Geschichte des Westens
satte Zweidrittelmehrheit und das beste Resultat, das je eine Partei hatte verbuchen können. Einer der neuen demokratischen Senatoren war Harry S. Truman aus Missouri, der Präsident der Jahre 1945 bis 1953.
Der Wahlsieg der Demokraten war ein persönlicher Triumph Franklin Delano Roosevelts: Das konnten auch die Gegner des Präsidenten nicht bestreiten. Doch der große Erfolg hatte seine Kehrseite: Bei den Demokraten gab es eine starke Tendenz, «FDR» zu einer radikaleren Politik zu drängen, als er sie bisher betrieben hatte. Der Demokratischen Partei lag mehr an ihrem Massenrückhalt als an der Sympathie der Eliten. Der Präsident hingegen wollte sich nicht damit abfinden, daß «big business» inzwischen in mehr oder minder geschlossener Opposition zu ihm stand, und bemühte sich weiter um eine Verständigung mit Banken und Großindustrie. Daß er um eine vorsichtige Kurskorrektur nach «links», ja um einen «Second New Deal» nicht herumkam, war aber Roosevelt wohl bewußt.
Zu den Gesetzen des «Zweiten New Deal», die die Regierung Roosevelt Anfang 1935 auf den Weg brachte, gehörte ein tatsächlicherSchlag gegen die Macht der «corporate interests»: der Public Utility Holding Company Act, dessen Ziel es war, die Holdinggesellschaften im Bereich der Energieversorgung zu zerschlagen, sofern sie nicht bis zum 1. Januar 1940 ihre gesellschaftliche Notwendigkeit gegenüber der Securities and Exchange Commission (SEC) nachweisen konnten. Auf Drängen der betroffenen Unternehmen machte das Repräsentantenhaus daraus schließlich eine Ermessensentscheidung der SEC.
Einen noch tieferen Einschnitt brachte der vom Arbeitsministerium unter Frances Perkins ausgearbeitete Social Security Act. Er sah eine Altersbeihilfe des Bundes von 15 Dollar monatlich vor und schuf eine Altersversicherung, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch einen Steuerzuschlag finanziert wurde. Die Zahlungen sollten 1942 beginnen und den Empfängern vom vollendeten 65. Lebensjahr ab zwischen 10 und 85 Dollar monatlich einbringen. Landarbeiter und Hausangestellte waren von der Versicherung ausgeschlossen. Für Personen, die nicht in den Genuß der Versicherung kamen, sollten Bund und Einzelstaaten Fürsorgeleistungen übernehmen. Das Gesetz enthielt ferner eine rudimentäre, von Bund und Einzelstaaten einzurichtende Arbeitslosenversicherung, deren Kosten allein die Arbeitgeber zu tragen hatten, Bestimmungen über eine Bundeshilfe für alleinerziehende Mütter und Behinderte sowie öffentliche Dienstleistungen im Gesundheitswesen. An europäischen Maßstäben gemessen wirkten diese Neuerungen überaus bescheiden, ja kärglich. Für die USA bedeutete die Einführung eines obligatorischen öffentlichen Versicherungswesens gleichwohl einen Durchbruch in Richtung Sozialstaat.
Angesichts der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit sah sich die Regierung auch zu neuen, ehrgeizigen Anstrengungen auf dem Gebiet der Arbeitsbeschaffung («work relief») und damit zu einer «keynesianischeren» Politik als bisher genötigt. Die Verantwortung hierfür übernahm eine neue, von Harry Hopkins geleitete Behörde, die Works Progress Administration (WPA). Unter ihrer Ägide wurden über 1 Million Kilometer Straßen, darunter vielspurige National Parkways durch landschaftlich besonders schöne Gegenden, fast 125.000 Brücken, über 125.000 öffentliche Gebäude, über 800 Parks und 850 Flughäfen gebaut. Der WPA standen 5 Milliarden Dollar zur Verfügung; sie beschäftigte im Durchschnitt mehr als 2 Millionen Menschen zur gleichen Zeit. Einer Unterbehörde der WPA, der Emergency Housing Division, oblag die Förderung des öffentlichen Wohnungsbaus mitBundesmitteln. Die Rural Electrification Administration widmete sich der Elektrifizierung des ländlichen Amerika: 1935 waren neun von zehn Farmen ohne Stromversorgung, 1941 waren es noch sechs, 1950 nur noch eine.
Unter dem Dach der WPA standen auch besondere Einrichtungen für die Jugend, für Künstler und Schriftsteller. Die National Youth Administration sorgte für gemeinnützige Arbeit, auch Teilzeitarbeit, für erwerbslose Jugendliche und vergab Hochschulstipendien. Das Federal Writers Project unterstützte arbeitslose Schriftsteller, das Federal Music und das Federal Theater Project arbeitslose Musiker beziehungsweise Theaterschaffende. Von den Regierungsaufträgen, die im Rahmen des Federal Art Project an erwerbslose Maler und Bildhauer vergeben wurden, zeugen noch heute die Mauer- und Wandmalereien in
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