Gestaendnis im Palazzo der Traeume
abscheulich“, erwiderte sie und versuchte, ihn wegzuschieben. Mochte sie ihn auch noch so sehr verachten, es machte sie doch nervös, ihm so nahe zu sein, denn Max hatte in den vergangenen Jahren nichts von seiner männlichen Anziehungskraft verloren. In diesem Punkt hatte sich anscheinend nichts verändert, seit sie ihm das erste Mal begegnet war, und Sophie hasste es, dass sie sich in seiner Gegenwart so machtlos fühlte.
„Mag sein“, bemerkte er ungerührt, wobei seine Lippen ihr Haar berührten. „Aber du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“
„Sie verdient keine Antwort.“ Als Sophie ihn ansah, spiegelte sich in ihren grünen Augen Angst und Zorn –Zorn auf ihre eigene Schwäche genauso sehr wie auf Max. „Ich weiß nicht, warum du mich überhaupt zum Tanzen aufgefordert hast, nachdem du doch bei unserem Abschied gesagt hast, du wolltest mich nie wiedersehen. Genauso wenig weiß ich, warum ich mich durch meine guten Manieren habe verleiten lassen einzuwilligen, obwohl dein Benehmen dermaßen zu wünschen übrig lässt!“ Schlimm genug, dass Max sie für fähig hielt, eine Affäre mit Abe zu haben, aber es war der Gipfel, dass er ihr auch noch vorschlug, sie solle ihren Liebhaber austauschen!
„Was hast du doch für eine spitze Zunge entwickelt, meine liebe Sophie! Und dabei wollte ich nur höflich sein“, entgegnete er glatt. „Ich mag ja nicht ganz so reich sein wie Abe, aber ich kann dir sehr wohl den Luxus bieten, den du gewohnt bist. Dieses Kleid ist, wie ich sehe, von Dior, aber dein Liebhaber ist trotzdem knauserig. Als meine Geliebte würdest du Diamanten und keinen Strass tragen“, fügte er spöttisch hinzu.
„Wie kannst du es wagen!“ Sophie verstummte. Sie hatte es nicht nötig, sich das bieten zu lassen, denn sie war keine naive Neunzehnjährige mehr, auch wenn ihr verräterischer Körper immer noch nicht immun gegen diesen Mann war. Entschlossen versuchte sie, sich aus seinem Griff zu winden.
„Lass das“, warnte Max sie, wobei er sie fest an sich presste. „Ich würde es vorziehen, wenn wir zu einer Übereinkunft kämen, ohne das Interesse der anwesenden Gäste zu erregen.“
„Zu einer Übereinkunft? Wovon redest du da?“, fragte Sophie entgeistert. Da die Musik in diesem Moment ausklang, legte sie unwillkürlich beide Hände auf Max’ breite Brust, um ihn von sich zu schieben. Doch er hielt sie unnachgiebig fest.
Im nächsten Moment bemerkte sie ein zorniges Aufblitzen in seinen dunklen Augen und sah, wie er sich langsam herabbeugte. Nein, niemals wird er es wagen, mich in aller Öffentlichkeit zu küssen, dachte sie entsetzt, da tat er es auch schon. Sophie war zu überrascht, um sich zu wehren. Der kurze fordernde Kuss genügte, um sie gänzlich ihrer mühsam errungenen Fassung zu berauben. All die Gefühle, die sie zu leugnen versucht hatte, seit sie Max wiedergesehen hatte, stürmten auf sie ein, und als Max sich endlich von ihren Lippen löste, war sie sich außerdem der demütigenden Tatsache bewusst, dass es so ausgesehen haben musste, als hätte sie diesen Kuss gewollt.
„Lieber Himmel, du hast wirklich überhaupt keine Skrupel, du Schuft!“, flüsterte sie wütend.
„Was dich betrifft, nicht. Und Abe hat die Botschaft sicher verstanden. Vor ihm hast du mir gehört, und du wirst mir wieder gehören.“
„Hast du den Verstand verloren?“ Die Nachwirkungen des Kusses machten es ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. „Ich würde dich nicht geschenkt nehmen!“
„Oh doch, das wirst du. Deine Reaktion hat dich verraten.“ Langsam führte er sie an ihren Tisch zurück. „In Südamerika habe ich von einem Freund Lobeshymnen auf dich gehört. Anscheinend entwickelt sich deine Karriere steil nach oben. Du scheinst sehr gefragt zu sein –und nicht nur wegen deiner Sprachfertigkeit“, fügte er gehässig hinzu.
„Wer hat dir von mir erzählt?“ Warum überraschte es sie so? Natürlich verkehrte er in den gleichen Kreisen wie viele ihrer Klienten.
„Der Sohn des chilenischen Botschafters, übrigens ein fantastischer Polospieler, war völlig vernarrt in dich. Als du zu seinem letzten Meisterschaftsspiel gekommen bist, konnte er offensichtlich den Blick nicht von dir lassen, sodass er vom Pferd fiel und sich das Bein brach. Unnötig hinzuzufügen, dass du nicht an sein Krankenbett geeilt bist.“
Sophie erinnerte sich an den Vorfall und den damit zusammenhängenden Klatsch, der sie entsetzt hatte, weil sie den Mann kaum kannte. Scheinbar
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