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Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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erkennen.
»Sieht recht groß aus, das Anwesen«, sagte er.
      Sie nickte. »Das war einmal eine Farm. Jetzt
sind nur noch ein paar Morgen Land da. Wir bauen hier Obst und
Gemüse an und beliefern den Handel.«
      Marlowe blickte in den Regen. »Die Art Wetter ist ja nicht gerade ideal für Sie.«
      Die junge Frau lachte. »Halb so schlimm. Wir
haben vorige Woche fast alle Äpfel geerntet, und das Gemüse
ziehen wir überwiegend im Gewächshaus.«
      Ein Windstoß fegte über den Hof, vertrieb
einen Moment lang den Nebel und gab den Blick auf das Haus frei. Es war
alt und grau, aus festem Stein gemauert, da und dort ein wenig
verwittert, aber solid. Auf der einen Seite des Hofes standen mehrere
Außengebäude, auf der anderen eine große Scheune mit
rotem Dach.
      Die Haustür wurde durch einen altmodischen Vorbau
aus Glas geschützt. Davor parkte ein kleiner gelber Lieferwagen
mit der Aufschrift INTER-ALLIED TRADING CORPORATION – BARFORD.
Maria Magellan blieb wieder stehen, und ihr Gesicht nahm einen beinahe
furchtsamen Ausdruck an. Sie eilte ins Haus.
    Marlowe folgte ihr gemächlich. Er
zog den Kopf unter dem niedrigen Türsturz ein und fand sich in
einer geräumigen Diele mit Fliesenboden wieder. Das Mädchen
stand vor einer Tür linker Hand, hinter der man erboste Stimmen
hörte. Sie riß die Tür auf und trat ins Zimmer. Marlowe
wartete in der Diele, die Hände in den Manteltaschen, und sah zu.
      Im Zimmer stand ein Tisch, an dem zwei Männer
einander gegenüber saßen. Der eine war alt, hatte graues
Haar und einen weißen Schnurrbart. Er hob sich gegen dunkle Haut
ab, die die Farbe von gegerbtem Leder hatte.
      Der andere war wesentlich jünger, athletisch
gebaut, mit kräftigen Schultern. Sein Gesicht war drohend
verzerrt. »Hören Sie, Sie alter Trottel«, sagte er.
»Wenn Sie nicht tun, was wir wollen, sind Sie aus dem
Geschäft. Das ist Mr. O'Connors letztes Wort.«
      Die Augen des alten Mannes sprühten Feuer, und er
schlug mit der Faust auf den Tisch. Er sprach mit starkem
südländischem Akzent. Seine Stimme bebte vor Zorn.
»Hören Sie, Kennedy. Richten Sie O'Connor folgendes von mir
aus: Bevor er mich aus dem Geschäft drückt, ramme ich ihm ein
Messer in den Bauch. Darauf kann er sich verlassen.«
      Kennedy lachte verächtlich. »Sie sind ein
Schwachkopf«, sagte er. »Mr. O'Connor kann Sie jederzeit
erledigen. Sie sind doch nur ein kleines Licht, Magellan.«
      Der alte Mann brüllte vor Zorn, sprang auf, ging
schnell um den Tisch herum. Er ballte die Faust, holte aus, aber
Kennedy wehrte den Schlag mit Leichtigkeit ab. Er hielt den alten Mann
fest und ohrfeigte ihn. Das Mädchen schrie, rannte auf Kennedy zu,
zerrte an ihm. Er stieß sie mit solcher Gewalt von sich,
daß sie durchs Zimmer taumelte und das Gleichgewicht verlor.
    Kalter Zorn regte sich in Marlowe. Er
trat ins Zimmer. Kennedy hob gerade die Hand, um den alten Mann noch
einmal zu ohrfeigen, und Marlowe packte ihn bei der Schulter, riß
ihn herum. Nun standen sie sich Auge in Auge gegenüber.
»Versuch's doch mal mit mir«, sagte er.
      Kennedy machte den Mund auf, um etwas zu sagen, und
Marlowe schmetterte ihm die Faust ins Gesicht. Der Schlag war so
brutal, daß Kennedy über den Tisch flog. Stöhnend
richtete er sich vom Boden auf. Marlowe stürzte sich auf ihn und
hielt ihn an den Jackenaufschlägen fest. »Du Schwein«,
sagte er. »Du mieses Schwein.«
      Und dann hatte er einen Dunstschleier vor den Augen,
und was er vor sich sah, war nicht mehr Kennedys Gesicht. Es war ein
anderes Gesicht, eins, das er aus tiefster Seele haßte, und nun
begann er, Kennedy systematisch ins Gesicht zu schlagen, von oben nach
unten, von rechts nach links.
      Das Mädchen schrie wieder. »Nein, Marlowe! Nein! Sie bringen ihn um!«
      Sie zog an seinem Arm, sie redete auf ihn ein, und
Marlowe hörte auf. Einen Augenblick stand er reglos da, stierte
Kennedy an, nichts begreifend, und dann schob er ihn fast behutsam in
Richtung Tisch.
      Er zitterte leicht und hatte immer noch diesen
Dunstschleier vor den Augen – es war beinah so, als sei ein wenig
Nebel ins Zimmer gedrungen. Er ballte beide Hände zur Faust, damit
das Zittern aufhörte, und bemerkte, daß aus seinem linken
Ärmel wieder Blut tropfte.
      Das Mädchen ließ ihn los. »Tut mir
leid«, sagte sie. »Ich mußte Sie bremsen. Sonst
hätten Sie ihn umgebracht.«
      Marlowe nickte langsam und fuhr sich mit der Hand
durchs Gesicht. »War schon in Ordnung.

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