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Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains

Titel: Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Fox
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Peitsche!«, rief er. »Wer hat eine Peitsche?« Er wollte diese enttäuschenden Jungen anstacheln, klang aber nicht drängend genug, und in der Tat rührte sich niemand.
    Han hörte es, aber nur aus der Ferne. Für diese kurze Zeit stand er Fleisch an Fleisch, Blut an Blut mit Yerli und spürte, wie seine Welt in Stücke ging und zusammenbrach.
    Sieh, was ich sehe.
    Was er dann sah, war er selbst. Aber nicht hier, oder nicht nur hier, blutverschmiert und mit aufgerissenen Augen im Nebeldunst. Hier und irgendwo anders, auf einer Reise, die er nicht unternommen hatte.

    Noch nicht.
    Er sah, wie er weinend einen schreienden Riesen beobachtete.
    Er sah sich in Ketten, wie er geschlagen wurde – das war nicht überraschend.
    Er sah, wie sich ein Drache in seinen Augen widerspiegelte.
    Er sah sich bei dem Versuch, ein einzelnes, einfaches Schriftzeichen zu formen, sah seine Schwierigkeiten dabei, wie ein Kind oder ein Mann, der nicht lesen konnte.
    Er sah sich selbst wie im Spiegel dasselbe tun.
    Er sah sich im Schatten eines Drachen, wo er Schutz suchte.
    Nein, wie er Schutz vor dem Drachen suchte. Es versuchte.
    Nein …
     
    »Nein.«
    Das war Yerli, der zurücktrat, die Hände von ihm nahm, sein Blut und seinen Pulsschlag und die Vision mitnahm und Han all dessen beraubte.
    Han starrte ihn an, sah nichts als den Jungen, verstört, verloren. Yerli sagte: »Nicht so, nicht, wenn ich dich ansehe. Sieh, was ich sehe …«
    Und dann benutzte er das Messer noch einmal, aber nur, um das Seil zu durchschneiden, das sie aneinanderfesselte, von Taille zu Taille. Er lächelte sogar ein wenig, als er das Messer vor Hans nackte Füße warf.
    Han bückte sich, um es aufzuheben. Zu dem Zeitpunkt,
als er sich aufrichtete, stand ein halbes Dutzend Männer mit ihm auf dem Welldeck. Keiner von ihnen konnte etwas ausrichten, denn Yerli war schon jenseits der Reling.
    Er hielt sich mit einer Hand fest und sah ängstlich drein, als hätte ein kurzer Blick in den Nebel seinen Mut, die Unausweichlichkeit und alles Übrige durchschnitten; aber er sah zu Han zurück und sagte es noch einmal – oder schrie es vielmehr: »Sieh, was ich sehe!« Dann ließ er los.
    Er hatte nicht den Mut zu springen, aber er zwang seine Finger einen nach dem anderen loszulassen. Und so fiel er, bevor die Männer ihn erreichen konnten.
    Dennoch eilten alle an die Reling, aber es würde nichts zu sehen sein. Noch nicht einmal etwas zu hören, bis auf den gedämpften Aufprall im Nebel, denn Yerli fiel stumm. Frustriert wandten die Männer sich ab und hätten sich bestimmt auf Han gestürzt, wenn er zurückgezuckt wäre, gewimmert oder gefleht hätte, auf die Knie gefallen wäre.
    Stattdessen stand er da, sah sie an und zuckte vielleicht ein wenig die Schultern; dann sah er an ihnen vorbei, in die wabernden Nebelbänke hinein, die das Wasser verhüllten, in das Yerli sich gestürzt hatte. Und dann schloss er die Augen.
    Vielleicht hielt das die Männer zurück – dieser Nachhall von Magie. Vielleicht war es das Echo von Yerlis Schrei, vielleicht hörten auch sie, wie er es tat, immer wieder: Sieh, was ich sehe …
    Vielleicht schauten sie ihn an und sahen, wie er das
tat – wie er durch die Augen eines todgeweihten Jungen, eines fallenden Körpers im Nebel, sah.
    Vielleicht dachten sie, die Magie sei ansteckend.
    Vielleicht hatten sie recht damit.
     
    Sieh, was ich sehe.
    Han schloss die Augen und sah den Nebel.
    Er sah ihn von unten, wie Wolken, die der Mond, den sie verbargen, zum Schillern brachte; er sah die Shalla wie einen dunklen Umriss in den Wolken, wie den Schatten eines Riesenkörpers am Himmel, wie einen Drachen, frei und flugbereit.
    Er sah, wie die Wolken und der Drache sich hoben, sich zurückzogen, als er in seine eigene Dunkelheit stürzte, als die bittere Kälte des Wassers seine Knochen ergriff, der Sog des Meeres …
    Nein.
    Sieh, was ich sehe. Nicht mehr als das. Yerli hatte ihm dieses Geschenk gemacht, Blut an Blut, aber nicht mehr als das. Er hatte kein Recht, an seinem Tod teilzuhaben.
    Der Mond wirkte flächig hinter dem Nebel, eine Lampe hinter Papier, aber höher oben, weiter entfernt, jetzt verblassend. Das Wasser war ein verschlingendes Dunkel.
    Han versuchte die Augen zu öffnen und bemerkte, dass sie schon offen waren. Er stand an Deck der Shalla, und Männer umringten ihn. Er sah immer noch nichts bis auf das tiefe Meeresdunkel, in das kein Licht drang – nur einen fallenden Jungen.
    Er fiel auf etwas zu, einen Schimmer, eine

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