Geständnis auf der Hochzeitsreise
Rang oder Reichtum zu kümmern. So saß Darleston Ende Mai in seinem Arbeitszimmer und überflog die Berichte seines Verwalters, als sein Butler den Raum betrat.
Er hob den Kopf. „Ja, Meadows? Was gibt es?“
Der Bedienstete räusperte sich. „Ich bedaure, Sie stören zu müssen, Mylord, aber draußen ist ein Individuum, das Sie zu sehen verlangt. Ich kenne meine Pflichten und hätte ihn hinausgeworfen, aber er scheint Ihretwegen ernsthaft in Sorge, Mylord, und will keinem von uns eine Nachricht anvertrauen. Nicht einmal seinen Namen!“
Darleston war verblüfft. „Gütiger Himmel! Das klingt ja äußerst melodramatisch. Schicken Sie diese mysteriöse Person herein.“
Er musste nicht lange warten, dann stand ein respektabel gekleideter Mann um die vierzig vor ihm. „Guten Abend, Mr. …“, wollte Darleston ihn begrüßen.
„Wenn es Euer Lordschaft nichts ausmacht, dann würde ich Namen lieber beiseite lassen. Ich will nur sagen, dass ich bei der Gazette als Redakteur beschäftigt bin. Vor ein paar Stunden hat einer meiner Jungs mir dies hier gebracht.“ Er hielt dem Earl einen Brief hin, dessen Siegel erbrochen war.
„Fahren Sie fort“, forderte Darleston ihn auf. „Ich versichere Sie meiner ungeteilten Aufmerksamkeit.“
„Nun, Mylord, der Bursche ist ganz gewitzt, und er sagte, die Dame, von der er die Nachricht erhielt, schien sehr aufgeregt und stellte seltsame Fragen wie zum Beispiel danach, ob wir die Richtigkeit unserer Meldungen überprüfen. Als wollte sie den Jungen warnen. Er war verunsichert und erzählte mir die Geschichte. Als ich das Schreiben las, dachte ich, ich komme her und überprüfe das Ganze bei Ihnen. Lesen Sie selbst, Mylord.“ Er reichte dem Earl das Kuvert über den Schreibtisch hinweg.
Darleston öffnete es und bemerkte sogleich den vertrauten Duft, der darin hing. Stirnrunzelnd las er die Zeilen. „Hat der Junge die Dame beschrieben?“
„Jawohl, Mylord. Er sagte, sie sei recht alt, vielleicht fünfzig oder sechzig. Einfach gekleidet. Sie gab ihm einen Shilling, den er nicht annehmen wollte, weil sie nicht so aussah, als ob sie viel Geld entbehren könnte. Aber sie war eine Dame, davon war er überzeugt.“
Darleston schwieg einen Moment lang, dann sagte er: „Ich bin Ihnen und dem Jungen sehr dankbar. Diese Anzeige wurde nicht von mir autorisiert, und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie vergessen, dass sie jemals auf Ihren Tisch kam.“
„Verzeihen Sie, Mylord, aber weder der Junge noch ich werden auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verlieren.“
„Gut! Ich weiß dies zu schätzen, und obwohl ich sehe, dass Sie ein Mann von Prinzipien sind und nicht wegen einer möglichen Belohnung gekommen, bin ich überzeugt, dass Sie etwas annehmen werden. Wenn nicht für sich selbst, dann für den Jungen.“ Indem er das sagte, griff Darleston in eine Schublade seines Schreibtischs und holte ein Bündel Papiergeld hervor. Er nahm ein paar Noten heraus und reichte sie dem Mann. „Wie ich sagte, Sie sind ein Ehrenmann. Gewiss werden Sie dies gerecht zwischen sich selbst und dem Jungen aufteilen.“
Der Mann errötete, als er die Scheine entgegennahm. „Es ist für den Jungen, Mylord. Nicht für mich, vielen Dank. Nun, ich werde jetzt gehen. Ich denke, Sie werden am besten wissen, was in dieser Angelegenheit zu tun ist. Ich – ich wünsche Ihnen Glück. Nein, läuten Sie nicht. Ihr Butler kann mich nicht leiden.“
Rasch entfernte er sich und ließ den zornigsten Mann von ganz London zurück.
Darleston ging zum Feuer und warf das Blatt Papier mit der Ankündigung seiner Verlobung mit Lady Caroline Daventry in die Flammen. Er sah einen Moment lang zu, wie es verbrannte, dann ging er zurück an seinen Schreibtisch. „Dem Himmel sei Dank für Lucy Jameson!“, sagte er zu sich selbst.
Er kritzelte rasch eine Notiz, dann läutete er. Als Meadows erschien, reichte er ihm das Blatt. „Lassen Sie dies umgehend Lady Daventry bringen. Das ist alles.“
Ohne ein Wort nahm Meadows das Schreiben und ging hinaus.
Kurz nach zehn am Abend verließ Darleston das Haus am Grosvenor Square. Seine Satinhose und der Überrock ließen darauf schließen, dass er zu einem Ball unterwegs war.
Ein Lakai eilte herbei und öffnete den Schlag der in der Auffahrt wartenden Kutsche. Darleston dankte mit einem kurzen Nicken, während der Bedienstete sich fragte, was geschehen sein mochte, dass Seine Lordschaft so schlechter Laune war. Behutsam schloss er die Tür. Was immer seinen
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