Geschichten von der Bibel
Gott«, sagte Moses. »Und ihr solltet auch auf ihn vertrauen. Hat er uns nicht durch das Rote Meer geführt …«
»… direkt in die Wüste«, entgegneten höhnisch die Männer. »Ist Verdursten besser als Ertrinken?«
»Ihr seid unzufrieden«, sagte Moses.
»Wahrhaftig!« sagten die Männer. »Wir haben ja auch allen Grund, unzufrieden zu sein.«
»Ein unzufriedener Mann ohne Gott ist eine Last«, sagte Moses. »Ein unzufriedener Mann aus dem Volk Gottes aber ist ein Narr.«
»Und ein Mann ohne Wasser ist bald ein toter Mann«, wurde geantwortet.
Moses kannte seine Leute, er wußte, wenn nicht bald ein Zeichen gesetzt würde, würde früher oder später eine Meuterei unausweichlich sein.
»Gut«, sagte er. »Holt Eimer und Wasserschläuche und alles, was dicht ist, und wartet vor meinem Zelt auf mich!«
Moses war voller Zuversicht. Er begab sich in sein Zelt, kniete sich nieder und betete.
»Gott im Himmel«, betete er, »der du uns auf Wegen führst, die wir nicht kennen, laß uns diese Wege im Besitz unserer Kräfte gehen. Du weißt«, sprach er weiter, in einem Ton übrigens, als säße er jemandem gegenüber, so vertraut war er inzwischen mit seinem Herrn, »du weißt, sie sind engherzig und engstirnig, voll Ungeduld und voll Vergessen. Wie die Kinder sind sie. Noch schlimmer als die Kinder, denn die Kinder sind unschuldig, und diese hier sind es nicht mehr. Aber sie sind dein Volk. Ich verlasse mich auf dich, auf dich, meinen Herrn.«
Dann trat er vor sein Zelt, wo inzwischen Hunderte Männer und Frauen warteten, denn das Dutzend hatte Stimmung gemacht. Es werde der Mann geprüft, dem man alles zu verdanken habe, hatten sie zweideutig verkündet. Und es war gar nicht so sicher, was die Hetzer unter ihnen mehr wollten – Wasser oder kein Wasser. Alle hatten Eimer in den Händen, Wasserschläuche, Schüsseln, Tassen.
»Wir haben Durst!« riefen die Menschen vor dem Zelt des Moses. Und sie hatten wirklich Durst.
Moses ging voran, schritt aus wie ein junger Mann, schwang seinen Stab. Bei einem Felsen, der aus der weiten, trostlosen Ebene ragte, blieb er stehen.
»Das ist Gottes Geschenk an euch«, sagte er. »Aber ihr sollt auch wissen, ihr seid dieses Geschenkes nicht würdig!«
Er schlug mit seinem Stab gegen den Fels, da sprudelte Wasser hervor, frisches, kühles Wasser, so viel, daß alle Gefäße nicht ausreichten, es aufzufangen, so viel, daß sich ein See bildete, in dem Mensch und Vieh ein Bad nehmen konnten.
»So ist Jahwe«, sagte Aaron. »Er ist der Überfluß.«
Jetzt waren sie begeistert, die Engherzigen, die Engstirnigen, die Sturen, die Besserwisser, sogar die Hetzer.
Und sie riefen: »Groß ist unser Gott Jahwe, der solche Zauberkunststücke vollführt. Groß ist unser Gott!«
Das machte den Moses traurig.
»Nun haben sie ein Beispiel für die Macht und die Liebe Jahwes«, sagte Aaron. »Nun werden sie zufrieden sein.«
»Sie werden nicht zufrieden sein«, sagte Moses.
Moses hatte recht.
Schon bald kam das Dutzend wieder und sagte: »Du hast uns weggeführt von den Fleischtöpfen Ägyptens. Wir haben Hunger. Was nützt Wasser dem Menschen, wenn er Hunger hat? Welchen Nährwert hat Wasser? Milch, ja, Milch hätte einen Nährwert. Honig, ja, Honig hätte ebenfalls einen Nährwert. Wohin wollte uns dein Gott führen?«
Wieder hielt Moses Zwiesprache mit Gott, und er sagte zu ihm: »Sei nachsichtig mit diesem Volk, mit seiner Ungeduld, mit seiner Engherzigkeit und seiner Engstirnigkeit.«
Und zu dem Dutzend, das vor seinem Zelt wartete, sagte er: »Macht die Brotkörbe fertig, ihr Undankbaren. Morgen könnt ihr sie füllen.«
Und am nächsten Morgen, als die Menschen erwachten, da lagen auf dem Boden weiße Flocken, aber es war nicht Schnee, die Flocken waren klebrig und schmeckten süß und ein wenig salzig auch, angenehm auf jeden Fall, und diese Flocken stillten den Hunger. Die Mutigsten hatten sie probiert – vielleicht auch die Hungrigsten.
»Was ist das?« fragten sie mit vollem Mund.
»Wir wollen den Flocken den Namen Manna geben«, schlug Aaron vor. »Es ist Brot vom Himmel. Mein Bruder hat mit unserem Gott verhandelt, und unser Gott hat versprochen, er werde Brot vom Himmel schicken, solange unser Weg durch die Wüste führt. Ihr seht, er hat sein Versprechen gehalten.«
Oh, wie begeistert waren sie!
»Unser Gott!« riefen sie. »Was für einen wunderbaren Gott haben wir! Niemand hat so einen Gott wie wir! Warum sollten wir uns einem anderen Gott zu Füßen
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