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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Hilfe aus der Bevölkerung und der Unterstützung von Widerstandsgruppen. Am 31. Juli 1944 brachte letztmals ein Deportationszug Juden aus dem Sammellager Mechelen nach Auschwitz. Mit ihm gelangte auch der Maler Felix Nußbaum, nach nationalsozialistischen Begriffen ein Vertreter der «entarteten Kunst», in das Vernichtungslager, wo er, vermutlich am 2. August, vergast wurde.
    In den Niederlanden protestierten im Juli 1942 die Führungen aller christlichen Kirchen gegen die Judendeportationen. Als Reichskommissar Seyß-Inquart daraufhin zusagte, getaufte Juden, sofern sie vor der deutschen Besatzung zum Christentum übergetreten waren, vom Abtransport auszunehmen, gaben die protestantischen Bischöfe nach,während die katholischen Bischöfe ihren Protest aufrechterhielten und in den Kirchen bekannt machten. Daraufhin wurden die meisten katholischen Juden verhaftet und 92 von ihnen nach Auschwitz deportiert, wo sie sofort den Weg in die Gaskammer antreten mußten. Eines der Opfer war die aus Breslau stammende Karmeliternonne und Philosophin Edith Stein, die 1922 zum Katholizismus übergetreten war.
    Zu den in die Niederlande geflüchteten ungetauften deutschen Juden, die den Holocaust nicht überlebten, gehörte die im Juni 1929 in Frankfurt am Main geborene Anne Frank. Ihre Familie konnte sich vom Juni 1942 ab mit Hilfe aus der einheimischen Bevölkerung heraus zwei Jahre lang in einem Hinterhof in der Amsterdamer Prinsengracht verstecken, worüber Anne in ihrem später weltberühmt gewordenen Tagebuch berichtete. Am 4. August 1944 erfolgte, auf Grund einer Denunziation, die Verhaftung der dort versteckten Juden. Nur Annes Vater, Otto Frank, der nach Auschwitz deportiert wurde, überlebte den Krieg. Anne und ihre Schwester Margot wurden in das Konzentrationslager Bergen-Belsen gebracht, wo beide, kurz vor der Befreiung des Lagers, im März 1945 an Typhus starben.
    Überleben konnten die Juden in den von Deutschland besetzten Ländern nur durch die Flucht (was in Frankreich nach der Besetzung auch des südlichen Teils im November 1942 kaum noch möglich war) oder im Untergrund, was die aktive Mitwirkung von Nichtjuden voraussetzte. Menschen, die bereit waren, Juden vor ihren Verfolgern zu schützen und unter Gefahr für Leib und Leben bei sich aufzunehmen, gab es in allen besetzten Ländern und auch in Deutschland selbst. Doch nirgendwo war die Zahl nichtjüdischer Unterstützer so groß wie im traditionell antisemitischen Polen. Dabei spielten auch Geld und Erpressung eine Rolle, und sicher gab es sehr viel mehr Sympathisanten der Judenvernichtung und Denunzianten untergetauchter Juden als Polen, die assimilierten Juden halfen, ihre Identität zu verbergen, oder gar Juden Unterschlupf gewährten. Von den 3,3 Millionen Juden, die 1939 in Polen gelebt hatten, überlebten etwa 300.000 den Krieg, davon freilich höchstens 40.000 auf polnischem Territorium.
    Schwankend und widersprüchlich war die Haltung der meisten mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbündeten Staaten gegenüber der Judenvernichtung. Das gilt auch für das faschistische Italien. Italienische Diplomaten und Offiziere konnten in den besetzten GebietenGriechenlands, Kroatiens und Südfrankreichs Tausende von Juden vor dem sicheren Tod retten, indem sie eine Deportation in die Vernichtungslager verhinderten. In Kroatien brachte sie das nicht nur in Gegensatz zu den Deutschen, sondern auch zu den radikal antisemitischen Ustaschi, die dort, wo sie nicht daran gehindert wurden, also in der deutschen Einfluß- und Besatzungszone, die Juden zum größten Teil bereits ausgerottet hatten. Am 21. August 1942 ließ Mussolini seine militärischen und zivilen Untergebenen wissen, daß er den deutschen Anspruch auf die im italienischen Besatzungsgebiet Kroatiens lebenden Juden unterstütze. Das italienische Außenministerium war kurz zuvor durch den zweiten Mann der deutschen Botschaft in Rom, den Gesandten Otto von Bismarck, einen Enkel des Reichsgründers, schriftlich und in ungewöhnlich offener Form über den Zweck der verlangten Deportation informiert worden: die «Zerstreuung und vollständige Eliminierung» der betroffenen Juden.
    Daß die maßgebenden italienischen Militärs auf der anderen Seite der Adria, an ihrer Spitze General Roatta, der Befehlshaber der 2. Armee in Slowenien, Dalmatien und Kroatien, sich der Direktive aus Rom nicht fügen wollten, hatte nicht nur humanitäre, sondern auch realpolitische Gründe: Zum Abscheu

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