Gesetze der Lust
Grund dazu.“
Kingsley atmete hörbar aus.
„Ob du glauben willst oder nicht … das kannst nur du entscheiden“,sagte er, als der Rolls vor einem eleganten in schwarz und weiß gehaltenen Stadthaus anhielt. „Aber ich kann dir auf deiner Suche helfen, kann dir zumindest die richtige Richtung zeigen. Komm.“
Die Tür wurde geöffnet, und Kingsley stieg aus. Suzanne strich sich Bluse und Rock glatt und folgte ihm durch die Tür und die Treppe hinauf.
Als sie im zweiten Stock ankamen, erschien die schönste Frau, die Suzanne jemals gesehen hatte, mit einer Tasse Tee in der Hand. Sie war beinahe so groß wie Kingsley, hatte ebenholzfarbene Haut, rabenschwarze Augen und ein spielerisches Lächeln. Sie wirkte elegant und ernsthaft.
„Ah … meine Jules. Ich habe dich vermisst.“ Kingsley begrüßte die Frau mit einem Kuss auf jede Wange. „Das ist Suzanne Kanter, eine befreundete Reporterin.“
„ Bonjour, mademoiselle . Tee?“, fragte die Frau, von der Suzanne annahm, es musste sich um Juliette handeln, Kingsleys Privatsekretärin. Wie Kingsley hatte auch sie einen melodischen Akzent, doch er klang anders. Eher karibisch. Sie muss von Haiti sein, dachte Suzanne, die meinte, den Akzent wiederzuerkennen. Eine schwarze Haitianerin, die für einen reichen weißen Franzosen arbeitete … Kingsley war wirklich der arroganteste Mann auf Erden.
„Leider kann sie nicht bleiben“, sagte Kingsley und nahm einen Schluck von seinem Tee. „Sie ist nur wegen einer Akte hier.“
„Welche, Monsieur?“, fragte Juliette. „Ich hole sie schnell.“
„Die Mistress … ihre Krankenakte.“
Juliette riss erstaunt die Augen auf, setzte jedoch schnell wieder die Maske der perfekten unterwürfigen Sekretärin auf.
„ Oui , Monsieur.“
Während Juliette in einem anderen Zimmer verschwand, schaute Suzanne sich um. Kingsleys Hauptquartier wirkte, als entstamme es einer anderen Zeit. Sie sah große schwarze Telefone mit Wählscheiben auf Art-déco-Tischen stehen. Aktenschränkeaus edlem Holz. Tiffanylampen … und nirgendwo ein Computer in Sicht.
„Ein wahrer Technikfeind“, sagte sie.
„Ich bin einfach nur altmodisch“, gab Kingsley mit einem verschmitzten Grinsen zu.
Juliette kehrte mit einem dicken schwarzen Aktenordner zurück, der von einem burgunderfarbenen Band zusammengehalten wurde. Kingsley hielt ihn Suzanne hin, zog ihn aber zurück, bevor sie sich ihn greifen konnte.
„Für Sie und für Sie allein, mademoiselle , habe ich einen lieben Freund gebeten, mir das hier zu schicken. Sie dürfen diese Akte für einen Tag behalten. Sie muss bis morgen um die gleiche Zeit zu mir zurückgebracht werden. Nichts in dieser Akte darf kopiert oder auf sonstige Weise aufgezeichnet werden. Niemand außer Ihnen darf hineinschauen. Ich werde es herauskriegen, wenn Sie gegen diese Regeln verstoßen. Ein Verstoß wird ernsthafte Konsequenzen haben. Haben wir uns verstanden?“
Kingsley sprach im Plauderton, doch alleine schon, dass sie zum förmlichen Sie zurückgekehrt waren, verstärkte die unterschwellige Drohung in seinen Worten.
„Ja, Sir“, gab sie zurück. „ Je comprends .“
Kingsley sah sie kurz unter erhobenen Augenbrauen an, bevor er ihr den Ordner gab.
„Jetzt werde ich Sie von meiner Chauffeurin nach Hause bringen lassen.“
Suzanne ging die Treppe hinunter, und Kingsley folgte ihr. Vor zwanzig Minuten hatte er noch tief in ihr gesteckt. Jetzt sprach er kaum mit ihr, obwohl sie sah, dass er sie aus dem Augenwinkel beobachtete. Im Erdgeschoss blieb er stehen und bedeutete ihr, von hier aus ohne ihn weiterzugehen.
„Gute Nacht“, sagte sie und drückte die Akte gegen ihre Brust. „Ich werde sie morgen zurückbringen, versprochen.“
„ Bon .“ Er nickte.
Offensichtlich würde es keinen Gutenachtkuss geben. Suzanne erwiderte das Nicken und ging nach draußen, woKingsleys Chauffeurin schon schweigend wartete und ihr die Tür aufhielt.
„ Mademoiselle? “, rief Kingsley, und Suzanne drehte sich zu ihm um. „Noch ein kleiner Rat für Ihre Suche.“
„Ja, bitte? Welcher?“
„Besuchen Sie die Schwester. Sprechen Sie mit ihr.“
Suzanne blinzelte.
„Schwester? Im Sinne von Nonne? Welche Nonne?“
Kingsley lachte – ein amüsiertes, irritierendes Lachen. „Nein, Suzanne. Seine Schwester.“
„Stimmt ja“, jetzt fiel es ihr wieder ein. „Er hat drei Schwestern, oder? Welche davon?“
„Diejenige, die Sie nicht sehen wollen.“
„Ich will gar keine …“
„Und noch eine letzte
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