Gespenstische Warnung
wieder zurück bin, muß die
Sache schnell erledigt werden.«
»Wir haben dieses dreiwöchige
Klubengagement angenommen, damit Sam bei der Hand ist«, unterbrach ihn Sonia
mit ihrer weichen Altstimme. »Sam ist morgen abend hier fertig, dann beginnt er
in ein paar Wochen mit Dreharbeiten. Film ist das Wichtigste.«
»Vielleicht fangen wir in ein paar
Wochen mit den Dreharbeiten an.« Sorel füllte erneut sein Glas. »Das hängt von
Ihnen ab, Rick.«
»Also heraus mit Ihrer Geschichte«,
sagte ich.
Er seufzte schwer. »Von Komikern
erwartet man, daß sie nette Leute sind, wissen Sie das? Selbst kranke Komiker
sollen Philosophie verspritzen, weil sie im Grund ein Herz aus purem Gold
haben. Und vom Rest der Welt erwartet man, daß er gütig zu Kindern und Tieren
ist und seine Ehefrauen liebt. Der professionelle Komiker schwitzt sich Seele
und Verstand aus dem Leib, um die ganze verdammte Zeit über komisch zu sein,
und da gibt es keinen Raum mehr für etwas anderes. Er wird zum schweren
Trinker, verliert sofort die Geduld und wird nach einer gewissen Zeit zum
kleinen Psychopathen. Am Ende existiert als einzige Wirklichkeit nur noch sein
Publikum. Wenn die Rampenlichter gelöscht sind, dann will er nur noch in Ruhe
gelassen werden. Also geht er nach Hause.«
»Sie brechen mir das Herz«, sagte ich.
»Nach Hause ist da, wo die Ehefrau
ist.« Er starrte traurig auf mein Spiegelbild. »Das, was sie bestimmt nicht
tut, ist, ihn in Ruhe lassen. Sie möchte Geld, Gesellschaft, Aufmerksamkeit,
Urlaubsreisen, und vor allem möchte sie, daß er sich ihre Wehwehchen anhört. Er
erträgt es, bis es nicht mehr geht, und verläßt dann Heim und Weib. Aber schon
bald — denn er ist der einsamste Mensch in der verdammten weiten Welt — gründet
er ein neues Zuhause mit einer neuen Frau; und danach wiederholt sich das ganze
dumme Schema von vorn. Ich habe drei Exfrauen, die mir auf den Fersen sitzen,
Rick. Die Unterhaltszahlungen würden zu einer Stiftung ausreichen, die
abgetakelten Komikern für den Rest ihres Lebens ein Dasein in Luxus gestatten
würde.«
»Das klingt eher nach einem Problem
für Ihren Rechtsanwalt«, sagte ich.
»Das ist nur der Hintergrund, Freund«,
sagte er düster. »Wir sind noch gar nicht zum eigentlichen Problem gekommen.«
»Der Film, Sam«, warf Sonia ein.
»Natürlich.« Er nickte. »Es war ein
langer mühsamer Weg zurück zur Spitze, und ich hätte ihn nie ohne Sonia
geschafft.« Er warf ihr einen liebevollen Blick zu. »Wenn dieser Film richtig
ankommt — und es sieht ganz danach aus — , dann bin ich wieder für lange Zeit
an der Spitze. Mich stören dann nicht einmal mehr diese Unterhaltszahlungen,
solange mich diese drei Luder nur in Ruhe lassen. Aber — und da liegt mein
großes Problem — sie werden mich nicht in Ruhe lassen. Zumindest eine von ihnen
wird’s nicht tun, aber ich weiß nicht, welche von den dreien das ist.«
»Mich zwischen einen Mann und seine
drei Exfrauen zu stellen, schlägt nicht in mein Fach«, sagte ich.
»Zum Teufel noch mal!« platzte Sorel
heraus. »Eines dieser verrückten Frauenzimmer will mich umbringen!« Er rieb
sich mit einer schnellen nervösen Bewegung mit dem Handrücken die Wange. »Ich
bin nicht einmal sicher, ob sie wirklich entschlossen ist, mich umzubringen.
Vielleicht ist das Ganze nur ein lausiger Trick, eine Finte, damit sie
hinterher ihr stahlgepanzertes Herz bei den Reportern über Sorel, den
Drecksack, der sie dazu getrieben hat, ausschütten kann. Mit einer solchen
Publicity kann ich ebensogut tot sein.«
»Okay«, sagte ich zögernd. »Ich höre.«
Sonia öffnete ihre Handtasche, nahm
ein paar zusammengefaltete Papiere heraus und gab sie mir. Es waren drei
Briefe; jemand hatte den alten Trick angewandt, Worte aus verschiedenen
Zeitungen und Illustrierten auszuschneiden, um sie dann auf ein Blatt
Briefpapier aufzukleben.
Der erste Brief lautete:
Eine Ehe sollte ewig dauern. Ich kann
nicht ohne Dich leben, also wirst Du nicht ohne mich leben.
Der zweite Brief war ein bißchen
ausführlicher:
Du hast uns alle drei hinausgeworfen
wie Abfall, Sam. Nun hast Du nicht die Zeit, herauszufinden, wer von uns Dich
umbringen wird. Ich habe gewartet, bis Du wieder Erfolg hast, denn dann wird es
Dich mehr schmerzen, alles zu verlieren. Ich gebe Dir eine Woche Zeit, Deine
letzten Arrangements zu treffen. Innerhalb der nächsten vierzehn Tage wirst Du
sterben.
Der dritte und letzte Brief begann mit
einem Zitat aus einem Lexikon:
Klaustrophobie
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