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Gesetze der Lust

Gesetze der Lust

Titel: Gesetze der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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Haut. Genau so . Selbst im Sommer. Nachts, bevor ich einschlief, habe ich mein Gesicht zwischen seine Schulterblätter gedrückt und ein- und ausgeatmet, bis ich beinahe ohnmächtig wurde. Und er hat nur gelacht. Das ist erstaunlich, oder? Dass jemandes natürlicher Geruch so sein kann wie das hier?“
    „Wenn man es in Flaschen abfüllen und verkaufen könnte, würde er ein Vermögen machen.“ Wesley schaute sich in Noras kleinem Garten um. Er fragte sich, was sie wohl sagen würde, wenn sie seinen Garten in Kentucky sähe – die ganzen vierhundert Hektar.
    „Gott, wie ich es vermisse. Ich liebe den Winter. Das ist die einzige Zeit im Jahr, wo ich ihn riechen kann, ohne bei ihm sein zu müssen.“
    Wesley löste seinen Blick von dem schneebedeckten Rasen und schaute Nora an. In ihrem Augenwinkel bildete sich eine Träne und glitzerte wie ein kleiner Diamant.
    „Du warst verrückt nach ihm, oder?“, fragte er, nicht sicher, ob er die Antwort hören wollte.
    Nora nickte. „Verrückt ist ein gutes Wort dafür.“
    „Warum hast du ihn verlassen?“
    Der Seufzer, den Nora daraufhin ausstieß, schwebte wie eine weiße Wolke vor ihrem Mund.
    „Winter“, sagte sie schließlich. „Er kann so schön und so hartsein. Herzlos und kalt. Und wenn du in der Gegenwart des Winters lebst, gibt es für dich nie einen Sommer.“ Nora trat näher an ihn heran und drückte ihre Nase gegen seine Wange. „Du riechst nach Sommer. Nach frisch gewaschener Wäsche, die zum Trocknen in der Sonne hängt. Das ist auch ein wundervoller Duft.“
    Ihre Nähe ließ Wesley erröten. Er spürte ihr Haar an seinen Lippen. Er hätte nie gedacht, dass es sich so intim anfühlen könnte, wenn jemand an seiner Haut roch.
    „Wir sollten hineingehen“, flüsterte Wesley. Wenn er noch eine weitere Sekunde mit ihr hier draußen stünde, würde er sie beide dadurch aufwärmen, dass er sie küsste. Und das wäre fatal. „Es ist zu kalt.“
    Nora hatte sein Gesicht in ihre Hände genommen und seine Haut mit ihrer gewärmt.
    „Es ist schon okay. Bald ist wieder Sommer.“
    Wesley ging von der Terrasse in die Küche. Hier hatte er tausend Mahlzeiten für Nora gekocht. Nur mit Essen hatte er es während ihrer Schreibanfälle geschafft, sie für ein paar Minuten von ihrem Computer fortzulocken. Er ging die Treppe zum ersten Stock hinauf und blieb in der Tür zu seinem alten Zimmer stehen.
    „Nora …“, hauchte Wesley und trat ein. Bei seinem Einzug damals war das Zimmer in einem ziemlich dekadent wirkenden „französischen Bordellstil“ eingerichtet gewesen, wie Nora es nannte. Er hatte es schnell in einen „Kein französisches Bordell mehr“-Stil verwandelt – wie er es nannte. Und genauso sah es noch immer aus. Er hatte die Poster von den Wänden genommen, seine Sachen eingepackt … aber das Bett war mit der gleichen Bettwäsche bezogen, die gleichen Kissen lagen darauf. Alle Möbel standen noch so, wie er sie hingestellt hatte.
    Hatte hier in der Zwischenzeit jemand gewohnt? Hatte Nora sich deshalb nicht die Mühe gemacht, alles wieder nach ihrem Geschmack herzurichten? Das Bett sah definitiv so aus, als hätte erst kürzlich jemand darin geschlafen. Zorn stieg in ihm auf.In diesem Bett hatte er den schönsten, erotischsten, intimsten Moment seines Lebens erlebt. Es war in der Nacht gewesen, als Nora nicht hatte schlafen können und zu ihm ins Bett gekrabbelt war und ihn dann berührt hatte. Er hasste den Gedanken daran, dass irgendwer außer Nora oder ihm in diesem Bett gelegen haben könnte.
    Bevor ihn die Mischung aus Einsamkeit, Wut und Sehnsucht überwältigen konnte, verließ er den Raum und ging zu Noras Schlafzimmer hinüber. Vielleicht würde er hier einen Hinweis darauf finden, wo sie war und wie lange sie wegbleiben würde.
    In ihrem Schlafzimmer zwang Wesley sich, alle Erinnerungen beiseitezuschieben. Das Letzte, was er brauchte, war sich den Tag ins Gedächtnis zurückzurufen, an dem er und Nora sich auf ihrem Bett beinahe geliebt hätten. Er hatte ihr so sehnlichst seine Jungfräulichkeit schenken wollen … doch sie hatte sie nicht annehmen können. Bis heute verstand er nicht, warum. Aber er vermutete, dass es so am besten war. Sie hatte ihn nicht wirklich gewollt. Wenn sie ihn geliebt hätte, wieso hätte sie ihn dann fortschicken sollen?
    Wesley starrte das Bett an. Irgendetwas stimmte nicht mit der Decke. Ein Lichtstrahl fiel durch das Fenster und enthüllte eine dicke Staubschicht auf der Überdecke des perfekt gemachten

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