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Geschichten aus der Müllerstraße

Geschichten aus der Müllerstraße

Titel: Geschichten aus der Müllerstraße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: be.bra Verlag , Hinark Husen , Robert Rescue , Frank Sorge , Volker Surmann , Heiko Werning
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was steht da?«
    »Okay, dann nehme ich ein Wasser ohne Zucker und Koffein.«
    »Hier, Pilsator.«
    »Na, jeht doch. Danke.«
    Ich hole mir ein Getränk aus dem Supermarkt gegenüber, an der Kasse habe ich seit Langem mal wieder die Gelegenheit, die Titelseite der Zeitschrift
Meine Familie und ich
ausführlich anzusehen. »Neue Hits mit Hack« titelt das Fachmagazin für Hausmannsköchinnen. Ich sehe nochmal »Neue Hits mit Hack?« Häh? »Neue Hits mit Hack?«
    Unter dem Titel ein Backblech, frisch aus dem Ofen gezogen. Jetzt fällt der Groschen, als ich erkenne, dass es sich nicht um einen Blechkuchen, sondern um eine viele Zentimeter dicke Fußmatte aus Hackfleisch handelt, belegt mit überbackenen Ananasscheiben. Hacksteak Hawaii, da kommt auch bei mir heftig Urlaubsstimmung auf. Noch mehr sensationelle Hackfleischrezepte erwirbt man mit der Zeitung, die für den Hackbraten Waldeslust und asiatische Hack-Muffins. Aber auch um das seelische Wohl ist man bei der
Meine Familie & ich
besorgt. In der Rubrik »Besser leben« wird der Artikel »Was uns wirklich glücklich macht« angepriesen. Ich sehe nicht nach, aber vermute mal schwer, die Lösung ist Hackfleisch. Darunter eine Webadresse, unter der man eine große Sammlung von Rezepten findet. Die zehn beliebtesten Rezepte lesen sich hier wie folgt:
    1. Crêpes (also Eierkuchen)
    2. Pfannkuchen (vermutlich sind ebenfalls Eierkuchen gemeint)
    3. Chili con Carne (Hackfleisch)
    4. Soljanka – Russische Fleischsuppe
    5. Eierkuchen (vermutlich sind Pfannkuchen bzw. Crêpes gemeint)
    6. Gefüllte Paprika (mit Hackfleisch)
    7. Gulaschsuppe klassisch
    8. Sauerkrauteintopf mit Röstzwiebeln
    9. Jägerrostbraten mit Bratkartoffeln
    10. Fischgulasch mit Tomate und Paprika
    Nicht mal ein Hauch von gesunder Ernährung auf dem Titelblatt – das Programm lautet Partykuchen, Bollywood Buffet und Feierabend-Snacks. Vermutlich auch alles aus Hackfleisch.
    Ob ich beim
Imbiss zur Mittelpromenade
Pommes rotweiß und eine Curryboulette bekomme, wenn ich sage, ich hätte gerne Kartoffeln? Das neue Schild »You kill it, we grill it« ist sehr verwirrend. Meine Interpretation ist, hier wurde ein neuer Zubereitungsservice geboren. Man bringt einfach die am Straßenrand erlegten Ratten und Tauben vorbei und lässt sie sich knusprig braten. Oder ist es doch eine moralische Ermahnung? Alles, was es hier gibt, musste sterben, weil du es haben willst? So dass du für den Tod verantwortlich bist, während der Grillmeister der Promenade nur das Beste aus dem Unvermeidlichen macht, für das du immerhin den Ablass von anderthalb Euro pro Wurst entrichten musst? Schwer vorstellbar.
    Kaum bin ich zu Hause, betteln die Katzen laut um ihr täglich Hackfleisch. Und ich versage es ihnen nicht, ich will ja, dass sie glücklich sind.

Hinark Husen
Das Zwei-Pfennig-Stück und die schwule Amsel
    Ein strahlender Dienstagmorgen Ende Februar. Die Sonne kitzelt mich an der Nase und ich schlage die Bettdecke zurück. Auf geht’s, dem Tag etwas Struktur zu geben. Ein Blick auf die Uhr: Es ist acht Uhr dreißig. Das ist eindeutig schon im Kern ein Strukturfehler. Ich lasse die Rollläden runter und lege mich wieder ins Bett, einen Arbeitslosentag kann ich unmöglich um halb neun beginnen, selbst arbeitend bin ich selten vor zehn aufgestanden. Ich versuche noch ein bisschen zu schlafen, was spontan gelingt. Probleme mit dem Einschlafen hatte ich gottlob noch nie. Wenn mir irgendwelche Leute von Schlafproblemen erzählen, muss ich immer an Quantenphysik denken, weil mir beides gleich fremd ist. Na ja, nicht immer, es gibt doch ziemlich viele Menschen mit Einschlafproblemen, wenn ich da jedes Mal an Quantenphysik denken würde, könnte ich bald anfangen, da mal ein Buch drüber zu lesen. Oder auch nicht.
    Ich schlage die Bettdecke zurück und blicke wieder auf die Uhr: viertel vor neun, na das hat ja gelohnt. Soll ich jetzt in fünfzehn Minutenblöcken bis elf
stückschlafen
, bis der ordentliche Nichtarbeitstag beginnen kann?
    Ich kratze mein bisschen Restflexibilität zusammen und stehe einfach auf. Fühlt sich zwar ein wenig an wie ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, aber ansonsten ganz gut. Erst mal Frühstück einkaufen, um diese Zeit bin ich bestimmt der Einzige im Laden. Aber weit gefehlt, im
Aldi
in der Müllerstraße ist es rappelvoll, Rentner-Rush-Hour.
    Immerhin senke ich den Altersschnitt deutlich, und das macht mir in letzter Zeit wo auch immer gute Laune. Passiert ja auch nicht mehr allzu häufig. Das will

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