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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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strömten herbei, die meisten von
ihnen Schüler der Highschool, aber es waren auch Arbeitslose,
einige Hausfrauen und etliche Rentner darunter. Als vier Mitglieder
der Marching Warriors mit zwei Bass- und zwei Marschtrommeln
eintrafen, formierte sich ein Trommlerzug. Die Menschen skandierten
„Freiheit für Donte Drumm“, und ihre Stimmen hallten durch das
Viertel. In einiger Entfernung zum Park zündete jemand
Feuerwerkskörper, und für den Bruchteil einer Sekunde glaubten
alle, es wären Schüsse gewesen. Rauchbomben detonierten, und die
nervöse Anspannung wuchs mit jeder Minute.
    Der Ziegelstein kam nicht aus dem Washington Park. Er wurde
von jemandem geworfen, der auf der anderen Seite der Streifenwagen
stand, hinter einem Holzzaun neben dem Haus von Mr. Ernie Shylock.
Mr. Shylock saß auf seiner Veranda und verfolgte die ganze
Aufregung. Allerdings hatte er angeblich nicht gesehen, wer den
Ziegelstein geworfen hatte. Das Geschoss schlug in die Heckscheibe
eines Streifenwagens ein, ließ die beiden darin sitzenden
Polizeibeamten vor Schreck zusammenfahren und löste bei der
Menschenmenge lautstarke Begeisterungsstürme aus. Ein paar Sekunden
lang rannten die Polizisten mit gezogener Waffe in der Gegend
herum, bereit, alles zu erschießen, was sich bewegte. Mr. Shylock
war das erste mögliche Ziel. Er riss die Hände hoch und brüllte:
„Nicht schießen! Ich war's nicht!“ Einer der Polizisten rannte
hinter das Haus, als wollte er den Übeltäter verfolgen, war aber
nach vierzig Metern völlig außer Atem und gab auf. Innerhalb von
Minuten traf Verstärkung ein. Der Anblick weiterer Streifenwagen
ließ die Menge noch wütender werden.
    Der Marsch begann, als die Trommler auf den Martin Luther Ring
Boulevard traten und nach Norden gingen, in Richtung Stadtzentrum.
Ihnen folgte Trey Glover in seinem SUV, aus dessen geöffneten
Fenstern mit voller Lautstärke der Rap-Song dröhnte. Hinter ihm
kamen die übrigen Demonstranten, von denen viele Transparente in
die Höhe hielten, auf denen wahlweise Gerechtigkeit, ein Aufschub
der Hinrichtung und Freiheit für Donte gefordert wurde. Kinder auf
Fahrrädern schlossen sich dem Zug an. Schwarze, die müßig auf ihren
Veranden herumsaßen, standen auf und gesellten sich zu der Menge.
Die Parade wurde mit jedem Zentimeter, mit dem sie sich ihrem
anscheinend noch unbekannten Ziel näherte, größer.
    Niemand hatte sich Gedanken um eine Genehmigung gemacht, die
die Stadtverwaltung von Slone in einem solchen Fall vorschrieb. Die
Demonstration, die am Tag zuvor vor dem Gerichtsgebäude
stattgefunden hatte, war ordnungsgemäß beantragt worden, dieser
Marsch nicht. Die Polizei ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe
bringen. Die Schwarzen sollten ruhig protestieren und in der Gegend
herumbrüllen. Heute Abend würde alles vorbei sein. Jedenfalls
hoffte man das. Wenn die Staatsmacht der Parade den Weg versperrte
oder versuchte, die Menge zu zerstreuen, vielleicht sogar einige
Teilnehmer verhaftete, würde das die Demonstranten aufwiegeln und
alles noch schlimmer machen. Daher hielten sich die Polizeibeamten
zurück. Einige folgten dem Zug in gebührendem Abstand, andere
führen voraus, um den Weg frei zu machen und den Verkehr
umzuleiten.
    Ein schwarzer Polizeibeamter auf einem Motorrad hielt sich
neben dem SUV und brüllte: „Trey, wo willst du hin?“
    Trey, offenbar der inoffizielle Anführer des Zuges, erwiderte:
„Wir marschieren zum Gericht.“
    „ Sorg dafür, dass alles friedlich bleibt, dann wird es auch
keinen Ärger geben.“
    „ Ich versuch's“, sagte Trey mit einem Achselzucken. Sie wussten
beide, dass es jeden Moment zu Ausschreitungen kommen
konnte.
    Die Parade bog auf die Phillips Street ab und schob sich
langsam weiter, eine lose organisierte Ansammlung engagierter
Bürger, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausübten und zudem
die Aufmerksamkeit genossen. Die Trommler bearbeiteten ihre
Instrumente mit präzisen Schlägen. Der dröhnende Bass des Rap ließ
die Erde erzittern. Die Schüler bewegten sich zu seinem Rhythmus
und skandierten ihre Schlachtrufe. Die Stimmung war fröhlich und
wütend zugleich. Die Jugendlichen waren stolz darauf, dass die
Teilnehmerzahl immer größer wurde, hätten aber gern mehr getan. Vor
ihnen sperrte die Polizei die Main Street ab und warnte die
Geschäfte in der Innenstadt, dass sich ein Demonstrationszug
nähere.
    Der Notruf ging um 11.27 Uhr ein. Die Kirche der Mount Sinai
Church of God in Christ, ganz in der Nähe

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