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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Computer. Ich sah sie verdutzt an, bis mich Steve in die Seite stieß und auf einen großen gläsernen Wassertank in der Ecke deutete.
    »Ach so«, sagte ich und stand auf. »Klar. Natürlich.«
    Neben dem Wasserspender hing eine Röhre mit kegelförmigen Pappbechern.
    »Cool!« sagte ich. »Die hab ich total oft im Kino gesehen. Edward G. Robinson und so. Man läßt den Becher vollaufen, im Tank gluckern die Luftblasen hoch, man muß das Wasser in einem Zug austrinken, den Pappbecher zusammenknüllenund in den Papierkorb feuern. Geht ja auch nicht anders, man kann diese Becher schließlich schlecht auf den Tisch stellen, was?«
    Die Sekretärin starrte mich an, und Steve rutschte unbehaglich auf dem Sofa hin und her.
    »Trink dein Wasser und halt die Klappe, Mikey«, sagte er.
    »Ach, klar. Ja. Möchtest du auch?«
    Er schüttelte den Kopf und starrte wieder die gegenüberliegende Wand an. Ich genoß das eiskalte Wasser, setzte mich zu ihm aufs Sofa, und zusammen betrachteten wir ein gerahmtes Poster von Vermeers »Mandolinenspielerin«.
    Nach schätzungsweise zehn Minuten öffnete sich die Tür zu Taylors Büro, und der Professor tauchte auf.
    Und da wäre ich fast herausgeplatzt.
    Er mußte über eins neunzig groß sein, trug einen dreiteiligen Leinenanzug und eine gestreifte College-Krawatte, und seine Miene imitierte einen höchst erstaunten Alastair Sim. Er hatte sich eine Bruyèrepfeife zwischen die gelben Zähne geklemmt und stellte darüber den dünnen Streifen eines Ronald-Colman-Schnurrbarts zur Schau. Sein Auftritt stank nach einem britischen Club in Kuala Lumpur, wo der Gin in Strömen floß, oder nach dem Außenposten einer afrikanischen Kolonie in einem Ehebruchsroman von Graham Greene.
    »Willkommen, Gentlemen! Wer von Ihnen ist denn Michael Young?«
    Ich unterdrückte ein Grinsen, hob zaghaft die Hand und stand auf. Er sah mich an und nickte forsch.
    »Dann müssen Sie Steven Burns sein, junger Mann.«
    »Stimmt, Sir«, sagte Steve.
    »Ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet. Ob Sie wohl so gut sein mögen, sich hier noch ein Weilchen zu gedulden? Ich halte es für denkbar, daß wir uns nachher noch zu dritt unterhalten wollen.«
    »Kein Problem, Sir.«
    »Virginia, wären Sie eventuell so freundlich, unserem Gast eine Tasse Kaffee oder ein Sodawasser zu besorgen? Und bitte bedienen Sie sich bei den Zeitschriften. Ausgezeichnet. Nun, Mr. Young, wenn Sie dann hereinkommen wollen, können wir ein wenig plaudern.«
    Taylor hielt mir am oberen Rand die Tür auf, also schlüpfte ich unter seinem Arm ins Büro und warf Steve über die Schulter einen bedauernden Blick zu.
    »Was halten Sie davon, es sich dort drüben bequem zu machen, alter Knabe?«
    Die Bürowände waren mit dunklem Holz vertäfelt, und vor dem großen Fenster stand ein Schreibtisch. Taylor zeigte auf ein eingebeultes Chesterfieldsofa mit Lederbezug.
    »Rauchen Sie ruhig. Sie haben hoffentlich nichts dagegen, wenn ich mein Pfeifchen schmauche?«
    Ich schüttelte den Kopf und tastete nach dem Päckchen in meinen Shorts. Als er sich vorbeugte, um meiner zerdrückten Lucky Feuer zu geben, konnte ich einen überraschten Ausruf nicht unterdrücken:
    »St. Matthew’s!«
    »Wie meinen?«
    »Ihre Krawatte. Sie waren in St. Matthew’s.«
    Er nickte gelassen und löschte das Streichholz. »Ich habe in der Tat diese Ehre.« Er zog einen Stuhl vom Schreibtisch ans Sofa und setzte sich. »Hierzulande kennt kaum jemand dieses Krawattenmuster. Erzählen Sie mir, was Sie alles über St. Matthew’s wissen.«
    Während ich mir meine Antwort zurechtlegte, nahm er mit langem Arm einen gelbbraunen Aktendeckel vom Schreibtisch und öffnete ihn.
    Ich saß in der Zwickmühle. Es hatte keinen Sinn, ihm alles zu erzählen, was ich über Cambridge und England wußte. In seinen Unterlagen stand schwarz auf weiß, daß ich in den Vereinigten Staaten geboren und aufgewachsen war. Wenn ich auf einmal sämtliche Details eines europäischen Collegekannte, war das für einen Amerikaner, der noch nichts von der Welt gesehen hatte, sehr auffällig. Da ich jedoch durch und durch ein Angeber war, wollte ich ihm natürlich mit meinen intimen Kenntnissen der britischen Kultur imponieren. Schon weil ihm das unerklärlich sein mußte. Vielleicht konnte ich ihn dazu bringen, an astrale Projektion, außerkörperliche Erfahrungen und anderen esoterischen Schnickschnack zu glauben. Langsam wurde mir klar, daß ich in dieser neuen Welt Spaß haben und Macht ausüben konnte.
    »Na ja«,

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