Geständnis
des Washington Park
gelegen, stand in Flammen. Dem Anrufer zufolge hatte ein weißer Van
mit einem Logo und mehreren Telefonnummern hinter der Kirche
geparkt. Zwei Weiße in Overalls, vielleicht Klempner oder
Elektriker, seien aus der Kirche zu dem Van gerannt und
weggefahren. Minuten später sei Rauch aufgestiegen. Sirenen
heulten, als die Ersthelfer zum Brandort eilten. Aus zwei der drei
Feuerwachen in Slone rückten Löschfahrzeuge aus.
An der Ecke Phillips und Main Street kam der Zug zum Stehen.
Die Trommler verstummten. Der Rap wurde heruntergedreht. Alle sahen
zu, wie die Löschfahrzeuge vorbeirasten und in ihren Teil der Stadt
fuhren. Der schwarze Polizist auf dem Motorrad hielt wieder neben
dem SUV und teilte Trey mit, dass eine ihrer Kirchen
brenne.
„ Blas die Sache ab, Trey“, sagte der Polizeibeamte.
„ Das werde ich nicht tun.“
„ Dann wird es Ärger geben.“
„ Den haben wir doch schon“, erwiderte Trey.
„ Du musst die Leute nach Hause schicken, bevor das Ganze aus
dem Ruder läuft.“
„ Nein, du musst aus dem Weg gehen.“
Fünfzehn Kilometer westlich von Slone gab es einen kleinen
Deli mit integriertem Lebensmittelladen namens Trading Post. Er
gehörte Jesse Hicks, einem großen, geschwätzigen Mann, der ein
Großcousin von Reeva war. Jesses Vater hatte den Trading Post vor
fünfzig Jahren eröffnet, und Jesse hatte noch nie woanders
gearbeitet. Der „Post“, wie er genannt wurde, war ein beliebter
Treffpunkt für Klatsch und Mittagessen, und ab und an fanden dort
sogar Grillfeste für Politiker im Wahlkampf statt. Am Donnerstag
war der Kundenandrang größer als sonst, da mehr Leute vorbeikamen,
um das Neueste über die Hinrichtung in Erfahrung zu bringen. Jesse
hatte ein Foto seiner Lieblingsnichte Nicole Yarber aufgehängt, an
der Wand hinter der Theke, gleich neben den Zigaretten, und sprach
mit jedem, der ihm zuhören wollte, über den Fall. Genau genommen
war Nicole seine Cousine dritten Grades, doch nachdem sie so etwas
wie eine Berühmtheit geworden war, nannte er sie nur noch „meine
Nichte“. Für Jesse konnte es am Donnerstag, dem 8. November, gar
nicht schnell genug achtzehn Uhr werden.
Der Lebensmittelladen befand sich im vorderen Teil des
Gebäudes, der Deli im hinteren, und um einen alten Kanonenofen war
ein halbes Dutzend Schaukelstühle gruppiert, die jetzt, kurz vor
Mittag, alle besetzt waren. Jesse stand an der Kasse, verkaufte
Benzin und Bier und unterhielt sich mit seiner kleinen
Zuhörerschaft. Da die Ausschreitungen an der Highschool nur wenige
Stunden her waren, die Trümmer der First-Baptist-Kirche noch
schwelten und die Hinrichtung immer näher rückte, gab es eine Menge
Gesprächsstoff, und die Leute redeten aufgeregt durcheinander. Ein
Mann namens Shorty kam herein und verkündete: „Die Afrikaner
marschieren schon wieder durch die Stadt. Einer von ihnen hat einen
Ziegelstein durch die Scheibe eines Streifenwagens
geworfen.“
Angesichts der vielen anderen Nachrichten führte das fast zu
einem Zuviel an Neuigkeiten, die selbstverständlich diskutiert und
analysiert und beurteilt werden mussten, und das natürlich sofort.
Für ein paar Minuten war Shorty die Hauptperson, doch bald schon
wurde er von Jesse in seine Schranken gewiesen, der wie immer die
Unterhaltung an sich riss. Man war unterschiedlicher Meinung
darüber, was die Polizei tun sollte. Niemand fand, dass sie richtig
gehandelt hatte.
Jahrelang hatte Jesse damit geprahlt, dass er bei der
Hinrichtung von Donte Drumm dabei sein werde, dass er es gar nicht
erwarten könne, dass er sogar den Schalter umlegen würde, wenn man
ihn nur ließe. Er hatte oft gesagt, Reeva bestehe darauf, dass er
dabei sei, da er Nicole, seiner geliebten Nichte, so nahe gestanden
habe. Jeder der leise vor sich hinschaukelnden Anwesenden hatte
schon miterlebt, wie Jesse die Stimme stockte und ihm Tränen in die
Augen schössen, wenn er über Nicole sprach. Doch jetzt verhinderte
irgendein bürokratisches Durcheinander in letzter Minute, dass
Jesse nach Huntsville fahren konnte. Es gab so viele Journalisten,
Gefängnisbeamte und andere hohe Tiere, die zusehen wollten, dass
Jesse eben verzichten musste. Die Plätze in der Zeugenkammer waren
heiß begehrt, und obwohl Jesse auf der Liste stand, konnte er aus
irgendeinem Grund nicht dabei sein.
Ein Mann namens Rusty kam herein und verkündete: „Jetzt brennt
noch eine Kirche. Eine von diesen Pfingstgemeinden der
Schwarzen.“
„ Wo?“
„ In Slone, in der
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