Gespräche mit Gott - Band 3
noch.«
Die Leute werden immer an die Hölle glauben und an einen Gott, der sie dahin schickt, solange sie glauben, daß Gott wie der Mensch ist – grausam, egoistisch, unbarmherzig und rachsüchtig.
In der Vergangenheit konnten sich die meisten Menschen keinen Gott vorstellen, der sich über all das zu erheben vermochte. Deshalb akzeptierten sie es, wenn die Kirchen sie lehrten, »die schreckliche Rache Gottes zu fürchten«.
Es war, als könnten sie nicht darauf vertrauen, daß sie von sich aus, aus ihrer eigenen Natur heraus gut waren und entsprechend handelten. Also mußten sie, um sich selbst im Zaum zu halten, eine Religion erschaffen, die die Lehre von einem zornigen, rachedurstigen Gott verkündete.
Da streute der Reinkarnationsgedanke Sand ins Getriebe.
Wie das? Warum war er so bedrohlich?
D IE KIRCHE VERKÜNDETE, daß ihr euch besser anständig benehmen solltet, denn sonst … Und da kamen die Vertreter der Reinkarnationslehre daher und sagten: »Ihr habt danach noch eine Chance und danach noch eine. Und dann immer noch weitere Chancen. Also macht euch keine Sorgen. Macht es so gut, wie ihr könnt. Seid nicht vor Furcht so gelähmt, daß ihr euch überhaupt nicht mehr rühren könnt. Versprecht euch selbst, es besser zu machen, und geht eurer Wege.«
Natürlich konnte das die frühe Kirche nicht billigen. Also tat sie zwei Dinge: Erst erklärte sie die Reinkarnationslehre zur Ketzerei und führte dann das Sakrament der Beichte ein. Die Beichte konnte dem Kirchgänger geben, was die Reinkarnationslehre versprach, nämlich eine weitere Chance.
Der Mensch wurde also von Gott für seine Sünden bestraft, es sei denn, er beichtete sie. Nach der Beichte konnte er sich sicher sein, daß Gott ihm vergeben hatte.
J A. ALLERDINGS GAB es da einen Haken. Diese Absolution konnte nicht direkt von Gott kommen. Sie mußte den Weg über die Kirche nehmen, deren Priester die fällige »Buße« auferlegten. Im allgemeinen wurden vom Sünder Gebete verlangt. Das waren für die Menschen wichtige Gründe, ihre Kirchenmitgliedschaft aufrechtzuerhalten.
Die Kirche merkte, daß die Beichte eine große Zugnummer war, und so erklärte sie es bald zur Sünde, wenn man nicht zur Beichte ging. Jedermann hatte wenigstens einmal im Jahr zu beichten. Tat er es nicht, lieferte das Gott einen weiteren Grund, zornig zu sein.
Die Kirche stellte immer mehr und mehr Regeln auf – viele davon völlig willkürlich und aus einer Laune heraus –, und eine jede hatte die geballte Kraft von Gottes ewiger Verdammnis als Rückendeckung, es sei denn natürlich, das Vergehen wurde gebeichtet. Dann wurde dem Sünder von Gott vergeben, und er entkam der Verdammnis.
Doch nun gab es ein anderes Problem. Die Leute kamen zum Schluß, daß sie alles tun konnten, solange sie es nur beichteten. Die Kirche geriet in ein Dilemma. Die Furcht war aus den Herzen der Menschen gewichen. Die Zahl der Kirchgänger und Kirchenmitglieder schrumpfte. Die Leute kamen einmal im Jahr zur Beichte, sagten ihre Bußgebete auf, wurden von ihren Sünden losgesprochen und wandten sich wieder dem Leben zu. Also mußte ein Weg gefunden werden, die Angst wieder in ihre Herzen zu bringen. Und so erfand man das Fegefeuer.
Fegefeuer?
F EGEFEUER. MAN BESCHRIEB es als einen höllenähnlichen Ort, an dem man sich jedoch nicht ewig aufhielt. Diese neue Lehre besagte, daß Gott den Menschen für seine Sünden leiden ließ, auch wenn er sie gebeichtet hatte.
Dieser Lehre zufolge verhängte Gott ein gewisses Maß an Leiden über jede unvollkommene Seele, je nach Anzahl und Art der von ihr begangenen Sünden, wobei es da die »Todsünden« und die »läßlichen« Sünden gab. Todsünden, waren sie nicht vor dem Tod gebeichtet worden, schickten die Seele schnurstracks in die Hölle.
Die Zahl der Kirchgänger schoß wieder in die Höhe. Auch die Einnahmen aus der Kollekte und vor allem aus dem Ablaßhandel waren hoch – denn die Lehre vom Fegefeuer beinhaltete auch die Möglichkeit, sich vom Leiden freizukaufen.
Wie bitte?
G EMÄSS DER KIRCHENLEHRE konnte man einen besonderen Ablaß erhalten – doch auch hier wieder nicht direkt von Gott, sondern von einem Amtsträger der Kirche. Diese besonderen Ablässe befreiten einen – zumindest teilweise – vom Leiden im Fegefeuer, das man sich durch seine Sünden »verdient« hatte.
So etwas wie die »vorzeitige Entlassung wegen guter Führung«?
J A. ABER DIESE Vergünstigungen wurden natürlich nur wenigen zuteil. Im allgemeinen
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