Geständnis
Können wir ihm anbieten, vorzeitig in Rente zu
gehen?“
„ Der ist erst seit sechzehn Jahren hier. Hat also keinen
Anspruch.“
„ Bei der Polizei kann er nicht bleiben.“
„ Und wenn wir ihn ein oder zwei Jahre lang als Parkwächter
einsetzen?“
„ Damit würden wir ignorieren, was er sich in der Drumm-Sache
geleistet hat.“
„ Stimmt. Der Kerl muss weg.“
„ Wenn ich Sie richtig verstehe, will die Stadt die in der Klage
erhobenen Vorwürfe bestreiten. Wollen wir ernsthaft jede
Verantwortung ablehnen?“
„ Zumindest anfänglich, sagen die Anwälte von unserer
Versicherung.“
„ Dann weg mit denen. Suchen wir uns Anwälte, die was im Kopf
haben.“
„ Wir müssen zugeben, dass sich unsere Polizei falsch verhalten
hat, und uns um einen Vergleich bemühen. Je eher, desto
besser.“
„ Woher wollen Sie wissen, dass tatsächlich ein Fehlverhalten
unserer Polizei vorliegt?“
„ Lesen Sie Zeitung? Besitzen Sie einen Fernseher?“
„ So klar ist die Sache für mich nicht.“
„ Weil Sie wie immer den Wald vor lauter Bäumen nicht
sehen.“
„ Das ist eine Beleidigung!“
„ Na und? Wenn Sie meinen, die Stadt soll die Ansprüche der
Familie Drumm abweisen, sind Sie unfähig und treten am besten
zurück.“
„ Vielleicht trete ich sowieso zurück.“
„ Gute Idee. Nehmen Sie Drew Kerber gleich mit.“
„ Kerber hat eine lange Vorgeschichte von Fehlverhalten. Der
Mann hätte nie eingestellt werden dürfen, zumindest hätte er schon
vor Jahren gefeuert werden müssen. Die Stadt ist schuld daran, dass
er noch da ist, und das wird vor Gericht ans Licht kommen,
stimmt's?“
„ Und ob.“
„ Gericht? Will wirklich irgendwer, dass diese Sache vor Gericht
landet? Wenn ja, empfehle ich einen Intelligenztest.“
Die Debatte tobte zwei Stunden lang und geriet völlig außer
Kontrolle. Gelegentlich schienen alle gleichzeitig zu reden. Es gab
Drohungen, Beleidigungen, Schimpfwörter, immer neue Kehrtwendungen,
aber keine Einigung, obwohl die allgemeine Meinung war, die Stadt
solle alles tun, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Schließlich kam es zur Abstimmung: Drei waren für eine
fristlose Kündigung von Kerber, drei wollten abwarten. Die
entscheidende Stimme war die des Bürgermeisters, der sich für die
Kündigung aussprach. An dem Marathonverhör, an dessen Ende das
verhängnisvolle Geständnis gestanden hatte, waren auch die
Detectives Jim Morrissey und Nick Needham beteiligt gewesen, aber
beide hatten Slone inzwischen verlassen und waren nun in größeren
Städten bei der Polizei. Polizeichef Joe Radford war neun Jahre
zuvor stellvertretender Polizeichef gewesen und hatte in dieser
Funktion praktisch nichts mit dem Yarber-Fall zu tun gehabt. Es
wurde ein Antrag gestellt, ihn ebenfalls zu entlassen, dieser
scheiterte jedoch mangels Unterstützung.
Dann kam Mr. Varner auf den Tränengasangriff im Civitan Park
am Donnerstagabend zu sprechen und verlangte, die Stadt solle den
Einsatz von Tränengas verurteilen. Nach einer weiteren Stunde
hitziger Debatten wurde beschlossen, die Diskussion zu
vertagen.
Spät am Mittwochabend waren die Straßen leer und still. Nach
einer Woche der Versammlungen, Proteste, Partys und manchmal auch
Straftaten waren die Demonstranten, Protestierenden,
Guerillakämpfer, Krieger - wie auch immer sie sich nennen mochten -
erschöpft. Selbst wenn sie die ganze Stadt niederbrannten und ein
Jahr lang für Aufruhr sorgten, würde Donte immer noch friedlich auf
dem Greenwood Cemetery ruhen. Einige wenige versammelten sich im
Washington Park, um Musik zu hören und Bier zu trinken, aber selbst
die hatten keine Lust mehr, Steine zu werfen und die Polizei zu
beschimpfen.
Um Mitternacht kam der Befehl. Die Nationalgarde zog sich
schnell und unauffällig aus Slone zurück.
Chapter
41
Die Vorladung vom Bischof traf früh am Donnerstagmorgen per
E-Mail ein und wurde in einem kurzen Telefongespräch bestätigt, bei
dem nichts Wesentliches besprochen wurde. Um neun Uhr waren Keith
und Dana wieder unterwegs, diesmal in südwestlicher Richtung auf
der Interstate 35 nach Wichita. Als er so am Steuer saß, fühlte
sich Keith daran erinnert, wie er vor nur einer Woche dieselbe
Strecke gefahren war: dasselbe Auto, derselbe Radiosender, aber ein
völlig anderer Beifahrer. Es war ihm schließlich doch noch
gelungen, Dana davon zu überzeugen, dass Boyette verrückt genug
war, ihr aufzulauern. Der Mann war unzählige Male verhaftet worden,
also nicht der
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