Geständnis
am Dampfen. Einmal
darf man hier schon Mist bauen. Aber wenn er die ganze Nacht
wegbleibt, werden sie vermutlich seine Bewährung aufheben und ihn
wieder in den Knast schicken. Hier geht es ziemlich streng zu. Was
hat Boyette eigentlich vor?“
„ Schwer zu sagen. Mit der Wahrheit nimmt er es nicht so
genau.“
„ Das habe ich auch schon gehört. Ich hab Ihre Nummer. Wenn er
noch auftaucht, rufe ich Sie an.“
„ Danke.“ Keith drückte sich noch eine halbe Stunde im Anchor
House herum, dann führ er nach Hause. Dana wärmte eine Lasagne auf,
die sie vor dem Fernseher auf dem Sofa aßen. Die Jungs schliefen
schon. Am Fernseher war die Lautstärke abgedreht. Sie sagten nicht
viel. Travis Boyette zehrte jetzt seit fast drei Tagen an ihren
Nerven, und sie hatten genug von ihm.
Nach Einbruch der Dunkelheit stellte sich heraus, dass keiner
den Bahnhof verlassen wollte. Es gab nicht mehr viel zu tun, und um
diese Zeit würde auch nichts mehr hereinkommen, das Donte Drumm
helfen konnte. Der Texas Court of Criminal Appeals hatte noch nicht
über den Antrag auf Unzurechnungsfähigkeit entschieden. Fred Pryor
war in Houston geblieben, weil er hoffte, Joey Gamble noch einmal
auf ein oder zwei Drinks einladen zu können, was aber kaum Aussicht
auf Erfolg hatte. Es war gut möglich, dass dies die letzte Nacht im
Leben von Donte Drumm war. Die Mitglieder seines Anwaltsteams
mussten sich gegenseitig trösten.
Carlos wurde losgeschickt, um Pizza und Bier zu holen, und
nachdem er zurückgekommen war, aßen sie alle zusammen am Tisch im
Besprechungsraum. Als Ollie dazukam, fingen sie an, Poker zu
spielen. Ollie Tufton war einer der wenigen schwarzen Anwälte in
Slone und ein enger Freund von Robbie. Er war so rund wie eine
Bowlingkugel und behauptete von sich, hundertachtzig Kilo zu
wiegen, wobei nicht klar war, weshalb er so stolz darauf war. Ollie
war laut, lustig und hatte ständig Appetit - auf Essen, Whiskey,
Poker und leider auch auf Kokain. Robbie hatte ihn schon zweimal
davor bewahrt, seine Zulassung als Anwalt zu verlieren. Hin und
wieder verdiente er sich etwas Geld mit Autounfällen, doch es war
immer im Handumdrehen wieder weg. Ollie sorgte dafür, dass der
Lärmpegel im Raum gewaltig anschwoll. Er übernahm sofort die
Leitung des Pokerspiels, bestimmte Carlos zum Geber, legte die
Regeln fest und erzählte seine neuesten schmutzigen Witze, während
er gleichzeitig ein Bier trank und den Rest der kalten Pizza
hinunterschlang. Die Spieler waren Martha Handler, die fast immer
gewann, Bonnie, die Anwaltsassistentin, Kristi Hinze, die immer
noch Angst vor dem Spiel und noch mehr Angst vor Ollie hatte, und
ein in Teilzeit beschäftigter Privatdetektiv/Laufbursche namens Ben
Shoots.
Shoots hatte eine Pistole in seiner Jacke, die an der Wand
hing. In Robbies Büro standen zwei geladene Gewehre. Aaron Rey war
sowieso immer bewaffnet. Er ging von Raum zu Raum und behielt die
Fenster und den Parkplatz im Auge. Die Kanzlei hatte tagsüber
mehrere Drohanrufe erhalten, und alle waren in
Alarmbereitschaft.
Robbie nahm ein Bier mit in sein Büro, ließ die Tür offen und
rief DeDe an, seine Lebensgefährtin. Sie war gerade beim Yoga und
machte sich über die bevorstehende Hinrichtung keine Gedanken. Die
beiden waren seit drei Jahren zusammen, und Robbie war inzwischen
schon fast der Meinung, dass ihre Beziehung eine Chance hatte. Sie
hatte so gut wie kein Interesse an dem, was er in der Kanzlei tat,
was er für einen Vorteil hielt. Auf der Suche nach der wahren Liebe
war er mit vielen Frauen zusammen gewesen, die einfach nicht
akzeptieren wollten, dass das Leben mit ihm so ablief, wie er sich
das vorstellte. Seine aktuelle Freundin hatte eigene Interessen,
und ihr gemeinsamer Nenner war Sex. DeDe war zwanzig Jahre jünger
als Robbie, und er war immer noch bis über beide Ohren in sie
verliebt.
Robbie rief einen Reporter in Austin an, sagte aber nichts,
was zitierfähig gewesen wäre. Dann rief er Richter Elias Henry an
und bedankte sich dafür, dass dieser mit dem Gouverneur telefoniert
hatte. Sie wünschten einander alles Gute. Beide wussten, dass die
nächsten vierundzwanzig Stunden in die Geschichte eingehen würden.
Die Wanduhr schien um zehn nach neun stehengeblieben zu sein.
Robbie würde sich zeitlebens daran erinnern, dass es 21.10 Uhr
gewesen war, als Aaron Rey in sein Büro kam und sagte: „Die
First-Baptist-Kirche brennt.“
Die Schlacht von Slone hatte begonnen.
Chapter
15
Falls Keith schlief, war ihm
Weitere Kostenlose Bücher