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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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geht, wenn nur eine Antwort darauf möglich wäre.
    Eva lebte im Paradies. Wie sollte es ihr dort schlechtgehen. Also war auf die Frage Samaels nur eine Antwort möglich. Also war die Frage als solche unsinnig.
    Deshalb sagte Eva: »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Samael hatte das Gespräch absichtlich so begonnen. Übrigens: Wunderte sich Eva nicht, daß ein Tier sprechen konnte? Offensichtlich wunderte sie sich nicht. Die Schamanen aller Welt können mit den Tieren sprechen, heißt es. Warum? Weil sie einen Spinnwebfaden in der Hand halten, der bis ins Paradies zurückreicht.
    »Du stehst da und schaust den Baum an«, setzte Samael das Gespräch fort. »Was gibt es so Interessantes an dem Baum zu sehen?«
    »Ich weiß es eben nicht«, sagte Eva. »Er sieht aus wie alle anderen Bäume auch, und trotzdem dürfen wir seine Früchte nicht essen.«
    »Vielleicht sind die Früchte giftig?«
    Und wieder fragte Eva: »Wie meinst du das?« Denn woher sollte sie wissen, was giftig bedeutet? Kann im Paradies etwas giftig sein?
    »Giftig heißt«, sagte Samael, »daß du stirbst, wenn du davon ißt.«
    »Ja, so ist es«, sagte Eva. »Aber ich weiß nicht, was sterben heißt. Und was der Tod ist, weiß ich auch nicht. Und Adam weiß es auch nicht.«
    »Wenn du nicht weißt, was der Tod ist, woher weißt du dann, daß es ihn überhaupt gibt?«
    »Weil es Gott gesagt hat«, antwortete Eva der Schlange.
    »Dann weiß Gott, was der Tod ist?«
    »Er weiß es.«
    »Aber wenn er es weiß, warum sagt er euch nicht, was der Tod ist?«
    »Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt«, sagte Eva.
    »Und welche Antwort hast du dir gegeben?« fragte Samael aus dem Mund der Schlange.
    »Daß es nicht gut ist, wenn uns Gott sagt, was der Tod ist.«
    »Ich glaube, du hast recht«, sagte Samael. »Du bist sehr klug, Eva.«
    »Aber warum ist es nicht gut, wenn uns Gott sagt, was der Tod ist?« sprach Eva weiter.
    Und Samael sagte: »Müßte man die Frage nicht anders stellen? Müßte man nicht fragen: Für wen ist es nicht gut?«
    »Für Adam und mich ist es nicht gut«, sagte Eva.
    »Nein«, sagte Samael. »Für Gott ist es nicht gut, euch zu sagen, was der Tod ist. Denn wenn ihr wüßtet, was der Tod ist, dann würdet ihr sein wie er. Und wenn ihr von diesem Baum eßt, dann wißt ihr, was der Tod ist. Denn dieser Baum heißt der Baum der Erkenntnis.«
    Und dann hat Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen.
    Und sie hat zu Adam gesagt: »Ich habe vom Baum der Erkenntnis gegessen. Ich weiß nun, was der Tod ist. Ich weiß, daß ich sterben werde. Und wenn ich sterbe, dann bist du wieder allein.«
    Da hat auch Adam vom Baum gegessen.
    Und sie hörten die Schritte Gottes, und sie versteckten sich im Gebüsch.
    »Wo bist du, Adam?« rief Gott.
    Adam trat hervor, und über seine Scham hatte er ein Feigenblatt gelegt.
    Gott fragte: »Was tust du da? Was ist mit dir? Was hältst du da vor dich hin?«
    »Ich hörte dich kommen«, sagte Adam, »und da habe ich gesehen, daß ich nackt bin. Und ich wollte nicht nackt vor dich hintreten.«
    Gott sagte: »Woher weißt du, was nackt bedeutet? Du hast vom Baum der Erkenntnis gegessen!«
    Adam sagte: »Ja, das habe ich. Die Frau, die du mir gemacht hast, hat mich verführt.«
    Und nun trat auch Eva aus dem Gebüsch, und Gott fragte Eva: »Warum hast du vom Baum der Erkenntnis gegessen?«
    Eva sagte: »Sie, die Schlange, hat mich verführt.«
    Da wandte sich Gott an die Schlange, in der Samael steckte.
    Gott verfluchte sie: »Weil du es getan hast, sollst du von nun an im Staub kriechen!«
    Was?! Wie sah denn die Schlange aus, bevor sie verflucht wurde? Hatte sie etwa Beine? Ja, sie hatte Beine! Man weiß, wie sie ausgesehen hat. Ich bin nicht der erste, dem diese Frage in den Sinn kommt. Schon vor vielen Hunderten, Tausenden Jahren ist diese Frage gestellt worden. Die Mythen geben genaue Auskunft: Die Schlange hatte ausgesehen wie ein Kamel. Genau so. Sie hatte lange Beine, sie hatte ein Fell, sie hatte eine fleischige, ungespaltene Zunge.
    Gott hackte der Schlange die Beine ab. Dann zog er ihr das Fell ab. Dann griff er ihr ins Maul und riß ihr die Zunge auseinander, so daß sie von nun an gespalten war. Nämlich, weil sie gespaltenes Zeug mit Eva geredet und die Frau dadurch in einen Zwiespalt gebracht hatte.
    Aus dem Fell der Schlange machte Gott Kleider für Adam und Eva. Denn im Paradies durften die beiden nicht mehr bleiben, und draußen vor dem Paradies waren die Nächte kalt.
    Gott gab Michael den

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