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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Erwartung des Kommenden ihren Sitz nach Valencia.
    Unmittelbar danach übernahmen die Kommunisten und ihre sowjetischen Militärberater die tatsächliche Macht in der Hauptstadt. Die Rolle des Koordinators der Verteidigung von Madrid fiel dem Altbolschewisten Jan Antonowitsch Bersin zu, der schon 1923 als Militärberater an der Vorbereitung des «deutschen Oktober» beteiligt gewesen war und in Spanien als «General Gorjew» auftrat. Die Kommunisten arbeiteten eng mit General José Miajá Menant, dem Regierungsvertreter in der am 6. November eingesetzten, von den Kommunisten dominierten Junta für die Organisation und Überwachung der Verteidigung der Hauptstadt und regionalem Oberkommandierenden, zusammen. Sie mobilisierten das Gros der proletarischen Bevölkerung einschließlich der Frauen. Die letzteren bildeten ein eigenes Bataillon, das kurz darauf an der Segoviabrücke mitkämpfte.
    Am 7. November begann die Schlacht um Madrid. Die Nationalisten belegten die Hauptstadt mit Artilleriefeuer; Flugzeuge warfen, um Panik in der Bevölkerung zu erzeugen, nahezu pausenlos Brandbomben ab. Feuerwehrleute wurden von Flugzeugen aus mit Maschinengewehrenbeschossen. Auf der republikanischen Seite tat sich eine besonders diszipliniert agierende, von sowjetischen Militärinstrukteuren geschulte, von den Kommunisten beherrschte Truppe, das sogenannte Fünfte Regiment, hervor. Ihr Kommandant war der Kommunist Enrique Líster, ein in Moskau ausgebildeter ehemaliger Steinbrucharbeiter, den André Malraux in seinem Roman «L’Espoir» als «Manuel» porträtiert hat. Am 8. November griffen die ersten Internationalen Brigaden in die Kämpfe ein. Emilio Kléber übernahm den Oberbefehl über alle republikanischen Truppen in der Universitätsstadt und die Casa del Campo.
    Am 12. November gelangten auch 3000 bewaffnete Anarchisten unter ihrem Führer Buonaventura Durruti nach Madrid. Durruti, ein «Sozialbandit» mit bewegter terroristischer Vergangenheit, fiel am 21. November – angeblich durch eine verirrte Kugel aus der inzwischen von den Nationalisten eroberten Universitätsstadt. Möglicherweise aber wurde er von einem Anarchisten erschossen, der mit seinem Befehlshaber haderte, weil dieser von seinen Leuten ein ungewöhnliches Maß an Disziplin und Risikobereitschaft erwartete. Anfang Januar 1937 erstarrte die Front um Madrid – ein großer Erfolg der Verteidiger, denen es gelungen war, durch ihren Heldenmut die Nationalisten von der Eroberung der Hauptstadt abzuschrecken.
    Der nächste große Erfolg der republikanischen Kräfte war im März 1937 der Sieg über italienische Truppen, die auf Drängen Mussolinis mit 50.000 Mann bei Sigüenza, nordöstlich von Madrid, aufmarschiert waren, um von dort auf Guadalajara und die Hauptstadt vorzustoßen. Ihnen traten Einheiten der Internationalen Brigaden, darunter das italienische Bataillon «Garibaldi» unter dem Republikaner Randolfo Pacciardi, und spanische Miliztruppen unter Führung von Enrique Líster und Valentín González, genannt «El Campesino», gegenüber. Die Verteidiger der spanischen Republik bekämpften die Verbündeten Francos nicht nur mit Waffen, sondern auch mit äußerst geschickt und wirkungsvoll abgefaßten Flugblättern, in denen sie an die proletarische Brüderlichkeit und die internationale Solidarität appellierten. Am 18. März waren die Brigadisten am Ziel: Etwa 2000 Italiener waren gefallen und 4000 verwundet; die meisten ihrer überlebenden Landsleute ergriffen die Flucht, wobei sie Kriegsmaterial, Waffen und Munition zurückließen; mehrere Hundert, nach anderen Angaben mehr als 1000, wurden gefangen genommen und anschließend politisch «umerzogen».
    Die französischen Historiker Pierre Broué und Émile Témime bewerten die Schlacht von Guadalajara nicht nur als militärischen Erfolg, sondern auch als politischen Sieg, weil es den Siegern gelungen war, Teile der feindlichen Truppen auf ihre Seite zu ziehen. «Der Sieg erschien als Triumph des internationalen ‹Antifaschismus›, wie ihn (Michail) Kolzow (der Korrespondent der Moskauer Parteizeitung ‹Prawda›, H. A. W.) in seinen ‹Prawda›-Meldungen feierte. Aber der ‹Antifaschismus› hatte hier seinen letzten Sieg erlebt. Der Krieg verschlang nicht nur die Revolution, sondern auch seine Sondergestalt: den revolutionären Krieg. Zum Selbstzweck geworden, kehrte sich der Krieg gegen die revolutionären Antriebe, die ihm die lodernde Flamme des geistig Sinnhaften, des Menschlichen

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