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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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sagte ich, »das ist ein College in Cambridge, stimmt’s?«
    »Waren Sie schon mal in Cambridge, Michael?«
    »Äh, nicht direkt, aber wissen Sie … mich interessiert einfach alles, was mit England zu tun hat. Wegen meiner Eltern … deswegen hab ich mich ein bißchen in die Materie eingelesen.«
    »Aha. Ich gehe aber richtig in der Annahme, daß Sie Doktor Ballinger erzählt hatten, Sie
wohnten
in Cambridge, oder? Im englischen Cambridge wohlgemerkt. Und ihm gegenüber hatten Sie auch das College St. Matthew’s erwähnt.«
    »Ach …« Ich zog eine Grimasse. »Wissen Sie, als ich heute morgen aufgewacht bin, war ich völlig durcheinander. Ich konnte mich an nichts erinnern, an rein gar nichts.«
    »Das Sprechen hatten Sie nicht verlernt.«
    »Nein … natürlich nicht.«
    »
Natürlich
nicht?«
    »Ich dachte, das kommt bei Amnesie nie vor.«
    Er zuckte die Schultern: »Sie müssen’s ja wissen, junger Mann.«
    Wir schwiegen. Es war eine reine Willensfrage, wer länger durchhielt. Taylor verlor. »Dann erzählen Sie mir doch mal, was Sie über Cambridge im allgemeinen wissen«, sagte er. »Was Ihnen frisch von der Leber weg so einfällt.«
    »Also, es ist nach Oxford die zweitälteste UniversitätEnglands. Die Uni besteht aus einzelnen Colleges. Dazu gehören Trinity, King’s, St. John’s, St. Catharine’s, St. Matthew’s, Christ’s, Queens’, Magdalene, Caius, Jesus und noch ’ne ganze Reihe.«
    »Buchstabieren Sie ›Magdalene‹.«
    Ich hätte mich in den Bauch beißen können, aber ich spurte.
    »Gut. Und jetzt ›Caius‹.«
    Was soll’s, dachte ich. Wer A sagt …
    Taylor notierte sich etwas auf einem Notizblock. »Woher wußten Sie, daß diese Namen ›maudlin‹ und ›keys‹ ausgesprochen werden?«
    »Wie gesagt, ich habe viel darüber gelesen.«
    »Ich frage mich, was Sie gelesen haben. Könnten Sie mir einzelne Buchtitel nennen?«
    »Äh, nein, ehrlich gesagt. Alle möglichen Bücher.«
    »Soso. Und wie steht es mit Princeton? Was wissen Sie über Princeton?«
    Ich zerbrach mir den Kopf auf der Suche nach all den Wissensbröckchen, die Steve mir im Lauf des Vormittags zugeworfen hatte, als wir über den Campus gestromert waren. »Nassau Hall«, sagte ich. »Benannt nach dem Prinzen Wilhelm von Nassau-Oranien, obwohl sie um ein Haar nach Belcher benannt worden wäre, aber der war zu bescheiden. Washington hat dort die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet. Nein, Blödsinn, das war in Philadelphia, stimmt’s? Jedenfalls kam Washington her, und Princeton wurde vorübergehend Hauptstadt der Vereinigten Staaten. Wir dürfen nachts die Fahne hissen, oder irgend so was. Es gibt ein Tor, das man erst nach dem Abschluß durchqueren sollte. Der Westen des Campus wird Slum genannt. Ach, wissen Sie, all so ’n Zeugs. Wawa Minimart.
Sophomores
. Was wollen Sie sonst noch wissen …« Ich machte eine unbestimmte Geste.
    »Wo liegt Rockefeller College?«
    »Ähm …«
    »Dickinson Hall? Der Tower?«
    Ich schluckte. »Wie bitte?«
    »Und warum haben Sie gesagt, Nassau Hall sei nach Prinz Wilhelm von Nassau-Oranien benannt worden, hätte aber auch nach Jonathan Belcher benannt werden können?«
    »Stimmt das vielleicht nicht?«
    »Doch, aber Sie sind doch Amerikaner, oder?«
    »Ja«, sagte ich. »Klar. Bloß krieg ich im Moment diesen blöden Akzent nicht aus dem Kopf. Aber er verschwindet langsam, das spüre ich ganz deutlich.«
    »Gut, aber schauen Sie, ein Amerikaner würde niemals sagen, etwas sei ›named
after
‹, verstehen Sie? Er würde entschieden sagen, es sei ›named
for
‹.«
    »Ach ja?«
    »Das gehört zu den unauffälligen Unterschieden.
Sidewalk
und
pavement, flashlight
und
torch, drape
und
curtain
– solche Unterschiede im Wortschatz pfeifen die Spatzen von den Dächern. Aber
named after
und
named for
… es ist wirklich auffällig, daß Ihr Akzentwechsel mit so subtilen idiomatischen Differenzierungen einhergeht. Finden Sie nicht auch?«
    Ich breitete die Arme aus. »Liegt schätzungsweise an meinen Eltern«, sagte ich. »Ich meine, die stammen ja aus England. Wahrscheinlich hab ich’s bei denen aufgeschnappt, wäre das nicht möglich?«
    »Scho-on«, sagte er zögernd. »Nur sind die beiden schon sehr lange in den Staaten, und Sie haben amerikanische High Schools und Prep Schools besucht, oder nicht?«
    Ich war mit meiner Weisheit am Ende.
    »Na gut, unterhalten wir uns über Ihre Eltern, einverstanden?«
    Ich sah zu Boden. »Klar«, sagte ich. »Was wollen Sie denn

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