Geschichte des Westens
die Anarchisten der CNT ein, deren politisches Lenkungszentrum die Federación Anarquista Iberica (FAI) war. Das Amt des Justizministers übernahm der ehemalige Terrorist García Oliver, der kurz zuvor noch die Ermordung von Klerikern und anderen Klassenfeinden als Vollzug der Gerechtigkeit durch das Volk verteidigt hatte.
Auf den ersten Blick überraschend bildeten die Kommunisten zusammen mit den bürgerlichen Parteien den konservativen Flügel der Regierung: Für den Partido Comunista de España (PCE) hatte, was ganz auf der Linie Stalins und der Komintern lag, die Verteidigung der Republik gegen den faschistischen Anschlag absoluten Vorrang vor der proletarischen Revolution, ja vor jeder Änderung der Eigentumsverhältnisse. In einem Brief an Largo Caballero empfahlen Stalin, Woroschilow und Molotow am 21. Dezember der spanischen Regierung Maßnahmen zugunsten der Bauern in Agrar- und Steuerfragen, Anstrengungen zur Gewinnung des städtischen Klein- und Mittelbürgertums, eine Garantie des freien Handels und ein Verbot jeder Art von Beschlagnahmungen. Die Sowjetführer betonten sogar ausdrücklich, daß der parlamentarische Weg für Spanien ein wirksameres Mittel der revolutionären Entwicklung sein könnte als für Rußland.
Der sozialistische Regierungschef bedankte sich am 12. Januar 1937 für die Moskauer Ratschläge, merkte aber auch ausdrücklich an, daß noch nicht einmal unter einfachen Republikanern «enthusiastische Verteidiger der parlamentarischen Institutionen» zu finden seien. Innerhalb des Kabinetts gehörte Largo Caballero zu den entschiedenen Anwälten tiefgreifender sozialer Veränderungen. Dasselbe galt für die anarchistischen Minister. CNT und FAI befanden sich jedoch in einem unauflösbaren Dilemma. Durch die Regierungsbeteiligung und ihre Mitwirkung an der Auflösung der im Sommer 1936 überall entstandenen räteähnlichen Komitees und der örtlichen Milizen der rivalisierenden Arbeiterorganisationen wurden sie zu Mitträgern eines Prozesses, der auf die Zentralisierung und Militarisierung der Macht hinauslief. Dadurch rückten sie das Ideal einer herrschaftsfreien Gesellschaft ineine immer weitere Ferne und entfremdeten sich großen Teilen ihrer Basis, die dieser Art von «Realpolitik» nichts abgewinnen konnten.
Zum Zeitpunkt des Regierungswechsels in Madrid war bereits klar, daß die beiden westlichen Demokratien Großbritannien und Frankreich sich nicht auf der Seite der Republik in den Spanischen Bürgerkrieg einmischen würden. Die Nationalisten um Franco hingegen genossen mittlerweile die Unterstützung zweier Großmächte: Italiens und Deutschlands. Rom war, anders als Berlin, über die Aufstandspläne der Rechten in groben Umrissen informiert. Gleichwohl zögerte Mussolini zunächst, ehe er am 30. Juli 1936 dem Ersuchen der Rebellen entsprach und ihnen zunächst 12 Flugzeuge von Sardinien nach Tetuán schicken ließ. Die Absicht des «Duce» war klar: ein von Sympathisanten des Faschismus regiertes, Italien zu Dank verpflichtetes Spanien würde ein wertvoller Verbündeter im Kampf um die strategische Kontrolle des Mittelmeeres, seine Verwandlung in ein «mare nostro», sein. Von besonderer Bedeutung war in diesem Zusammenhang die Errichtung eines italienischen Stützpunktes auf den Balearen, vielleicht gar deren Angliederung an Italien.
Einen Kontakt zu Hitler stellte Franco über zwei Angehörige der Auslandsorganisation der NSDAP her, die am Abend des 25. Juli Gelegenheit hatten, am Rande der Wagner-Festspiele in Bayreuth mit dem «Führer» zu sprechen. Dieser entschied noch in der Nacht zum 26. Juli, ohne Rücksprache mit dem Auswärtigen Amt, aber nach Fühlungnahme mit Göring und Blomberg, die sich ebenfalls in Bayreuth aufhielten, 20 unbewaffnete, aber von sechs Jagdflugzeugen begleitete Transportmaschinen vom Typ Ju 52 nach Tetuán zu schicken. Es waren diese Flugzeuge, mit deren Hilfe es Franco gelang, die von ihm befehligte Afrikaarmee, etwa 35.000 Mann, die meisten muslimische Marokkaner, von Spanisch-Marokko nach Spanien zu bringen.
Über die Motive, von denen Hitler sich leiten ließ, als er Ende Juli 1936 Franco zu Hilfe kam, ist viel spekuliert worden. Sicher ist, daß er, nachdem es eine Volksfrontregierung nicht nur in Madrid, sondern auch in Paris gab, sich durch den Spanischen Bürgerkrieg in seiner ständigen Warnung vor einer Ausdehnung des Kommunismus bestätigt sah. Wenn das Reich Nationalspanien unterstützte und dieses sich gegenüber
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