Gespräche mit Gott - Band 1
Verhaltens ist, was mich stets von neuem abstürzen läßt, was sich mir immer wieder in den Weg stellt. Vermutlich bin ich deshalb zu dir gekommen.
Ich war nicht imstande, selbst die Antworten zu finden.
I CH BIN FROH, daß du gekommen bist. Ich war immer da, um dir zu helfen. Ich bin jetzt hier. Du mußt die Antworten nicht allein finden. Das mußtest du nie.
Und doch scheint es so … anmaßend … zu sein, sich einfach hinzusetzen und auf diese Weise mit dir in Dialog zu treten, ganz zu schweigen von der Vorstellung, daß du – Gott – antwortest. Ich meine, das ist verrückt.
I CH VERSTEHE, DIE Autoren der Bibel waren alle geistig gesund, aber du bist verrückt.
Die Autoren der Bibel waren Zeugen von Christi Leben und haben getreulich berichtet, was sie gehört und gesehen haben.
K ORREKTUR. DIE MEISTEN Autoren des Neuen Testaments haben in ihrem Leben Jesus nie getroffen oder gesehen. Als sie lebten, hatte Jesus die Erde schon viele Jahre zuvor verlassen. Sie hätten Jesus von Nazareth nicht einmal erkannt, wenn er auf der Straße direkt vor ihnen gestanden hätte.
Aber …
D IE AUTOREN DER Bibel waren große Gläubige und große Geschichtsschreiber. Sie nahmen die Geschichten auf, die von anderen an sie und ihre Freunde überliefert wurden – von den Ältesten an die Ältesten weitergegeben wurden –, bis schließlich ein schriftlicher Bericht entstand.
Und nicht alle Texte der Bibelautoren fanden Aufnahme in das endgültige Dokument.
Es hatten sich bereits »Kirchengemeinden« um die Lehren Jesu gebildet, und es gab, wie es immer passiert, wenn und wo sich Gruppen um eine machtvolle Idee versammeln, gewisse Individuen innerhalb dieser Kirchengemeinden oder Enklaven, die bestimmten, welche Teile der Geschichte Jesu erzählt werden sollten – und wie. Dieser Auswahl- und Redaktionsprozeß setzte sich während der ganzen Zeit des Sammelns, Schreibens und der Veröffentlichung der Evangelien und der Bibel fort.
Sogar noch einige Jahrhunderte nach der Niederlegung der Originalschriften bestimmte ein Hoher Rat der Kirche noch einmal darüber, welche Doktrinen und Wahrheiten in die damals bereits offizielle Bibel aufgenommen werden sollten, und welche den Massen zu enthüllen »ungesund« oder zu »verfrüht« wäre.
Und es gab auch noch andere heilige Schriften, die alle in Momenten der Inspiration von ansonsten ganz normalen Menschen niedergeschrieben wurden, von denen keiner verrückter war als du.
Willst du damit andeuten – doch wohl nicht, oder? –, daß diese Aufzeichnungen eines Tages eine »heilige Schrift« werden könnten?
M EIN KIND, ALLES im Leben ist heilig. So gesehen, ja, ist der Text eine heilige Schrift. Aber ich will mit dir keine Wortklauberei betreiben, denn ich weiß, was du meinst.
Nein, ich deute nicht an, daß dieses Manuskript eines Tages eine heilige Schrift werden wird. Jedenfalls nicht Hunderte von Jahren lang oder bis seine Sprache veraltet ist.
Siehst du, das Problem ist, daß die Sprache hier zu sehr Umgangssprache, zu sehr Unterhaltungston, zu zeitbezogen ist. Die Leute gehen davon aus, daß Gott, wenn er direkt mit jemandem spricht, sich nicht wie der Mensch von nebenan anhört. Die Sprache sollte eine einigende, um nicht zu sagen göttliche Struktur aufweisen. Sie sollte eine gewisse Würde ausstrahlen, ein gewisses Gefühl von Göttlichkeit vermitteln.
Wie ich bereits sagte, ist das Teil eines allgemeinen Problems. Das Gefühl, das die Leute hinsichtlich Gott haben, läßt sie glauben, daß er nur in einer einzigen Form »auf-kreuzt«. Und alles, was diese Form durchbricht, wird als Blasphemie bezeichnet.
Wie ich schon sagte.
W IE DU SCHON sagtest.
Aber kommen wir auf den Kern deiner Frage zu sprechen.
Warum hältst du es für Verrücktheit, wenn du imstande bist, einen Dialog mit Gott zu führen? Glaubst du nicht an das Gebet?
Ja, schon, aber das ist etwas anderes. Das Gebet war für mich immer eingleisig. Ich frage, und Gott bleibt unveränderlich.
G OTT HAT DEIN Gebet nie beantwortet?
O doch, aber nie verbal. Mir passieren alle möglichen Dinge in meinem Leben, die meiner Überzeugung nach eine Antwort – eine sehr direkte Antwort – auf mein Gebet waren. Aber Gott hat nie zu mir gesprochen.
I CH VERSTEHE. ALSO dieser Gott, an den du glaubst, dieser Gott kann alles tun. Er kann nur nicht sprechen.
Natürlich kann Gott sprechen, wenn er will. Es schien nur nicht wahrscheinlich, daß Gott zu mir sprechen wollte.
DAS IST DIE Wurzel jedes
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