Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains
einmal hin und achte genau auf die Richtung und die Anordnung der Striche. Es ist wichtig, die Schriftzeichen genauso zu schreiben, wie ich es tue. Von links nach rechts, von oben nach unten, und schließ sie so ab … Jetzt du. Nimm den Pinsel, nimm Tinte, mach es mir nach … Nein, erst diese beiden, dann den senkrechten Strich und den Schlussstrich, um das Zeichen abzuschließen … Ja. Noch einmal.«
Und noch einmal und noch einmal; dann wurde er mit einem frischen Blatt Papier allein gelassen, um weiter zu üben, bis seine Striche gerade und leserlich waren. Das war kein echtes Schreibenlernen, das sah er ein. Es war, als bringe man einem Hund ein Kunststück bei: Schaut, ich habe meinem Jungen beigebracht, seinen Namen zu schreiben. Aber dennoch verbanden sich ein gewisser Stolz und etwas Aufregung damit, Zeichen zu malen, die für ihn selbst standen.
Meister Guangli kam in die Werkstatt zurück, und Yu Shans gesamte Haut war plötzlich aufmerksam. Seine Augen konnten die Jade nicht finden, aber …
»Ja«, sagte Guangli, beinahe bekümmert. »Du weißt, dass sie da ist, nicht wahr, Junge?«
Er griff in seinen Ärmel und zog eine flache Jadescheibe hervor, über die quer ein Riss lief.
»Das hier ist nur zum Üben gut. Du weißt, wie man den Stein abbaut und wie man ihn missbraucht; heute erhältst du deine erste Lehrstunde darin, ihn zu schnitzen. Du hast gelernt, deinen Namen mit Tinte zu schreiben; jetzt kannst du lernen, ihn in Jade zu schneiden. Das würde dir doch gefallen, nicht wahr? Zu sehen, was der Stein sagt, und zu wissen, dass es deinen Namen bedeutet?«
Er neckte ihn offensichtlich und war doch zugleich ernst. Yu Shan nickte feierlich; ja, natürlich würde ihm das gefallen. Es würde sich in seinem Kopf festsetzen wie ein heller Stern am klaren Himmel.
Guangli legte die Scheibe vor ihn hin. Yu Shan berührte sie nicht – nicht ganz. Das musste er nicht erst. Er hätte mit geschlossenen Augen ihre Ausmaße exakt nachzeichnen können: ihre Größe, ihr Gewicht, ihre Beschädigung. Ihre Nähe sickerte durch die Finger, die sie kaum berührten, in ihn ein, durch den Schweiß auf seiner Haut, die Tränen in seinen Augen und die Luft, von der er sich nicht ganz sicher war, ob er sie einatmete.
»Jetzt fühlst du dich besser, nicht wahr, Junge?«
Ein Nicken. Worte waren unnötig.
»In Ordnung. Nimm den Pinsel und schreib deinen Namen auf die Scheibe.« Dann, als er zögerte: »Yu Shan, es lässt sich abwaschen. Der Stein verzeiht dem Handwerker. Aber du musst anfangen. Nichts und niemand verzeiht dem Faulen – oder dem Feigling.«
Faul war er nicht; ein Feigling – nun, vielleicht. Mit Sicherheit
hatte er hiervor Angst. Zeichen auf die Jade zu malen und es nicht gut zu machen. Das erschien ihm unverzeihlich. Ketzerisch. Unerträglich.
Er hob den Pinsel und tauchte ihn in die Tinte. Zog den ersten Strich auf dem Stein und sah zu, wie die Tinte vom Pinsel wegströmte und sich über das Plättchen verteilte. Entsetzt hob er den Blick zum Jademeister.
»Ich hab’s dir doch gesagt«, sagte Guangli sanft. »Wasch es ab und fang neu an. Und denk daran, dass Stein Tinte nicht so aufsaugt wie Papier. Nimm weniger auf den Pinsel.«
Das tat er alles und versuchte es noch einmal. Und noch einmal.
»Sei nicht so zögerlich, Yu Shan. Kunst ist mutig – immer. Sie kann zwar zurückhaltend sein, aber nie schüchtern. Und versuch, nicht so klein zu schreiben. Du hast all den Platz auf der Scheibe, zwei Hand flächen breit: zwei Handflächen, zwei Schriftzeichen. Nutze ihn ganz aus.«
Je länger er zum Lernen brauchte, desto länger konnte er bei der Jade bleiben; aber das wäre Diebstahl gewesen, Betrug. Er würde sich nicht mit Absicht ungeschickt anstellen. Außerdem musste er das nicht erst tun.
Wieder und wieder, bis er zufrieden war, und der Meister auch.
Guangli nahm ihm die Pinsel weg und gab ihm ein schmales Werkzeug mit Bambusgriff und glänzender Stahlspitze.
»Das ist ein Ritzwerkzeug. Jade ist ein harter Stein, aber das hier ist härter. Kratz die Tinte weg, dann
wirst du deinen Namen in den Stein darunter gekratzt finden.«
Yu Shan packte die Jadescheibe mit der linken Hand und führte das Ritzwerkzeug mit der rechten daran heran.
»Yu Shan, wenn du nur so leicht daran schabst, kitzelst du allenfalls die Tinte weg, hinterlässt aber keine Ritzung im Stein. Lass die Klinge beißen! Du hast dein Leben damit verbracht, Jade aus dem umgebenden Felsen zu hauen; du kannst mir nicht
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