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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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erneut die Hände, wie zum Gebet. „Dann würden die
Synodalvorschriften die Einleitung eines Disziplinarverfahrens
erforderlich machen. Sie verstehen doch sicher, dass dies bei einer
strafrechtlichen Verurteilung unumgänglich ist. Wir können nicht
zulassen, dass unsere Geistlichen mit Anwalt vor Gericht gehen,
sich vor dem Richter schuldig bekennen und verurteilt werden, was
für die Medien ein gefundenes Fressen wäre. Besonders in einem Fall
wie diesem. Denken Sie an die Kirche!“
    „ Was wäre meine Strafe?“
    „ Es ist noch zu früh, dazu etwas zu sagen, lieber Reverend
Schroeder. Ich wollte nur ein erstes Gespräch mit Ihnen
führen.“
    „ Nur damit wir uns nicht missverstehen: Es besteht also die
Möglichkeit, dass gegen mich eine Disziplinarstrafe verhängt wird,
dass ich suspendiert, beurlaubt, vielleicht sogar aus dem
Kirchendienst entfernt werde, und alles wegen einer Sache, die Sie
für bewundernswert halten und auf die die Kirche sehr stolz ist.
Richtig?“
    „ Richtig, aber lassen Sie uns nichts überstürzen. Wenn es keine
Strafverfolgung gibt, löst sich das Problem von selbst.“
    „ Und wenn sie nicht gestorben sind ...“
    „ So in der Art. Halten Sie uns einfach auf dem Laufenden. Uns
ist es lieber, wenn wir unsere Informationen von Ihnen bekommen und
nicht aus der Zeitung.“
    Keith nickte, war aber mit den Gedanken schon nicht mehr bei
der Sache.
     
    Der Unterricht an der Highschool begann am Donnerstagmorgen
ohne Zwischenfälle. Bei ihrem Eintreffen wurden die Schüler von der
Footballmannschaft in Empfang genommen,
    die erneut ihre Heimtrikots trug. Trainer und Cheerleader
standen ebenfalls am Haupteingang, lächelten, schüttelten den
Schülern die Hände und versuchten, versöhnliche Stimmung zu
verbreiten. Drinnen in der Eingangshalle unterhielten sich Roberta,
Cedric, Marvin und Andrea mit Lehrern und Schülern.
     
    Nicole Yarber wurde am Donnerstagnachmittag um sechzehn Uhr im
engsten Kreis beigesetzt, genau eine Woche nach der Hinrichtung von
Donte Drumm. Es gab keinen offiziellen Trauer- oder
Gedenkgottesdienst, Reeva fühlte sich dem einfach nicht gewachsen.
Zwei enge Freunde hatten ihr zu verstehen gegeben, kaum jemand
werde zu einer großen, pompösen Feier kommen, sofern keine Reporter
zugelassen waren. Außerdem hatte die First-Baptist-Kirche keine
Kirche mehr, und Reeva hatte keine Lust, bei einer anderen
Glaubensgemeinschaft Unterschlupf zu suchen.
    Die starke Polizeipräsenz sorgte dafür, dass die Kameras
fernblieben. Reeva hatte von diesen Leuten die Nase voll. Zum
ersten Mal in neun Jahren scheute sie die Öffentlichkeit. Sie und
Wallis luden an die hundert Angehörige und Freunde ein, die
praktisch alle kamen. Es klafften ein paar auffällige Lücken.
Nicoles Vater war nicht eingeladen, weil er sich die Hinrichtung
nicht angesehen hatte, obwohl sich Reeva im Nachhinein eingestehen
musste, dass sie selbst lieber auch nicht dabei gewesen wäre.
Reevas Leben war sehr kompliziert geworden, und im Augenblick
schien es ihr richtig, Cliff Yarber nicht einzuladen. Später sollte
sie das bereuen. Dass sie Drew Kerber und Paul Koffee
ausgeschlossen hatte, tat ihr nicht leid, weil sie die beiden
mittlerweile zutiefst verabscheute. Sie hatten sie in die Irre
geführt, sie verraten und so tief verletzt, dass sie sich nie davon
erholen würde.
    Als Architekten des Fehlurteils hatten Kerber und Koffee eine
lange Liste von Opfern auf dem Gewissen, die ständig länger wurde.
Reeva und ihre Familie gehörten nun auch dazu.
    Bruder Ronnie, der von Reeva ebenso genug hatte wie von den
Medien, leitete die Versammlung dem Anlass entsprechend mit ruhiger
Würde. Während er aus der Bibel zitierte und las, fielen ihm die
verblüfften und geschockten Gesichter der Anwesenden auf. Sie waren
ausnahmslos weiß, und alle waren felsenfest davon überzeugt
gewesen, dass die sterblichen Überreste in dem Bronzesarg vor ihnen
schon vor Jahren vom Red River davongetragen worden waren. Falls
einer von ihnen auch nur das geringste Mitgefühl für Donte und
seine Familie empfunden hatte, hatte der Pastor nichts davon
bemerkt. Sie hatten die Vorstellung von Vergeltung und Hinrichtung
genauso genossen wie er selbst. Bruder Ronnie versuchte, seinen
Frieden mit Gott zu schließen und Vergebung zu finden. Er fragte
sich, wie vielen der Anwesenden es ebenso ging. Aber er wollte
niemanden - und schon gar nicht Reeva - verletzen und hielt sich
deshalb zurück. Obwohl er Nicole nicht gekannt hatte, gelang

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