Geständnis
ein
Durchkommen unmöglich. Die Fahrer waren ausgestiegen und hatten die
Köpfe unter die aufgestellten Motorhauben gesteckt. Hinter den drei
Autos standen drei weitere Fahrzeuge nebeneinander und blockierten
die Straße. Die Vans bewegten sich nicht von der Stelle; sie
schienen es nicht eilig zu haben. Hinter ihnen hielt auf der
rechten Fahrspur ein Auto. Die Fahrerin, eine junge Schwarze,
öffnete die Motorhaube, stieg aus und heuchelte Verzweiflung
darüber, dass ihr Nissan sie im Stich gelassen hatte. Bei einem VW
Käfer, der neben ihr auf der linken Spur hielt, ging wie auf
Kommando der Motor aus. Wieder wurde die Motorhaube aufgestellt.
Aus dem Nichts tauchten weitere Fahrzeuge auf, die sich hinter der
ersten Welle sammelten und die Straße, den Seitenstreifen sowie
sämtliche Ab- und Auffahrten blockierten. Nach wenigen Minuten war
ein Stau entstanden, in dem mindestens zwanzig Fahrzeuge
feststeckten. Die weißen Vans waren von defekten Autos und SUVs
umgeben, die mit hochgestellten Motorhauben auf der Straße standen,
während ihre Besitzer umherspazierten, redeten, lachten,
telefonierten. Einige Studenten gingen von Fahrzeug zu Fahrzeug und
sorgten dafür, dass der Motor nicht gestartet werden konnte, indem
sie die Zündkabel von den Verteilerkappen abzogen.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Polizei kam, in
Dutzenden Streifenwagen mit eingeschalteten Sirenen. Den
Streifenwagen folgte eine ganze Brigade von Abschleppwagen, die
innerhalb kürzester Zeit in Livingston organisiert worden waren.
Die Mitglieder von Operation Detour waren gut instruiert worden.
Alle Fahrer behaupteten steif und fest, dass sie eine Panne hätten,
was nach den Gesetzen des Staates Texas kein Vergehen war. Zwar
würde es mit Sicherheit Strafzettel wegen Verkehrsbehinderung
geben, doch die Organisatoren der Aktion hatten einen Anwalt
gefunden, der vor Gericht gehen würde, um sie anzufechten. Die
Polizeibeamten hatten nicht das Recht, den Fahrern den
Autoschlüssel abzunehmen und nach der Ursache der Panne zu suchen.
Und selbst wenn sie es versuchen würden, würde ihnen das nichts
nützen - die Autos ließen sich nicht starten. Den Studenten war
gesagt geworden, dass sie sich gegen eine Durchsuchung ihrer
Fahrzeuge wehren sollten, dass sie sich friedlich gegen jeden
Versuch einer Festnahme verwahren sollten, dass sie angesichts
einer drohenden Verhaftung mit rechtlichen Schritten drohen und es
als Ehre, ja als Auszeichnung im Kampf gegen das Unrecht ansehen
sollten, falls sie trotzdem festgenommen wurden. Operation Detour
hatte Kontakt zu Anwälten, die sich um solche Fälle kümmern würden.
Die Studenten waren begeistert von der Aussicht, im Gefängnis zu
landen. Für sie war das Ganze ein Akt des Widerstands, über den sie
noch Jahre später würden reden können.
Als die Streifenwagen und Abschleppfahrzeuge kreuz und quer in
der Nähe des Staus parkten und die ersten Verkehrspolizisten auf
die Studenten zukamen, lief die zweite Phase des Plans an. Eine
weitere Gruppe Studenten führ von Livingston aus mit ihren Autos
auf die Route 350 und näherte sich dem Chaos. Sie parkten in drei
Reihen zu dritt nebeneinander hinter den Abschleppwagen. Die
Motorhauben wurden geöffnet, es wurden noch mehr Pannen simuliert.
Da man damit rechnete, dass die Fahrer der Abschleppwagen wütend
werden und vielleicht mit Gewalt darauf reagieren würden, dass sie
eingekeilt waren, warteten die Fahrer der zweiten Welle mit
geschlossenen Fenstern und verriegelten Türen in ihren Fahrzeugen.
Die meisten Autos waren mit Studenten besetzt, und viele von ihnen
waren gesunde junge Männer, die sich nicht so schnell einschüchtern
ließen. Sie hatten nichts gegen eine Schlägerei. Und wütend waren
sie sowieso schon.
Der Fahrer eines Abschleppwagens ging auf das erste Auto zu,
das hinter ihm parkte. Als er sah, dass lauter Schwarze darin
saßen, begann er zu fluchen und Drohungen auszustoßen. Ein
Verkehrspolizist rief ihm zu, er solle den Mund halten. Der Beamte,
Sergeant Inman, hatte es mit einer höchst ungewöhnlichen Situation
zu tun, die bislang acht Streifenwagen, sieben Abschleppfahrzeuge,
mindestens dreißig „Pannenautos“ und zwei Vans des Gefängnisses
betraf, von denen einer einen Mann zu dessen Hinrichtung brachte.
Zu allem Übel gerieten nun auch die Einheimischen in den Stau, die
die Route 350 natürlich ebenfalls benutzten und noch nicht bemerkt
hatten, dass sie sich die falsche Zeit ausgesucht hatten, um von
einem Ort zum anderen zu
Weitere Kostenlose Bücher