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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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l’appui et le concours de la Francetout entière, de la France qui se bat, de la seule France, de la vraie France, de la France éternelle).
    Der Chef der France libre machte damit aus der Leistung einer Minderheit von etwa einer Million Franzosen ein Werk der gesamten Nation. Die Kollaboration hingegen wurde einem überschaubaren Personenkreis zugeschrieben, den es unnachsichtig zur Rechenschaft zu ziehen galt. Der «épuration» fielen in den ersten Monaten nach der alliierten Invasion, teilweise auch schon in den Wochen davor, rund 10.000 Menschen ohne Gerichtsverfahren zum Opfer, darunter Politiker, Milizionäre und Gendarmen. Frauen, die intime Beziehungen mit Besatzungssoldaten eingegangen waren, wurden, wie auch in anderen von Deutschland okkupierten Ländern, unterschiedslos der Kollaboration bezichtigt, gesellschaftlich geächtet und vielerorts öffentlich kahl geschoren. Kinder, die aus solchen Verbindungen hervorgingen, hatten unter ihrer Herkunft schwer zu leiden.
    Der informellen folgte die formelle Vergeltung. Von den Ministern und Staatssekretären der Vichy-Regierung wurden 1945 22 zu Gefängnis oder Zwangsarbeit und 18, davon 10 in Abwesenheit, zum Tode verurteilt. Unter den zum Tode Verurteilten war auch Philippe Pétain, der aber wegen seines hohen Alters vor der Exekution verschont blieb und auf die der Vendée vorgelagerte Insel Yeu verbannt wurde, wo er am 23. Juli 1951 starb. Laval, Brinon und Darnand wurden hingerichtet. Doriot kam im Februar 1945 bei einem Fliegerangriff in Deutschland um, Déat konnte nach Italien fliehen und sich in einem Kloster verstecken, wo er 1955 starb. Von den Milizionären und höheren Funktionären des Vichy-Regimes wurden etwa 1500 zum Tode ver urteilt und hingerichtet; 38.000 mußten Gefängnisstrafen verbüßen.
    Nicht wenigen Kollaborateuren half es, daß sie auch Beziehungen zur Résistance unterhalten hatten. Unter ihnen war René Bousquet, der bis Ende 1943 als Generalsekretär der französischen Polizei an der Spitze des Repressionsapparates gestanden und maßgeblichen Anteil an der Deportation der in Frankreich lebenden Juden in die Vernichtungslager gehabt hatte. Bousquet kam mit einer Aberkennung der politischen Bürgerrechte für die Dauer von fünf Jahren davon. Erst nach dem Bekanntwerden neuer belastender Vorgänge, darunter seiner Mitwirkung an der Deportation von 194 jüdischen Kindern, wurde Bousquet 1991 erneut angeklagt. Seiner persönlichen Freundschaft mit demStaatspräsidenten der Jahre 1981 bis 1995, François Mitterrand, hatte er es zu verdanken, daß die Eröffnung des Prozesses verschleppt wurde. Am 8. Juni 1993 wurde Bousquet von einem angeblich unzurechnungsfähigen Mann erschossen.[ 18 ]
«Dieses Volk von der Erde verschwinden zu lassen»:
Die «Endlösung der Judenfrage» (II)
    Das erste Land, aus dem der Vollzug der Vernichtung der Juden gemeldet werden konnte, war Serbien. Auf die Erschießung von Tausenden männlicher Juden im Zuge von «Sühnemaßnahmen» im Sommer und Herbst 1941 folgten von März bis Mai 1942 die Tötung von etwa 8000 jüdischen Frauen und Kindern des Konzentrationslagers Sajmište, dann der Patienten und des Personals des jüdischen Krankenhauses Belgrad sowie von Juden aus einem nahegelegenen Lager in einem aus Berlin geschickten Gaswagen. Außer den Juden wurden auch Sinti und Roma, die hier wie überall im deutsch besetzten Europa als rassisch minderwertige, asoziale überflüssige Esser galten, auf dieselbe Weise umgebracht. Im August 1942 telegraphierte der mit der Durchführung der Mordaktion beauftragte Chef der deutschen Zivilverwaltung in Belgrad, SS-Gruppenführer Harald Turner, voller Stolz nach Berlin: «Serbien einziges Land, in dem Judenfrage und Zigeunerfrage gelöst.»
    Gaswagen als Instrumente zur Vernichtung von Juden wurden nach den Erfahrungen, die man bei der Tötung von Geisteskranken gemacht hatte, auch in den baltischen Ländern, in Weißrußland, der Ukraine und im Lager Chelmno (Kulmhof) im Warthegau eingesetzt. Im November 1941 begann in Belzec im Generalgouvernement die massenhafte Ermordung von Juden in Gaskammern. Belzec gehörte neben Sobibór, Treblinka und etwas später, seit Juli 1942, Majdanek zu den Vernichtungslagern der (wohl im Gedenken an Reinhard Heydrich so genannten) «Aktion Reinhard», die unter der Aufsicht des SS- und Polizeigruppenführers des Distrikts Lublin, Odilo Globocnik, standen. Bis Ende 1942 wurden in Belzec etwa 434.000 Juden umgebracht, in

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