Geständnis
nicht
notwendig erachtet.
Prudlowe und sein Assistent waren sich einig, dass der neueste
Antrag der Anwälte unbegründet war. Der Assistent fragte kurz bei
den Mitarbeitern der anderen Richter nach, und innerhalb einer
Stunde war eine vorläufige Ablehnung in Umlauf.
Boyette lag noch auf dem Rücksitz, wo er die letzten zwei
Stunden verbracht hatte. Er hatte eine Tablette genommen, die
offenbar Wirkung zeigte. Er bewegte sich nicht und gab keinen Laut
von sich, schien aber noch am Leben zu sein. Zumindest hatte er
geatmet, als Keith nach ihm gesehen hatte.
Um wach zu bleiben und seinen Kreislauf in Schwung zu bringen,
hatte Keith zweimal mit Dana telefoniert. Sie stritten sich, keiner
gab nach, keiner entschuldigte sich dafür, dass er im Eifer des
Gefechts etwas Falsches gesagt hatte. Nach jedem Gespräch war Keith
hellwach und schäumte vor Wut. Er rief Matthew Bums an, der in
seinem Büro in Topeka war und unbedingt helfen wollte, obwohl er
nicht viel tun konnte.
Als der Subaru irgendwo in der Nähe von Sherman, Texas, auf
den Standstreifen einer zweispurigen Straße fuhr, wurde Keith
abrupt wach. Und sofort wieder wütend. Er hielt am nächsten
Lebensmittelladen an und kaufte sich einen großen Becher mit
starkem Kaffee. Nachdem er drei Päckchen Zucker hineingerührt
hatte, ging er fünfmal um das Geschäft herum. Wieder im Wagen,
stellte er fest, dass Boyette sich noch immer nicht bewegt hatte.
Keith stürzte den heißen Kaffee hinunter und führ dann weiter. Sein
Handy, das er auf den Beifahrersitz gelegt hatte,
klingelte.
Es war Robbie Flak. „Wo sind Sie?“
„ Ich weiß es nicht. Highway 82, Richtung Westen, in der Nähe
von Sherman.“
„ Warum brauchen Sie so lange?“
„ Ich tue, was ich kann.“
„ Wie stehen die Chancen, dass ich mit Boyette reden kann?
Jetzt, am Telefon?“
„ Schlecht. Er liegt auf dem Rücksitz und rührt sich nicht.
Außerdem hat er gesagt, dass er erst redet, wenn wir angekommen
sind.“
„ Reith, ich kann erst etwas tun, wenn ich mit ihm gesprochen
habe. Ich muss wissen, wie viel er sagen will. Wird er zugeben,
dass er Nicole Yarber getötet hat? Rönnen Sie mir das
beantworten?“
„ Robbie, wir sind mitten in der Nacht in Topeka aufgebrochen.
Ich fahre wie ein Irrer, um zu Ihrer Ranzlei zu kommen, und Boyette
zufolge veranstalten wir diese Aktion nur, weil er auspacken will,
weil er die Vergewaltigung und den Mord gestehen und versuchen
will, Donte Drumm zu retten. Genau das hat er gesagt. Aber bei dem
Kerl kann man sich auf rein gar nichts verlassen. Vielleicht liegt
er ja schon im Roma.“
„ Fühlen Sie ihm mal den Puls.“
„ Nein. Er mag es nicht, wenn man ihn anfasst.“
„ Verdammter Mist. Beeilen Sie sich, ja?“
„ Passen Sie auf, was Sie sagen. Ich bin Pastor und kann eine
solche Ausdrucksweise nicht billigen.“
„ Tut mir leid. Bitte beeilen Sie sich.“
Chapter
20
Gerüchte über die Demonstration hatte es seit Montag gegeben,
doch über die Details war nichts zu erfahren. Bis zur Hinrichtung
blieben nur noch wenige Tage, trotzdem war unter den Schwarzen die
Hoffnung groß gewesen, dass irgendwo ein Richter aufwachen und sie
verhindern würde. Doch die Tage verstrichen, und die höheren Mächte
schliefen immer noch. Jetzt stand die Exekution unmittelbar bevor,
und die Schwarzen in Slone, allen voran die jüngeren, wollten nicht
tatenlos zusehen. Die Schließung der Highschool hatte ihnen neuen
Antrieb gegeben und dafür gesorgt, dass sie genug Zeit hatten, um
sich eine aufsehenerregende Aktion einfallen zu lassen. Um zehn Uhr
vormittags versammelte sich eine Menschenmenge im Washington Park,
an der Ecke Tenth Street und Martin Luther King Boulevard. Dank
Mobiltelefonen und Internet vervielfachte sich die Menge, und es
dauerte nicht lange, bis tausend aufgebrachte Schwarze auf dem
Rasen umherliefen, felsenfest davon überzeugt, dass gleich etwas
passieren würde, wenn sie auch nicht wussten, was. Zwei
Streifenwagen kamen und parkten ein Stück die Straße hinunter, in
sicherer Entfernung zur Menge.
Trey Glover war Starting Tailback in der Footballmannschaft
der Slone High School. Er führ einen SUV mit getönten Scheiben,
übergroßen Reifen, glänzenden Radkappen aus Chrom und einer
Hi-Fi-Anlage, die Glasscheiben platzen ließ. Trey parkte mitten auf
der Straße, öffnete alle vier Türen und spielte „White Man's
Justice“ ab, einen wütenden Rap-Song von T. P. Slik. Der Song riss
die Menge mit. Immer mehr Menschen
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