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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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„Und ich habe auch nie an
dir gezweifelt.“
    „ Ich weiß. Wahrscheinlich werde ich Dad schon sehr bald
sehen.“
     
    Roberta nickte, konnte aber nicht antworten. Die Tür hinter
Donte öffnete sich, und ein groß gewachsener Wärter trat ein. Donte
hängte den Telefonhörer auf, erhob sich und legte beide Hände flach
an die Scheibe. Seine Familie tat das Gleiche. Eine letzte
„Umarmung“, dann verschwand er.
    Donte, jetzt wieder in Handschellen, wurde durch mehrere
Metalltüren aus dem Besucherbereich geführt und über eine von
Fußwegen durchzogene Rasenfläche in einen anderen Teil des Gebäudes
gebracht, wo man ihn zum letzten Mal in seine Zelle sperrte. Alles
geschah jetzt zum letzten Mal, und als er sich auf seine Matratze
setzte und den Pappkarton mit seinen Habseligkeiten anstarrte,
versuchte er, sich einzureden, dass es eine Erleichterung sein
würde, dem Ganzen zu entkommen.
    Seiner Familie wurde ein paar Minuten Zeit gelassen, um sich
zu sammeln. Als Ruth sie aus dem Anwaltszimmer führte, umarmte sie
sie. Dann sagte sie, es tue ihr leid, und sie bedankten sich bei
ihr dafür. Während Roberta und ihre Familie durch die Metalltür
gingen, fragte Ruth: „Wollen Sie jetzt nach Huntsville?“
    Ja, natürlich wollten sie jetzt nach Huntsville.
    „ Dann beeilen Sie sich lieber. Es heißt, dass es auf den
Straßen Ärger geben könnte.“
    Sie nickten, waren aber nicht sicher, wie sie reagieren
sollten. Nachdem sie durch die Sicherheitsschleuse am Eingang
gegangen waren, bekamen sie ihre Führerscheine und ihre Handtaschen
zurück und verließen Polunsky zum letzten Mal.
     
    Der von Ruth erwähnte „Ärger“ auf den Straßen war eine per
Facebook organisierte Aktion, die sich zwei schwarze Studenten der
Sam Houston State University in Huntsville ausgedacht hatten. Der
Codename lautete „Operation Detour“, und der Plan war so einfach
und brillant, dass Dutzende Freiwillige mitmachten.
    Im Jahr 2000, kurz nachdem Donte in den Todestrakt gekommen
war, wurden sämtliche Insassen von Huntsville nach Polunsky
verlegt. Die Häftlinge zogen um, die Todeskammer nicht. Sieben
Jahre und zweihundert Hinrichtungen lang mussten Todgeweihte von
Polunsky zu ihrer Hinrichtung nach Huntsville gebracht werden. Man
plante und benutzte aufwendige Transferrouten, doch nach einigen
Dutzend Überführungen ohne Hinterhalte, ohne heroische
Anstrengungen zur Rettung des jeweiligen Verurteilten, ohne jeden
Zwischenfall war klar, dass niemand diese Transporte beobachtete.
Niemand interessierte sich dafür. Die aufwendigen Pläne kamen in
die Schublade, und fortan wurde für jede Überführung dieselbe Route
verwendet. Abfahrt vom Gefängnis um dreizehn Uhr, links abbiegen
auf die 350, dann wieder links abbiegen auf die 190, eine
vierspurige, vielbefahrene Straße. Eine Stunde später war die Fahrt
vorbei.
    Die Häftlinge wurden hinten in einen nicht gekennzeichneten
Van gesetzt, zusammen mit so vielen Wärtern und Waffen, dass es
auch für den Präsidenten gereicht hätte, und obendrein von einem
identisch aussehenden Van begleitet, in dem eine zweite Gruppe
gelangweilter Wachleute darauf wartete, dass endlich einmal etwas
Aufregendes passierte.
    Die letzte Hinrichtung hatte am 15. September stattgefunden,
als Michael Richard die Todesspritze erhalten hatte. Zehn
Studenten, alle Mitglieder von Operation Detour, fanden mit Hilfe
von fünf Fahrzeugen und jeder Menge Mobiltelefone heraus, welche
Route die beiden weißen Vans von Polunsky nach Huntsville nahmen.
Die Studenten wurden nicht bemerkt. Niemand schöpfte Verdacht.
Niemand hielt nach ihnen Ausschau. Anfang November war der Plan
fertig, und die Teilnehmer an der Aktion brannten darauf, ihn in
die Tat umzusetzen.
    Um 12.50 Uhr gab einer der Gefängniswärter, ein junger
Schwarzer, dem Donte sympathisch war, einem Mitglied von Operation
Detour einen Tipp. Die beiden weißen Vans wurden gerade beladen,
die Überführung hatte begonnen. Um dreizehn Uhr verließen sie über
eine Anliegerstraße in der Nähe des Hochsicherheitstraktes das
Gefängnis. Sie bogen auf die Route 350 ab und fuhren in Richtung
Livingston. Es herrschte nur wenig Verkehr. Drei Kilometer vom
Gefängnis entfernt wurde er dichter, dann stockte er, und
schließlich standen die Vans im Stau. Vor ihnen war auf der rechten
Fahrspur ein Auto liegengeblieben. Merkwürdig war, dass auf der
linken Fahrspur ein zweites Auto liegengeblieben war, und auf dem
Seitenstreifen ein drittes. Die drei Fahrzeuge machten

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