdies die Legislative und die Justiz und hatte derart umfassende Möglichkeiten zur Manipulation von Wahlergebnissen, daß es keine Übertreibung war, von einer persönlichen Diktatur Longs zu sprechen. Daran änderte sich auch nichts, als er 1932 das Amt des Gouverneurs aufgab und fortan Louisiana im amerikanischen Senat vertrat.
    Zu einem Faktor der nationalen Politik wurde Long erst, als er sich im Sommer 1933 vom Unterstützer zum Gegner Roosevelts wandelte. Nach Meinung des jungen Senators war die Politik des Präsidenten viel zu wenig radikal; Roosevelt wiederum sah in Long einen politischen Demagogen und gefährlichen Rivalen. Seine Entscheidung, Anhänger Longs von der Ämterpatronage auszuschließen, machte den Bruch perfekt. Long warf nunmehr dem Präsidenten öffentlich die Kürzung der Veteranenrenten, mangelnde Bereitschaft zur Umverteilung des Vermögens und eine wachsende Abhängigkeit von Banken und Konzernen vor.
    Die nationale Plattform Longs bildete seit Januar 1934 das «Share-Our-Wealth»-Programm, eine Sammlung werbewirksamer wirtschaftspolitischer Leitsätze, deren Prämissen freilich nicht durchwegs von ökonomischem Sachverstand zeugten. Nach den Vorstellungen Longs sollte jeder Familie ein schuldenfreies Mindestvermögen von 5000 Dollar garantiert und, um dieses Ziel zu erreichen, eine obere Vermögensgrenze etwa bei 5 Millionen Dollar gezogen werden. Ferner sollten alle Personen über 60 Jahren eine monatliche Rente erhalten, jedermann ein jährliches Mindesteinkommen von 2000 Dollar gewährleistet, die Arbeitszeit verkürzt, die Agrarproduktion durch Regierungskäufe ausbalanciert und begabten Kindern eine kostenlose College-Ausbildung gewährt werden. Angesichts

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