Geständnis
an?“, erkundigte sich Newton.
„ Die üblichen Verdächtigen. Der Papst. Der französische
Präsident. Zwei Mitglieder des niederländischen Parlaments. Der
Premierminister von Kenia, Jimmy Carter, Amnesty International,
dieser Schwätzer aus Kalifornien, der in Washington die
Interessengruppe der Schwarzen im Parlament leitet. Eine Menge
Leute.“
„ Jemand dabei, der wichtig ist?“
„ Eigentlich nicht. Elias Henry, der Bezirksrichter in ehester
County, hat zweimal angerufen und eine E-Mail geschickt. Er ist für
einen Aufschub, sagt, er habe erhebliche Zweifel am Schuldspruch
der Geschworenen. Die übrigen Reaktionen aus Slone lassen
allerdings darauf schließen, dass die meisten für eine Hinrichtung
sind. Der Bürgermeister hat angerufen. Er befürchtet, dass es
morgen Abend Ärger in der Stadt geben könnte, sagt, dass er
vielleicht Hilfe brauchen wird.“
„ Die Nationalgarde?“, fragte Newton.
„ Davon gehe ich aus.“
„ Na großartig.“
Alle drei tranken einen Schluck Bourbon. Der Gouverneur sah
Barry an, der nicht nur sein Sprecher war, sondern auch sein
engster und einfallsreichster Berater. „Hast du einen
Plan?“
Barry hatte immer einen Plan. „Sicher, aber er ist noch nicht
ganz fertig. Die Demonstration morgen gefällt mir, und hoffentlich
ist Reverend Jeremiah Mays da und schürt kräftig das Feuer.
Menschenmassen. Jede Menge Schwarze. Die Lage ist angespannt, sehr
angespannt. Du stellst dich hinter das Podium, wirfst einen langen
Blick ins Publikum, redest über den geregelten Gang der Justiz in
diesem Staat, das Übliche eben, und dann, an Ort und Stelle, auf
der Treppe vor dem Gerichtsgebäude, vor all den Leuten, die dich
ausbuhen und auspfeifen und vielleicht ein paar Steine auf dich
werfen, lehnst du vor laufenden Kameras einen Aufschub der
Hinrichtung ab. Die Menge explodiert, du ergreifst die Flucht. Du
wirst Mut brauchen, aber es ist unbezahlbar.“
„ Genial“, sagte Newton.
Wayne lachte sogar.
Barry sprach weiter. „Drei Stunden später blasen sie ihm die
Lichter aus, aber auf den Titelseiten der Zeitungen wird bloß über
den Mob von wütenden Schwarzen berichtet werden. Nur damit das klar
ist: Du hast vier Prozent der schwarzen Stimmen, Gill. Vier
Prozent.“ Eine Pause, ein Schluck Bourbon, aber er war noch nicht
fertig. „Das mit der Nationalgarde gefällt mir auch. Am späten
Nachmittag, noch vor der Hinrichtung, hältst du eine kurze
Pressekonferenz ab und gibst bekannt, dass du die Nationalgarde
schickst, um den beginnenden Aufstand in Slone zu
ersticken.“
„ Wie sehen die Zahlen für Chester County aus?“
„ Du hast dort einundsiebzig Prozent, Gill. Sie sind begeistert
von dir. Du schickst die Nationalgarde und beschützt
sie.“
„ Aber ist die Nationalgarde denn tatsächlich notwendig?“,
fragte Wayne. „Wenn wir überreagieren, könnte das auch nach hinten
losgehen.“
„ Das können wir später auch noch entscheiden. Am besten warten
wir erst einmal ab und beobachten die Situation.“
„ So machen wir's“, sagte der Gouverneur. Die Entscheidung war
gefallen. „Könnte es ein, dass irgendein Gericht in letzter Minute
einen Aufschub anordnet?“
Wayne warf einige Dokumente auf den Schreibtisch des
Gouverneurs und sagte: „Das bezweifle ich. Drumms Anwälte haben
heute Morgen Rechtsmittel eingelegt. Sie behaupten, der Junge sei
verrückt geworden und begreife nicht, was ihm bevorstehe. Das ist
natürlich Schwachsinn. Ich habe vor einer Stunde mit Baker vom Büro
des Generalstaatsanwalts gesprochen, und er glaubt nicht, dass da
noch etwas kommt. Alle Ampeln stehen auf Grün.“
„ Dann dürfte ja alles glattgehen“, sagte der
Gouverneur.
Auf Reevas Vorschlag - oder besser gesagt auf ihr Drängen hin
- wurde die Gebetsstunde der First-Baptist-Kirche am Mittwoch
abgesagt. Das war bis jetzt nur dreimal in der Geschichte der
Kirche vorgekommen, einmal wegen eines Eissturms, einmal wegen
eines Tornados und einmal wegen eines Stromausfalls. Bruder Ronnie
brachte es nicht über sich, das Wort „abgesagt“ zu benutzen, daher
wurde die Gebetsstunde als „Mahnwache“ deklariert und an einen
anderen Ort verlegt. Das Wetter spielte mit. Am Himmel stand keine
Wolke, und es waren fast einundzwanzig Grad.
Sie trafen sich bei Sonnenuntergang in einem reservierten
Pavillon des Rush Point State Park, am Ufer des Red River, so nah
bei Nicole, wie es nur ging. Der Pavillon stand auf einem kleinen
Hügel, von dem aus der Fluss zu sehen war,
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