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Gesetze der Lust

Gesetze der Lust

Titel: Gesetze der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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seinem furchtlosen Stolz direkt in den Magen. Ein gar nicht mal so unangenehmes Gefühl. Sie drehte sich auf dem Absatz um und folgte ihm den Mittelgang zum Altar hinunter.
    „Ich habe einen Tipp erhalten. Ein Fax mit Ihrem Namen und den Namen zweier anderer Priester, die als mögliche Nachfolger des Bischofs gehandelt werden. Neben Ihren Namen hat der Absender ein Sternchen gesetzt.“
    „Ein ganz besonders Furcht einflößendes Satzzeichen.“
    „Zumindest dann, wenn es zu einer Fußnote gehört. Und wenn diese Fußnote lautet: ‚Möglicher Interessenkonflikt.‘ Können Sie mir sagen, worum es sich da handelt?“
    Father Stearns blieb an dem Messingschild mit der römischen Zahl I darüber stehen. Obwohl er so groß war, war es durch die Entfernung zwischen ihnen leicht, ihm in die Augen zu sehen.
    „Ich bin mir aller meiner Interessen durchaus bewusst undversichere Ihnen, dass zwischen ihnen keinerlei Konflikt besteht.“
    „Ein Priester zu sein und sich für Kinder zu interessieren ist ein Interessenkonflikt. Finden Sie nicht?“
    „Ich stimme Ihnen zu, wenn es sich um ein ungesundes Interesse an Kindern handelt. Das habe ich jedoch nicht. Wenn Sie daran zweifeln, sind Sie herzlich eingeladen, mit den Eltern aus meiner Gemeinde zu sprechen.“
    Suzannes Überzeugung, dass Father Stearns ein Sexualstraftäter war, wankte. Aber sie ließ trotzdem nicht locker und war entschlossen, seinen wunden Punkt zu finden.
    „Was ist mit Michael Dimir? Haben Sie ein ungesundes Interesse an ihm?“
    „Ich kann und werde mit Ihnen nicht über Michael sprechen. Ich bin sein Beichtvater.“
    „Sind Sie auch Nora Sutherlins ‚Beichtvater‘?“
    Das schien endlich eine Reaktion hervorzurufen. Er seufzte schwer und drehte sich wieder zu ihr um. Erneut überwältigte sie seine unglaubliche Attraktivität. Warum würde ein Mann, der so gut aussah, sich für die Priesterschaft und das Zölibat entscheiden, wenn er jede Frau auf der Welt haben könnte?
    „Das bin ich.“
    „Schlafen Sie mit ihr?“
    „Nicht seit letztem Montag.“
    Nun war es an Suzanne, schwer zu seufzen.
    „Ich werde wohl keine vernünftige Antwort aus Ihnen herauskriegen, sosehr ich mich auch anstrenge. Das macht die Sache für Sie aber nicht besser.“
    Er verschränkte die Arme vor der Brust und schaute sie eindringlich an.
    „Wenn Sie mir wirkliche Fragen stellen würden, anstatt einfach mit Anschuldigungen um sich zu werfen, würden Sie vielleicht auch eine ehrliche Antwort erhalten. Sie haben Eleanor Schreiber, die Frau, die Sie als Nora Sutherlin kennen, nie persönlich getroffen, oder?“
    „Nein.“
    „Ist es eine Gewohnheit von Ihnen, sich in das Privatleben von Frauen einzumischen, die Sie noch nie zuvor getroffen haben, Frauen, die Ihnen nichts getan haben?“
    Suzanne verdrehte die Augen.
    „Gut, Sie sind katholischer Priester und damit ein Meister darin, anderen Schuldgefühle zu machen.“
    „Ja, ich bin sehr gut in meinem Beruf.“ In seinen Augen blitzte eine gewisse Heiterkeit auf. Welcher Mann fand so eine Unterhaltung amüsant? Der Priester hatte scheinbar passend zu seinen Augen auch Eier aus Stahl. „Ich warte immer noch auf eine Frage, Ms Kanter. Wenn Sie sie stellen können, ohne eine Anschuldigung mitklingen zu lassen, werde ich darüber nachdenken, sie zu beantworten.“
    „Okay. Hier ist eine. Warum sind Sie Priester?“
    „Ich bin froh, dass Sie mit so einer leichten Frage anfangen.“ Suzanne konnte ein kleines Lachen nicht unterdrücken.
    „Die zu stellen war leicht.“ Sie lächelte wider besseres Wissen. Er schien einen Augenblick über seine Worte nachzudenken.
    „Ich wurde nicht als Katholik erzogen. Katholiken sind mir das erste Mal begegnet, als ich mit elf Jahren aufs Jesuitenkolleg in Northern Maine kam.“
    Suzanne zuckte innerlich zusammen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein so junges Kind auf eine Schule mitten im Nirgendwo geschickt wurde.
    „Die Jesuitenpriester, meine Lehrer, waren die besten Männer, die ich je kennengelernt habe. Ihre Belesenheit gepaart mit ihrer Güte und Hingabe an ihre Arbeit demütigte mich. Ich fühlte mich berufen, mich ihnen anzuschließen. Im Alter von vierzehn Jahren bin ich konvertiert und mit neunzehn nach Rom gegangen, um meine Ausbildung zu beginnen.“
    „Das ist alles?“
    „Es tut mir leid, dass ich kein Damaskuserlebnis hatte, von dem ich Ihnen berichten könnte.“
    „Sie waren erst neunzehn, als Sie ins Priesterseminar kamen.Wollten Sie nie

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