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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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wollte der erste sein.
    In der Geschichte eines mittelalterlichen Rabbi wird folgendes erzählt: Gott hat gesehen, daß die Streitereien zwischen den Stämmen nicht so schnell zu schlichten waren. Und weil die Zeit drängte – schließlich bewegte sich das Heer der Ägypter auf die Israeliten zu –, hat Gott sein Wunder etwas differenziert. Er hat nicht nur eine Straße durch das Meer gemacht, sondern zwölf. Diese zwölf Straßen verliefen parallel zueinander und waren voneinander getrennt durch dünne Wasserwände, in die aber Fenster eingelassen waren für den Fall, daß sich die Mitglieder der einzelne Stämme versöhnen und die Hand reichen wollten.
    Ich weiß nicht, wie der Rabbi das herausgekriegt hat, durch das Studium alter Schriften oder durch Meditation – wie auch immer, das Volk Israel erreichte trockenen Fußes, wie es heißt, das andere Ufer des Roten Meeres.
    Und der Pharao? Er war so voller Haß, so voller Vernichtungswut, daß er jede Vorsicht fahren ließ und den Befehl gab, das Rote Meer auf dieselbe Weise zu durchqueren, wie es vor ihm das Volk Israel getan hatte.
    Und als seine Armee an der tiefsten Stelle des Meeres angelangt war, dort, wo der Weg wieder nach oben zum anderen Ufer führte, da gab Gott dem Moses den Befehl, er soll dem Aaron den Stab geben, damit der ihn noch einmal über das Wasser halte, und das hat Aaron getan, und da fielen die Wasserwände zusammen und begruben die Armee des Pharaos unter sich.
    Aus einer anderen Geschichte erfahren wir, daß zwar das gesamte Heer des Pharaos im Roten Meer ertrunken sei, Adikos selbst aber überlebt habe. Im letzten Augenblick habe er nämlich diesem Wunder doch noch mißtraut und sei vor dem Meer stehengeblieben. Da aber habe sich die Erde aufgetan, und Samael, einer der ersten und obersten Teufel persönlich, habe aus der Hölle nach oben gegriffen und habe Adikos hinuntergerissen. Der Pharao sei nicht gestorben, er stehe bis zum heutigen Tag neben dem Eingang zur Hölle, Gott lasse ihn nicht in die Hölle, Gott lasse ihn nicht auf die Erde, in den Himmel lasse ihn Gott schon gar nicht. So steht Adikos auf einem Fleck, auf den niemand, wirklich niemand Anspruch erhebt. Und das sei die schlimmste Strafe, die denkbar sei.
    Gott hatte sein Volk errettet. Israel feierte. Ein Fest für seinen Gott Jahwe.
    Bei diesem Fest trug Moses ein Lied zu Ehren Jahwes vor. Im Morgengrauen, als sich alle schlafen gelegt hatten, erschien Gott im Zelt des Moses.
    »Du brauchst dich nicht umzudrehen«, sagte er. »Aber knie nieder, und halte deine Augen fest geschlossen!«
    Moses meinte, in Gottes Stimme so etwas wie Rührung zu hören.
    »Dafür, daß du mir dieses Lied gesungen hast«, sagte Gott, »will ich dir einen Wunsch erfüllen.«
    »Dann laß mich deine Herrlichkeit sehen!« sagte Moses.
    Gott gab zur Antwort: »Ich gewähre Gnade, wem ich will, und ich schenke Erbarmen, wem ich will. Du kannst mein Angesicht nicht sehen. Denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben. Aber ich will dich berühren.«
    Moses kniete auf dem harten Wüstenboden, er schloß die Augen, drückte sie ganz fest zu und spürte die Hand Gottes auf seinem Scheitel.
    Das Lied, das Moses gesungen hat, ist überliefert, es ist ein Lied für einen kriegerischen Gott:
     
    Ich singe dem Herrn ein Lied,
    denn er ist hoch und erhaben.
    Rosse und Wagen warf er ins Meer.
    Meine Stärke und mein Lied ist der Herr,
    er ist für mich zum Retter geworden.
    Er ist mein Gott, ihn will ich preisen;
    den Gott meines Vaters will ich rühmen.
    Der Herr ist ein Krieger,
    Jahwe ist sein Name.
    Pharaos Wagen und seine Streitmacht
    warf er ins Meer.
    Seine besten Kämpfer versanken im Schilfmeer.
    Fluten deckten sie zu,
    sie sanken in die Tiefe wie Steine.
    Deine Rechte, Herr, ist herrlich an Stärke;
    deine Rechte, Herr, zerschmettert den Feind.

DURCH DIE WÜSTE
    Von der Attraktivität der urbanen Zivilisation – Vom Werben Jahwes um sein Volk Israel – Von den Entbehrungen der Wüste – Vom Wasser aus dem Fels – Vom Brot vom Himmel – Vom Fleisch vom Himmel – Von den langen, nächtlichen Gesprächen zwischen Gott und seinem Diener Moses – Von der Erziehung Gottes durch Moses – Vom Land der Amalekiter – Vom Krieg – Von Moses’ erhobenen Armen
     
    Das Volk Israel war während der langen Zeit in Ägypten nicht von Jahwe abgefallen, aber sein Gott war in den Hintergrund gedrängt worden. Unter der Tyrannei Maluls war die Religion noch Trost und Selbstvergewisserung

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