Gespräche mit Gott - Band 2
können wir keine Wut empfinden, wenn unsere Liebsten grundlos sterben?
Du sprichst so poetisch, aber ist Poesie von praktischer Bedeutung? Hat sie der Mutter in Äthiopien etwas zu sagen, die ihr ausgemergeltes Kind sterben sieht, weil es keine einzige Scheibe Brot gibt? Dem Mann in Mittelamerika, dem eine Kugel den Körper zerfetzt, weil er versucht, eine Armee vom Überfall auf sein Dorf abzuhalten? Und was sagt deine Poesie der Frau in Brooklyn, die von einer Bande achtmal vergewaltigt wird? Oder der sechsköpfigen Familie in Irland, die von einer Bombe weggeblasen wird, die Terroristen an einem Sonntagmorgen in einer Kirche versteckt haben?
E S TUT WEH, das zu hören, aber ich sage dir dies: In allem ist Vollkommenheit. Trachte danach, die Vollkommenheit zu erkennen. Das ist der Bewußtseinswandel, von dem ich spreche. Brauche nichts. Wünsche alles. Wähle, was sich zeigt.
Spüre deine Gefühle. Weine dein Weinen. Lache dein Lachen. Achte deine Wahrheit. Doch wenn sich alle Emotionen erschöpft haben, sei still und wisse, daß ich Gott bin.
Mit anderen Worten, sieh inmitten der Tragödie die Herrlichkeit des Prozesses. Auch wenn du mit einer Kugel in deiner Brust stirbst, auch wenn du von einer Bande vergewaltigt wirst.
Das scheint schier unmöglich zu sein. Doch wenn du dich ins Gottesbewußtsein begibst, ist es dir möglich.
Du mußt es natürlich nicht tun. Das hängt davon ab, wie du den Augenblick zu erleben wünschst.
In einem Moment der großen Tragödie besteht die Herausforderung immer darin, daß du den Geist zur Ruhe bringst und dich tief ins Innere deiner Seele begibst.
Du tust es automatisch, wenn du keine Kontrolle darüber hast.
Hast du dich jemals mit einer Person unterhalten, die mit ihrem Wagen von einer Brücke fiel? Oder die sich einem Gewehrlauf gegenübersah? Oder die beinahe ertrunken wäre. Oft erzählen diese Menschen, daß sich die Zeit überaus verlangsamte, daß sie eine merkwürdige Ruhe überkam, daß sie überhaupt keine Angst hatten.
»Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir.« Dies hat die Poesie einem Menschen zu sagen, der sich einer Tragödie gegenübersieht. In deiner dunkelsten Stunde werde ich dein Licht sei. In deinem schwärzesten Augenblick werde ich dein Trost sein. In deiner schwierigsten und kritischsten Zeit werde ich deine Kraft und Stärke sein. Deshalb habe Vertrauen! Denn ich bin dein Hirte, – dir wird nichts mangeln. Ich laß dich lagern auf grünen Auen; ich führe dich zum frischen Wasser.
Ich erquicke deine Seele und führe dich auf rechten Pfaden um meines Namens willen.
Und ob du schon wandertest im finsteren Tal, du wirst kein Unheil fürchten, – denn ich bin bei dir. Mein Stecken und Stab werden dir Zuversicht geben.
Ich bereite dir einen Tisch im Angesicht deiner Feinde. Ich salbe dein Haupt mit Öl. Ich fülle dir reichlich den Becher.
Gutes und Barmherzigkeit werden dir folgen dein Leben lang, und du wirst wohnen in meinem Haus – und in meinem Herzen – immerdar.
12
Das ist wunderbar. Was du da gesagt hast, ist wunderbar.
Ich wollte, die Welt würde das begreifen. Ich wollte, die Welt könnte es verstehen, könnte es glauben.
D IESES BUCH WIRD dabei helfen. Du hilfst dabei. Du spielst also eine Rolle, tust deinen Teil zur Hebung des kollektiven Bewußtseins. Das ist es, was alle tun müssen.
Ja. Können wir nun zu einem neuen Thema übergehen? Ich halte es für wichtig, daß wir über die Einstellung reden – die Vorstellung von Dingen –, auf die du, wie du vor einer Weile sagtest, ausführlich eingehen wolltest.
Ich meine hier die Einstellung vieler Leute, die meinen, daß den Armen genug gegeben wurde; daß wir aufhören müssen, die Reichen zu besteuern, das heißt, sie im Endeffekt dafür zu bestrafen, daß sie hart arbeiten und »es schaffen«, nur um den Armen noch mehr geben zu können.
Diese Leute glauben, daß die Armen im Grunde arm sind, weil sie es so wollen. Viele unternehmen nicht einmal den Versuch, da rauszukommen. Sie saugen lieber an den Brustwarzen des Staates, als daß sie die Verantwortung für sich selbst übernehmen.
Viele Leute glauben, daß eine Umverteilung des Reichtums – ein gemeinsames Nutzen des Reichtums – ein sozialistisches Übel ist. Sie zitieren das Kommunistische Manifest mit seiner Forderung, sich nicht an den Fähigkeiten, sondern an den Bedürfnissen des einzelnen zu orientieren, als Beweis für den satanischen Ursprung des Gedankens, daß die Grundlagen für ein
Weitere Kostenlose Bücher