Gespräche mit Gott - Band 2
nicht gerne hören.
W AS? WILLST DU damit sagen, daß ihr Dinge in euren Schlafzimmern treibt, die ihr vor Gott nicht tun würdet?
Die meisten Menschen fühlen sich nicht wohl beim Gedanken, daß ihnen dabei irgend jemand zusieht, von Gott ganz zu schweigen.
U ND DOCH WIRD in manchen Kulturen – bei den Aborigines, bei manchen polynesischen Völkern – ganz offen Liebe gemacht.
Mag sein, aber die meisten Menschen sind noch nicht bis zu dieser Stufe von Freiheit fortgeschritten. Tatsächlich würden sie ein solches Verhalten als Rückfall in einen primitiven, heidnischen Zustand betrachten.
D IESE MENSCHEN, DIE ihr als »Heiden« betrachtet, haben eine enorme Achtung vor dem Leben. Sie wissen nichts von Vergewaltigung, und es gibt praktisch keine Morde in ihren Gesellschaften. Eure Gesellschaft versteckt den Sex – eine ganz natürliche, normale menschliche Funktion – unter der Decke, dann steht ihr auf und bringt Leute in aller Öffentlichkeit um. Das ist obszön!
Ihr habt den Sex zu etwas so Schmutzigem, Tabuisiertem gemacht, daß ihr euch schämt, wenn ihr Sex habt!
Unsinn. Die meisten Menschen haben ganz einfach in bezug auf Sex einen anderen – man könnte sogar sagen, einen höheren – Sinn für Anstand. Sie betrachten ihn als eine intime wechselseitige Aktivität; und für manche ist er ein geheiligter Bestandteil ihrer Beziehung.
E IN MANGEL AN Intimsphäre ist nicht unbedingt mit mangelnder Heiligkeit gleichzusetzen. Die meisten der heiligsten Riten der Menschheit werden in der Öffentlichkeit vollzogen.
Verwechsle Intimität nicht mit Heiligkeit. Die meisten eurer schlimmsten Handlungen unternehmt ihr im privaten Bereich oder im geheimen, und nur euer bestes Benehmen spart ihr für die öffentliche Zurschaustellung auf.
Damit möchte ich nicht für Sex in aller Öffentlichkeit plädieren, – ich möchte nur anmerken, daß Intimität nicht unbedingt mit der Heiligkeit gleichzusetzen ist – noch werdet ihr durch die Öffentlichkeit ihrer beraubt.
Was den Anstand angeht, so hat dieses Wort alleine und der dahinterstehende Verhaltenskodex mehr zur Versagung der größten Freuden von Mann und Frau beigetragen als jedes andere menschliche Konstrukt – die Vorstellung von einem strafenden Gott ausgenommen, die dem Ganzen die Krone aufgesetzt hat.
Offensichtlich glaubst du nicht an Anstand.
D AS PROBLEM MIT dem »Anstand« liegt darin, daß irgend jemand die Normen aufstellen muß. Das bedeutet ganz automatisch, daß euer Verhalten durch die Vorstellungen eines anderen darüber, was euch Freude machen sollte, beschränkt, dirigiert und diktiert wird.
Das kann, was die Sexualität angeht – wie in allen anderen Dingen –, mehr als eine »Beschränkung« bedeuten; es kann sich vernichtend auswirken.
Ich kann mir nichts Traurigeres denken als einen Mann oder eine Frau, die das Gefühl haben, manches gerne erleben zu wollen, sich dann aber zurückhalten, weil sie meinen, daß das, wovon sie träumen oder was sie sich in ihrer Phantasie ausmalen, die »Anstandsregeln« verletzten würde!
Bedenke, es handelt sich nicht um etwas, das sie an sich nicht tun würden – es ist nur etwas, das gegen den »Anstand« verstößt.
Tu nie, nie, nie etwas nicht, weil es vielleicht die Anstandsregeln von irgend jemand anderem verletzen könnte, und dies gilt nicht nur für die Sexualität, sondern für alles im Leben. Wenn ich einen Aufkleber an meinem Auto hätte, würde darauf stehen:
VERLETZT DEN ANSTAND
Und ganz sicher würde ich einen solchen Spruch in jedem Schlafzimmer anbringen.
Aber unser Gefühl für das, was »richtig« und »falsch« ist, hält unsere Gesellschaft zusammen. Wie können wir zusammenleben, wenn darüber keine Übereinkunft besteht?
» A NSTAND« HAT NICHTS mit euren relativen Wertvorstellungen von »richtig« oder »falsch« zu tun. Ihr mögt euch alle einig sein, daß es »falsch« ist, einen Menschen umzubringen, aber ist es »falsch«, nackt im Regen herumzulaufen? Ihr mögt euch alle einig sein, daß es »falsch« ist, dem Nachbarn die Frau auszuspannen, aber ist es »falsch«, deine eigene Frau in bestimmter köstlicher Weise zu lieben oder von ihr geliebt zu werden?
»Anstand« bezieht sich selten auf gesetzliche Einschränkungen, sondern viel häufiger auf einfachere Dinge in bezug auf das, was als »schicklich« erachtet wird.
»Schickliches« Verhalten ist nicht immer das Verhalten, das euren eigenen besten Interessen dienlich ist. Und es ist selten ein Verhalten,
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