Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
Vom Netzwerk:
Sobibór in den ersten drei Monaten seines Betriebs, von März bis Juni 1942, 90.000 bis 100.000 Juden, die vor allem aus dem Distrikt Lublin, aus Österreich, dem Altreich und dem ProtektoratBöhmen und Mähren kamen. Im Juli 1942 begannen die Tötungen in den Gaskammern von Treblinka. Majdanek, ursprünglich ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene, war sowohl ein für Sklavenarbeit genutztes Konzentrations- als auch ein Vernichtungslager. Dasselbe galt für Auschwitz, das, soweit es um Vernichtung durch Arbeit ging, der Aufsicht des Wirtschaftsverwaltungshauptamtes der SS unterstand, während für die unmittelbare physische Vernichtung durch Vergasung das Reichssicherheitshauptamt zuständig war.
    Das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau begann, nach einem «Vorlauf» im September 1941, bei dem 600 russische Kriegsgefangene und 200 kranke oder arbeitsunfähige Häftlinge durch Zyklon B umgebracht worden waren, Mitte Februar 1942 mit der Massentötung in Gaskammern. Zu den ersten Opfern gehörten für arbeitsunfähig erklärte Juden aus oberschlesischen Arbeitslagern. 1943 wurden in Birkenau ein «Frauenlager», ein «Familienlager» für Zigeuner und ein «Familienlager» für Juden aus dem Konzentrationslager Theresienstadt eingerichtet. Die zur Vernichtung bestimmten Juden mußten sich vor der Tötung in den Gaskammern völlig auskleiden. Nachdem der Tod durch qualvolles Ersticken eingetreten war, wurden die Leichen durch das Herausbrechen von Goldzähnen, das Abschneiden von Frauenhaar, die Abnahme von Prothesen und das Einsammeln von Wertgegenständen wie Eheringen und Brillen ökonomisch verwertet. Diese Arbeit hatten jüdische Sonderkommandos zu erledigen. Es folgte, nachdem die Körper der Toten zunächst vergraben worden waren, seit 1943 die Verbrennung der Leichen in großen Öfen, die die Firma Topf und Söhne in Erfurt hergestellt und geliefert hatte. Die Knochen wurden in besonderen Mühlen zermahlen, die Asche danach, wie Saul Friedländer schreibt, «als Dünger auf den nahegelegenen Feldern verwendet, in Wäldern der Umgegend ausgekippt oder in der Nähe in den Fluß geschüttet. Und was die Angehörigen der Sonderkommandos anging, so wurden sie von Zeit zu Zeit getötet und durch neue Mannschaften ersetzt.» Die Zahl der in Auschwitz umgebrachten Menschen, darunter 1,1 Millionen Juden, 140.000 Polen, knapp 20.000 Sinti und Roma und 10.000 sowjetische Kriegsgefangene, wird auf 1,3 Millionen geschätzt.
    Die Ermordeten kamen aus allen Teilen des von Deutschland besetzten oder kontrollierten Europa. Solidarische Hilfe der einheimischen Bevölkerung erfuhren die Juden nur selten, und nirgendwo soerfolgreich und umfassend wie im schon erwähnten Ausnahmefall Dänemark. In den Niederlanden kooperierten, ungeachtet der frühen Solidaritätsaktionen in Delft, Leiden und Amsterdam 1940/41, Polizei und Beamtenschaft mit den Besatzern bis zuletzt, wenn es darum ging, Juden in die Vernichtungslager zu deportieren. Ähnliches galt für Belgien, wo, anders als im nördlichen Nachbarland, die überwältigende Mehrheit der im Lande lebenden Juden ausländischer Herkunft war. In Frankreich stieß die «collaboration» auf gewisse Grenzen, wenn es um die Auslieferung alteingesessener Juden ging. Von den aus Frankreich deportierten Juden waren über zwei Drittel (68 Prozent) ausländische Juden. Während von den in Frankreich lebenden ausländischen Juden 39 Prozent dem Holocaust zum Opfer fielen, waren es «nur» 12 Prozent der französischen Juden. In Frankreich belief sich der Anteil der deportierten und ermordeten Juden an der Gesamtheit der jüdischen Bevölkerung auf 23 Prozent, in Belgien lag er bei der Hälfte, in den Niederlanden bei drei Vierteln.
    Aus Belgien gingen im August 1942 die ersten Transporte von 10.000 Juden in die Vernichtungslager ab. Es waren polnische, tschechoslowakische, russische und andere ausländische Juden, aber noch keine Juden mit belgischer Staatsangehörigkeit. Zur Begründung erklärte der Vertreter des Auswärtigen Amts beim deutschen Militärbefehlshaber in Belgien, Werner von Bargen, in einem Bericht nach Berlin, daß das «Verständnis für die Judenfrage» in Belgien noch nicht sehr verbreitet und die Juden in den «hiesigen Wirtschaftsprozeß» voll eingegliedert seien, weshalb bei ihrem Abtransport «Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt» zu befürchten wären. Soweit belgische und ausländische Juden den Holocaust überlebten, verdankten sie das spontaner

Weitere Kostenlose Bücher