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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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«Rotspanien» durchsetzte, hatte Deutschland gute Aussichten, einen Verbündeten für die bevorstehende Neuordnung Europas zu gewinnen. Mindestens ebenso wichtig war für Hitler dieChance, in Spanien zusammen mit Italien tätig werden und auf diese Weise einen Keil zwischen Rom und London treiben zu können. Wirtschaftliche und militärische Überlegungen kamen offenbar erst später hinzu. Für Göring als Oberbefehlshaber der Luftwaffe war es wichtig, den deutschen Fliegern in Spanien einen idealen Übungsplatz unter den Bedingungen des militärischen Ernstfalls zu verschaffen. Als Beauftragter für den Vierjahresplan mußte Göring daran liegen, von Spanien kriegswichtige Rohstoffe wie Eisenerz und Schwefelkies zu erhalten. Am 25. Juli 1936 scheinen diese Erwägungen aber noch keine größere Rolle gespielt zu haben. Um außenpolitische Verwicklungen tunlichst zu vermeiden, versuchte Hitler während der Gesamtdauer des Spanischen Bürgerkrieges, den Schein der Nichteinmischung Deutschlands aufrechtzuerhalten. Auf keinen Fall wollte er mit Mussolini in einen Wettstreit um die größtmögliche Unterstützung Nationalspaniens eintreten.
    Italien schickte seit Ende 1936 70.000 bis 80.000 Soldaten, Deutschland etwa 10.000 Piloten, Techniker und Ausbilder nach Spanien. Die Zahl der italienischen Panzerkraftwagen dürfte die der deutschen Panzer, etwa 200, ebenfalls übertroffen haben. Auf das Konto der «Legion Condor», der nach Spanien entsandten Luftwaffeneinheit, ging der dreistündige Terrorangriff auf die kleine Stadt Guernica, eine Art baskisches Nationalheiligtum, am 26. April 1937, bei dem 1654 Menschen, allesamt Zivilisten, getötet und 889 verwundet wurden. Das Deutsche Reich dementierte sofort jede Beteiligung. Das militärische Oberkommando der Nationalisten in Salamanca, das an der Planung des Angriffs beteiligt war, behauptete, die Basken selbst hätten Guernica in Brand gesteckt, um die Schuld dann den Nationalisten in die Schuhe zu schieben. Die Öffentlichkeit der westlichen Demokratien ließ sich dadurch nicht täuschen: Die Splitter deutscher Bomben verrieten die tatsächliche Urheberschaft. Die Nachwelt verbindet mit «Guernica» das berühmte Bild Pablo Picassos, das wenige Wochen nach dem Ereignis im Pavillon der spanischen Republik auf der Pariser Weltausstellung gezeigt wurde.
    Mehr Zeit als Mussolini und Hitler nahm sich Stalin, ehe er sich für die Unterstützung «seiner» Seite im Spanischen Bürgerkrieg entschied. Dabei ging es ihm
kurzfristig
nicht darum, die Kommunisten in Madrid an die Macht zu bringen. Vielmehr war es sein offenkundiges Ziel, Spanien zum Teil einer antifaschistischen Front zu machen, in die sich auch das von der Volksfront regierte Frankreich und, spätestensnach einem Sieg der Labour Party, Großbritannien einreihen sollten. Auf einem anderen Blatt stand Stalins mutmaßliches
längerfristiges
Kalkül: Je besser die Kommunistische Partei Spaniens die ihr zugedachte Rolle ausfüllte, desto mehr wuchsen auch die Aussichten für das, was einstweilen noch nicht auf der Tagesordnung stand: eine kommunistische Revolution.
    Wann immer in Moskau der grundsätzliche Beschluß für eine verdeckte Intervention gefallen ist: Ende September 1936 stach von der Krim aus ein Schiff mit Waffen für die spanische Republik in See. Die Sowjetunion ließ sich ihre Hilfe teuer bezahlen. Die Regierung Largo Caballero transportierte einen Großteil der spanischen Goldreserven, mit denen bereits Waffenkäufe in Frankreich getätigt worden waren, nach Moskau. Die 510 Tonnen Gold im Wert von eineinhalb Milliarden Goldpeseten, die Beauftragte der Sowjetunion in der zweiten Hälfte Oktober 1936 im Hafen von Cartagena übernahmen, wurden seit Anfang Februar 1937 innerhalb von 14 Monaten in Devisen verwandelt. Mit ihnen erstand die spanische Republik die Waffen, die sie dringend benötigte.
    Mindestens ebenso wichtig wie die Waffenlieferungen aus der Sowjetunion waren die von der Kommunistischen Internationale gesteuerten Internationalen Brigaden: Einheiten von Freiwilligen aus Europa und Amerika, die bereit waren, auf der Seite der spanischen Republik in den Kampf zu ziehen. Die ersten Einheiten trafen Anfang November 1936, zur gleichen Zeit wie die ersten Waffenlieferungen, teils auf dem Seeweg, teils über die Pyrenäen kommend, in Spanien ein. Es waren, ungeachtet der Führungsrolle der Kommunisten, keineswegs nur Mitglieder kommunistischer Parteien, die zu diesen Verbänden strömten,

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