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Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Manchmal weiß ich
nicht, wann ich aufhören muß, und dieser Kerl ist es nicht
wert, daß ich am Galgen ende.«
    Er setzte sich plötzlich in
Bewegung, packte Kennedy beim Kragen und beförderte ihn aus dem
Zimmer. Dann stieß er ihn gegen den Lieferwagen. »Wenn du
nur einen Funken Verstand hast, dann mach, daß du wegkommst,
bevor ich dir das Genick breche«, sagte er. »Ich gebe dir
fünf Minuten Zeit.«
      Kennedy öffnete bereits mit fliegenden Fingern
die Tür des Lieferwagens, als Marlowe sich umdrehte und ins Haus
zurückging.

    3

    Als er wieder ins Zimmer trat, war Maria verschwunden. Ihr Vater
stand am Sideboard und hantierte mit einer Flasche und zwei
Gläsern. Er sah Marlowe, lächelte breit, ging auf ihn zu und
überreichte ihm ein Glas. »Brandy – das Beste, was ich
im Haus habe. Ich fühle mich wieder wie ein junger Mann.«
      Marlowe trank dankbar den Brandy und deutete mit dem
Kopf auf das Fenster. Draußen sprang gerade der Motor des
Lieferwagens an. »Der läßt sich hier nicht mehr
blicken«, meinte er.
      Der alte Mann zuckte die Achseln, und ein böser
Ausdruck trat in seine Augen. »Wer weiß? Aber nächstes
Mal bin ich besser vorbereitet. Ich werde ihm ein Messer in den Bauch
rammen, bevor ich mit ihm diskutiere.«
      Nun kam Maria ins Zimmer, in der einen Hand ein Becken
voll heißem Wasser, in der anderen Verbandszeug und ein Handtuch.
Sie sah blaß und mitgenommen aus, aber sie lächelte tapfer,
als sie das Becken auf dem Tisch absetzte. »Ich schaue mir jetzt
den Arm an«, sagte sie.
      Marlowe zog seinen Regenmantel und seine Jacke aus,
und sie wusch behutsam das geronnene Blut ab. Dann preßte sie die
Lippen zusammen. »Das sieht ziemlich übel aus.« Sie
schüttelte den Kopf und wandte sich ihrem Vater zu. »Was
meinst du, Papa?«
      Papa Magellan betrachtete die Wunde, und in seinen
Augen blitzte es plötzlich auf. »Ja, das sieht wirklich
übel aus«, bestätigte er. »Wie haben Sie sich das
geholt, mein Junge?«
    Marlowe zuckte die Achseln. »Bin an
einem Stahldorn hängengeblieben, als ich aus einem Laster
gestiegen bin. Ich war per Anhalter unterwegs.«
      Der alte Mann nickte. »So, so, Sie sind an einem
Stahldorn hängengeblieben.« Die Andeutung eines
Lächelns kräuselte seine Lippen. »Ich glaube nicht,
daß wir den Arzt bemühen müssen, Maria. Mach einfach
die Wunde sauber und verbinde sie gut. Die ist nach einer Woche
praktisch verheilt.«
      Maria schaute zweifelnd drein, und Marlowe sagte:
»Er hat recht. Ihr Frauen tut bei jedem kleinen Kratzer so, als
ginge die Welt unter.« Er lachte und fischte mit der rechten Hand
eine Zigarette aus seinem Päckchen. »Ich bin in Korea
über zweihundert Kilometer mit einer Kugel im Oberschenkel
marschiert. Ich mußte. Es war niemand da, der sie rausoperieren
konnte.«
      Marias Blick verfinsterte sich, und Zorn flackerte in
ihren Augen. »Na schön. Dann holen wir den Arzt eben nicht.
Wie Sie wollen. Ich hoffe nur, Sie kriegen eine Infektion und der Arm
fault Ihnen ab.«
      Marlowe gluckste, und Maria neigte den Kopf und machte
sich an die Arbeit. Papa Magellan sagte: »Sie waren in
Korea?« Marlowe nickte, und der alte Mann ging zum Sideboard und
kam mit einem gerahmten Foto zurück. »Das ist mein Sohn
Pedro«, sagte er.
      Der Junge lächelte etwas steif, aber
selbstbewußt. Er schien auch stolz auf seine Uniform zu sein. Es
war die Art Bild, das jeder Rekrut in den ersten Wochen seiner
Grundausbildung von sich machen läßt. »Der sieht nett
aus«, bemerkte Marlowe unverbindlich.
      Papa Magellan nickte lebhaft. »Er war ein feiner
Junge. Wollte aufs College für Landwirtschaft. Er wollte immer
Farmer werden.« Der alte Mann stieß einen Seufzer aus.
»Er ist 1953 bei einem Stoßtruppeinsatz in Korea
gefallen.«
    Marlowe betrachtete das Foto noch einmal
und fragte sich, ob Pedro Magellan gerade so gelächelt hatte, als
ihn die Kugeln trafen. Aber es hatte keinen Sinn, darüber
nachzudenken. Denn im Krieg starben die Menschen auf so verschiedene
Weise. Manchmal schnell, manchmal langsam, aber immer entsetzt und voll
Furcht, die ihre Gesichter zeichnete.
      Er gab Papa Magellan das Foto zurück. »Das
war kurz nach meiner Zeit. Ich bin schon ziemlich früh in
Kriegsgefangenschaft geraten – als die Chinesen eingegriffen
haben.«
      Maria blickte rasch auf. »Wie lange waren Sie in Kriegsgefangenschaft?«
    »Etwa drei Jahre«, sagte Marlowe.
      Der alte Mann pfiff leise durch die Zähne.
»Heiliger

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