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Gespenstische Warnung

Gespenstische Warnung

Titel: Gespenstische Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Schultern.
»Sam hat Talent. Er mußte nur den Glauben an sich wiederfinden.« Niemand, der
seine fünf Sinne beisammen hatte, konnte daran zweifeln, daß Sam Sorel nach wie
vor der Spitzenkomiker in der Branche war. Das große Publikum in dem exklusiven
Klub lauschte begierig, sorgfältig jedes Gelächter unterdrückend, damit ihm
nichts entging. Sorel verwandte die letzten zehn Minuten seines Auftritts auf
die surrealistische Darstellung einer psychoanalytischen Behandlung, bei der
ihm als Höhepunkt der Arzt schließlich um seiner Gesundheit willen eine lange
Reise empfahl und ihm gleichzeitig fünfzig Dollar extra für das LSD abknöpfte.
Nachdem der Applaus schließlich verebbt war und die Band ein neues Stück
spielte, konnte man förmlich die Erleichterung spüren, die jeder darüber
empfand, daß er nun nach der Konzentration auf die Staccato-Darbietung des
Komikers wieder entspannen konnte. Jedes Wort war mit der Präzision eines
Maschinengewehrs gekommen und keines verschwendet worden.
    »Lassen wir ihm fünf Minuten Zeit,
bevor wir in seine Garderobe gehen, Rick«, sagte Sonia.
    »Warum holen wir ihn nicht hierher an
den Tisch und trinken etwas miteinander?« schlug ich vor.
    »Doch nicht mit Sam.« Sie lächelte und
zeigte ihre kräftigen weißen Zähne. »Er kann Menschenmengen nur ertragen, wenn
sie sich vor ihm befinden und in Anerkennung seiner Genialität kollektiv die
Handflächen gegeneinander schlagen.« Das Kupferglöckchen klingelte, als sie
einen Blick auf ihre Uhr warf. »Ich glaube, es ist an der Zeit, daß Sie mit ihm
reden.«
    »Und Sie wollen mir nach wie vor nicht
zuerst etwas über sein Problem sagen?«
    »Es ist Sams Problem. Ich finde, er
muß Ihnen davon erzählen.« Sie stand auf. »Und da er nun wieder in Hollywood
ist, zu wem sonst sollte er mit seinem Problem kommen als zu Rick Holman?«
    Es war ein Kompliment, das
wirkungsvoll jede weitere Diskussion ausschloß . Ich
folgte dem beigeseidenen Wippen ihres gerundeten Hinterteils — und das hielt
mich den ganzen Weg zur Garderobe über innerlich gefangen. Es war verdammt
lange her, daß ich eine Frau mit so viel Sex-Appeal getroffen hatte wie Sonia
Mayer. Jedesmal , wenn ich mit ihr zusammen war, mußte
ich den mächtigen Drang unterdrücken, ihr sämtliche Kleidungsstücke
abzustreifen und sie zur nächsten Couch zu tragen. Es steckte mehr dahinter als
physisches Verlangen; sie war ein komplett weibliches Wesen, was in seiner
Gegensätzlichkeit zu der fast zwangshaften Anziehung beitrug.
    In der Garderobe saß Sam Sorel vor dem
Toilettenspiegel, ein Glas in der Hand, neben sich eine halbleere Flasche
Bourbon. Er hob spöttisch grüßend das Glas, als wir eintraten, und nahm dann
einen tiefen Schluck.
    »Sam«, sagte das blonde Mädchen, »das
ist Rick Holman.«
    »Freut mich, Sie zu sehen, Rick.« Im
Gegensatz zu seinen maschinengewehrartigen Auftritten sprach er jetzt langsam
und fast zögernd. »Setzen Sie sich bitte.«
    Wir setzten uns auf Stühle mit geraden
Lehnen. Sonia schlug die Beine übereinander, wobei neben einer Kniescheibe automatisch
ein Grübchen erschien, während Sorel einen weiteren Schluck Bourbon nahm, bevor
sich unsere Blicke im Spiegel trafen. Er hatte ein mageres, totenkopfähnliches
Gesicht; die Haut war faltig und runzlig, als ob sie es satt hätte, daß die
Leute die ganze Zeit über mit Spikes über sie wegliefen. Seine Augen lagen tief
und waren von einem traurigen, dunklen Braun, und sein grau werdendes schwarzes
Haar hing schlaff über den Hemdkragen herab. Irgendwie sah er wie ein
Violinvirtuose aus, der ein paar hundert Konzerte hinter sich hat und den das
Ganze so ankotzt, daß er sich nicht einmal mehr selbst zuhören mag.
    Während ich darauf wartete, daß er
genügend Mut sammelte, um sich einer kritischen Zuhörerschaft auszusetzen,
bemerkte ich, daß die Garderobe größer war als die Telefonzelle in der Lobby
des Klubs und kleiner als die Herrentoilette. Für einen Star war sie bestimmt
nicht sehr luxuriös, aber vielleicht bekam ich nur diesen Eindruck, weil die
Vergoldung an der Stuckwand gegenüber der nackten, kalten Außenwelt am
Abblättern war.
    Der Star selbst wandte dieser Wand den
Rücken zu und war soeben mit einem weiteren Bourbon beschäftigt.
    »Mein Problem ist zu gewaltig, als daß
jemand anderer als Sie sich dessen annehmen könnte, Rick«, sagte er
schließlich. »Ihnen geht der Ruf voraus, daß Sie diskret alles Unmögliche
innerhalb Hollywoods erledigen, und nun, da ich

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