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Geschichten aus der Murkelei

Titel: Geschichten aus der Murkelei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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die Ratte ständig im Hause als Freundin zu haben! Lange noch lag der Hausherr wach und
     überlegte und beriet mit der Hausfrau, wie sie die Ratte loswerden könnten. Aber gar nichts wollte ihnen einfallen. Und morgen
     war schon der sechste Tag, und dann kam der siebente, und ging auch der gut für die Ratte aus, so blieb sie für ewige Zeiten
     als Freundin im Haus.
    |140| »Ich halte das nicht aus! Ich will das olle, eklige Tier nicht immer im Hause haben!« weinte die Hausfrau.
    »Paß auf, Frau!« tröstete der Hausherr. »Morgen fangen wir gar nichts mit der Ratte an. Wir kümmern uns einfach nicht um sie.
     Dann hält sie es vor Langerweile nicht aus, macht irgendeinen Unfug, und wir können sie zurückschicken in den Stall.«
    Damit schliefen die beiden ein. Die Ratte in der Küche aber schlief nicht, sondern sie rannte wie eine Wilde um den Küchentisch
     herum – immer herum! Immer herum! Ihre Ohren flogen, ihre Brust keuchte, ihr Herz klopfte wild, und den Schwanz hielt sie
     weit vom Leibe abgestreckt –: Ich will doch sehen, dachte sie beim Laufen, ob ich nicht so schnell rennen kann, daß ich mit
     meiner Nase die eigene Schwanzspitze treffe!
    So trieb sie es die ganze Nacht, rannte immer toller, bis sie am Morgen halbtot vor Müdigkeit in ihr Schlafkistchen kroch.
     Ihre Schwanzspitze hatte sie zwar nicht getroffen – und so dumm war sie auch nicht, daß sie geglaubt hätte, das ginge –, aber
     herrlich müde war sie geworden, und so verschlief sie den ganzen sechsten Tag, ohne auch nur einmal aufzustehen. Das hatte
     sie ja auch grade gewollt, und darum hatte sie sich so müde gelaufen, denn auch sie hatte daran gedacht, daß ihre Probezeit
     zu Ende ging. Sie wollte nicht wieder als Feindin in den Stall geschickt werden, sondern lieber als Freundin, wenn auch als
     falsche, im Haus bleiben, und gab sich darum alle Mühe, erst einmal keinen Unfug zu stiften. Lieber verschlief sie den ganzen
     sechsten Tag.
    Nun kam also der siebente und letzte Probetag heran, und grade an diesem Tage hatte keiner Zeit, sich um die Ratte zu kümmern.
     Denn an diesem Tage war großes Schweineschlachten auf dem Hof, und da hatten alle so viel mit Laufen und Brühen, mit Abstechen
     und Blutrühren, mit Schrapen und Putzen zu tun, daß kein Mensch an die Ratte auch nur dachte. Sie hätte überall naschen können,
     sie hätte |141| in den Betten schlafen und in die Teppiche Löcher fressen können – kein Mensch hätte sich nach ihr umgesehen.
    Aber die Ratte tat nichts von alledem, sondern sie war neugierig und lief überall mit. Und als die drei fetten Schweine aus
     dem Stall geführt und abgestochen wurden, war sie genauso aufgeregt wie die Menschen. Überall mußte sie dabeisein, und alles
     mußte sie sehen und riechen und schmecken, und dies war nun wirklich ein Tag für sie, an dem sie überhaupt nicht an Schadenstiften
     und Bosheit dachte.
    Als aber die Schweine zugehauen wurden, machte sich eines von den Mädchen den alten Spaß, stahl sich den Schweineschwanz und
     steckte ihn dem Hausherrn mit einer Nadel unbemerkt hinten an die Jacke. Bald merkten’s die Kinder, und als sie den Vater
     über den Hof laufen sahen und hinten baumelte ihm vergnügt das nackte, kahle Schweineschwänzchen – da lachten sie, und alle
     fingen sie an zu singen: »Vater hat ’nen Schweineschwanz – pfui, Schweineschwanz! Schweineschwanz!«
    Das kleinste Kind aber, das noch dumm war, fing an zu weinen und rief: »Vater soll den ollen, häßlichen Schwanz abmachen!
     Vater sieht aus wie die Ratte! Oller, häßlicher, nackter Rattenschwanz!«
    Und die Kinder sangen nun lachend: »Vater hat ’nen Rattenschwanz – pfui, Rattenschwanz! Ollen, häßlichen Rattenschwanz!«
    Das hörte die Ratte, und weil die Ratten ja sehr eitel sind und ihren Schwanz sehr schön finden (und je länger er ist und
     je nackter er ist, um so schöner finden sie ihn), so lief sie zornig herbei und schrie wütend: »Wollt ihr wohl gleich still
     sein, ihr alten bösen Kinder! Wir Ratten haben die allerschönsten Schwänze von der Welt!«
    Unbekümmert aber sangen die Kinder weiter: »Ratten schwanz ! Pfui, Rattenschwanz! Pfui, oller, nackter Rattenschwanz!«
    |142| Da wußte sich die Ratte nicht vor Zorn zu lassen, sondern sie fuhr los auf die Kinder und fauchte und biß nach ihnen. Die
     kleineren von den Kindern fingen an zu weinen, die größeren aber sangen nun erst recht: »Rattenschwanz! Pfui, Rattenschwanz!«
    Von dem Lärm kam der Hausherr

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