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Gesetze der Lust

Gesetze der Lust

Titel: Gesetze der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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schon gar nicht mit einem mittellosen Teenager aus dem Nirgendwo.
    Michael konnte immer noch nicht glauben, dass Father S. seine Nora mit anderen Männern teilte. Andererseits war der Priester ein äußerst ungewöhnlicher Mann. Er hatte, was Nora betraf, eine ganz spezielle Einstellung in Bezug auf Eigentumsrechte. Da sie ihm gehörte, konnte er sie ausleihen. Michael fragte sich, was Nora dabei empfand, wie ein Buch aus der Leihbücherei behandelt zu werden. Ihm selber gefiel die Vorstellung irgendwie. Der Gedanke, jemandem zu gehören, in den er verliebt war, erregte ihn so sehr, dass er kaum atmen konnte. In den letzten Tagen hatte er sich so abgelehnt gefühlt. Seine Mom wollte ihn nicht mehr wirklich. Und Gott, sein Dad … sein Dad?
    „Michael, was tust du hier?“
    Michael erstarrte. Langsam drehte er den Kopf zur Seite und sah seinen Vater in seinem üblichen blauen Businessanzug auf sich zukommen.
    „Nichts“, sagte Michael und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich werde gleich abgeholt.“
    Sein Dad blieb stehen und schaute auf ihn herunter. Selbst wenn Michael nicht sitzen und sein eher großer, stämmiger Vater nicht stehen würde, würde er immer noch auf ihn herabsehen.
    „Und wohin fährst du?“, wollte sein Vater wissen.
    Michael versuchte es erneut mit einem Ablenkungsmanöver. „Es ist Donnerstagmorgen.“
    „Ich habe mir den Vormittag freigenommen. Deine Mutter sagte, du wärest den ganzen Sommer über fort. Ich dachte, ich sollte mal nachsehen, was mit meinem Sohn los ist.“
    „Ach, auf einmal bin ich wieder dein Sohn?“
    „Michael, ich dachte, das hätten wir hinter uns“, sagte sein Vater in seiner sanftesten Stimme. Michael mochte das Brüllen. Die Wut kam ihm wenigstens ehrlich vor. Die freundliche Stimme seines Vaters bedeutete nur, dass er etwas von ihm wollte. Offensichtlich Antworten. Und Michael hatte nicht vor, sie ihm zu geben.
    Ja, ich hab dein ganzes Gejammer über Mom und mich leid. Wir sind wieder beste Freunde, Dad . Michael sprach den Gedanken nicht laut aus. Sein Vater konnte alles gegen ihn verwenden, und so trug Michael sein Schweigen wie ein Schild.
    Der Blick seines Vaters wurde kalt und bedrohlich.
    „Junger Mann, du sagst mir sofort, was du diesen Sommer vorhast, oder ich werde sicherstellen, dass, was immer es ist, nicht stattfindet.“
    „Ich besuche einfach ein paar Freunde, mehr nicht.“
    Michaels Vater starrte ihn schweigend an. Ein schlechtes Zeichen. Sein Dad war ein Mensch, der redete. Ununterbrochen redete. Er ließ sich über Sportmannschaften aus, über die Arschlöcher bei der Arbeit, über den Präsidenten, den Arbeitsmarkt,die Probleme der Welt, die alle gelöst wären, wenn mehr Menschen so wären wie er.
    „Ich wusste gar nicht, dass du Freunde hast.“ In der Stimme seines Vaters schwang Misstrauen mit.
    Michael biss die Zähne zusammen und sagte nichts.
    „Was sind das für Freunde?“, hakte sein Vater mit neutraler Stimme nach. Doch Michael traute dem Frieden nicht.
    Statt etwas zu erwidern, zog er nur seine Knie noch näher an sich heran und konzentrierte sich auf den kalten Beton unter sich. Diesen Trick verwendete er immer, wenn sein Vater verärgert war. Dann verschwand er einfach, zog sich in sich selbst zurück, ließ seinen Körper zu einer harten, äußeren Schale werden, die den Teil von ihm beschützte, den nur Nora und Father S. verstanden.
    „Antworte mir, Michael!“
    In Augenblicken wie diesem wünschte Michael sich, er könnte so reden wie Nora, wünschte sich, er könnte einfach sagen, was ihm durch den Kopf ging. Was er im Moment sagen wollte, war: Du Arschloch, lass mich in Ruhe!
    „Du Ar…“, setzte er an, hielt dann aber inne, als ein glänzender silberner Wagen, wahrscheinlich ein Rolls-Royce, um die Ecke in seine Straße einbog.
    „Was zum Teufel …“, fragte sein Vater und betrachtete das Fahrzeug gereizt.
    Schnell schnappte sich Michael seinen Seesack und ging auf den Wagen zu.
    „Hey, komm zurück“, rief sein Vater ihm nach. Der Fahrer des Rolls-Royce stoppte den Wagen vor Michaels Haus. Dann öffnete sich die Tür. Michael warf sich samt Seesack auf den Rücksitz, und der Wagen fuhr wieder an. Aus dem Fenster sah er, dass sein Vater stinkwütend war. Er würde bei seiner Rückkehr am Ende des Sommers bitter dafür zahlen müssen, aber das war jetzt egal. In diesem Moment war er frei, zum ersten Mal in seinem Leben.
    Plötzlich bemerkte er, dass er nicht allein im Fond des luxuriösen Autos

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