Geschichte des Westens
Partisanenbekämpfung spezialisierte.
Auf die Schaffung eines regulären Militärs der RSI ließ sich die deutsche Seite nur widerstrebend ein. Zuletzt dienten etwa 43.000 Mann in den «republikanischen» Streitkräften. Weitere 70.000 taten freiwillig Dienst in der Waffen-SS oder in Verbänden, die direkt dem deutschen Oberkommando unterstellt waren. Unter denen, die Mussolini bis zuletzt die Treue hielten, waren nicht nur Altfaschisten, für die der Umsturz vom Juli 1943 ein Ausdruck von Opportunismus, Feigheit und Verrat war. Zu ihnen gesellten sich auch viele jüngere Italiener, für die der Kampf gegen den Bolschewismus einen hinreichenden Grund bildete, sich auf die Seite des «Duce» und damit auf die der Deutschen zu stellen.
Die großen Massen freilich konnte das Regime von Salò weder durch sozialistische Rhetorik noch durch antibolschewistische Propaganda für sich gewinnen. Die Haltung der Arbeiter zeigte sich im November 1943 bei einem neuerlichen, diesmal von den Kommunisten gesteuerten Streik in den Turiner Fiat-Werken, an dem sich etwa 50.000 Menschen beteiligten. Daß die versprochene Sozialisierung nicht stattfand, lag vor allem am Widerstand der Deutschen, trug aber mit dazu bei, das ganz vom Reich abhängige Satellitenregime von Salò der Verachtung der proletarischen Massen preiszugeben.
Von fremden Herren abhängig war auf ihre Weise auch die andere italienische Regierung, die von Marschall Badoglio in Salerno. Die von den westlichen Alliierten gebildete Militärregierung zwang sie, mit den antifaschistischen Parteien und Gruppen zusammenzuarbeiten, die sich Ende Januar 1944 im Comitato di Liberazione Nazionale zusammengeschlossen hatten. Zu den Partnern dieses heterogenen Bündnisses gehörten Kommunisten, Sozialisten, linksliberale und katholische Kräfte. Dem König und dem von ihm berufenen Ministerpräsidenten standen sie zunächst scharf ablehnend gegenüber. Doch im Frühjahr 1944 setzte der Führer der Kommunisten, Palmiro Togliatti, der kurz zuvor aus dem Moskauer Exil zurückgekehrt war, eine realpolitische Kursänderung durch, die voll und ganz Stalins Direktiven entsprach: Die Befreiung Italiens vom «Nazifascismo» hatte absoluten Vorrang vor allen anderen Zielen; die innenpolitischen Streitfragen mußten daher vertagt werden.Zusammen mit dem Linkssozialisten Pietro Nenni legte Togliatti die Linke auf einen demokratischen Weg an die Macht fest. Am 15. April 1944 trat er sogar selbst als Minister ohne Geschäftsbereich in das Kabinett Badoglio ein. Den gleichen Schritt taten der Philosoph Benedetto Croce und der aus dem amerikanischen Exil heimgekehrte Graf Carlo Sforza, der unter Giolitti 1920/21 das Amt des Außenministers innegehabt hatte.
Die Kommunistische Partei Italiens, der PCI, hatte sich im französischen Exil reorganisiert und wurde seit 1942 im italienischen Untergrund aktiv. Auf ihr Konto gingen nicht nur Streiks wie der von Turin im November 1943, sondern auch zahllose Anschläge auf faschistische Funktionäre und Kollaborateure, des öfteren auch gegen Latifundienbesitzer und Unternehmer. Innerhalb der «Resistenza», die sich 1943/44 auch zu einer militärischen Kraft entwickelte, war der PCI die mit Abstand stärkste Kraft. Die gleichfalls in der Guerilla aktiven Sozialisten vereinigten sich im Herbst 1943 in Rom unter Führung von Pietro Nenni, Giuseppe Saragat und Lelio Basso zum Partito Socialista di Unità Proletaria. Auf der bürgerlichen Seite war der Partito d’Azione unter Ferruccio Parri die tatkräftigste Gruppe in der Resistenza. Die Liberalen sammelten sich im Juli 1942 im Partito Liberale Italiano, die vom Faschismus unterdrückten Freimaurer im Partito della Democrazia del Lavoro. Aus den Resten des katholischen Partito Popolare Italiano und der Azione Cattolica entstand im Oktober 1942 die Democrazia Cristiana, die nach 1945 unter Führung Alcide de Gasperis zur führenden Regierungspartei aufsteigen sollte.
Die Resistenza führte einen Kampf gegen zwei Gegner: die deutschen Besatzer und die italienischen Faschisten. Die Gesamtzahl der bewaffneten Widerstandskämpfer wird für den Sommer 1944 auf 80.000 und für das Frühjahr 1945, den Höhepunkt ihrer Aktivitäten, auf über 200.000 Mann geschätzt. Die meisten «partigiani» waren ehemalige Angehörige der Königlichen Armee, die sich im September 1943 der Entwaffnung durch die Deutschen hatten entziehen können. Zwischen 30.000 und 40.000 Partisanen sollen im Befreiungs- und
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