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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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nicht gesagt.
    „Sonst niemand“, sagt Detlef in Strickjacke und offenem Hemd an der Hoftür. Er will kein Einweihungsfest, wo Städter staunen und Nachbarn die Köpfe schütteln über den Aufwand. Detlef will still hineinwachsen, in Hof und Nachbarschaft.
    Jetzt erst kommt Renate. Hat dem Hofherrn den Empfang überlassen, als sei sie selber Gast. Sie umarmt beide wie geliebte Verwandte. Angestrengt sieht sie aus, Detlef, der ohnehin hagere noch mehr. Der Hof spiegelt die Arbeit, die sie seit dem letzten Besuch geleistet haben. Er spiegelt. Lediglich der Stall, vom Vorbesitzer ausgebaut, dient noch als Lager für Möbel, Hausrat, Gartenkram, Regale und Kisten voller Akten.
    „Ich bewundere dich!“ sagt Lukas zum Hofherrn. „Woher nimmst du den Dampf zu dieser Totalumstellung?“
    „Von dir“, antwortet Detlef.
    Der Hof kommt Lukas heute behaglicher vor. Großzügig gemacht, teuer einfach, zwischen Schlögl- und Bühlhof ungefähr. Ein alter Kasten mit großen Schraubsicherungen fällt ihm zu Detlefs Freude auf. Diese herrliche technische Antiquität habe Luggi rausreißen wollen. Am liebsten hätte er die frisch gestrichenen Wände aufgehackt und auch alle alten Leitungen ersetzt. Detlef sagt, er sei gerade noch rechtzeitig dazugekommen, um es zu verhindern. Der Städter erhält die bäuerliche Kultur! zitiert er Lukas, wenig treffend und führt ihn in die Speisekammer, wo er auf ein Kästchen überm Türstock aufmerksam macht. Durch den Luggi hat er’s bekommen. Es soll Strahlen abhalten, in der Gegend würden sich Wasseradern kreuzen. Detlef glaubt den Quatsch zwar nicht, wie er versichert, könne sich jedoch unter Erdstrahlenablenkung etwas vorstellen. Jedenfalls habe er’s dem Nachbarn gezeigt, schon damit das Gerede aufhört, auf dem Hof sei kein Segen. Kein Wort über Georgia.
    Die Frauen bitten zum Essen an den Tisch mit eingelegter Schieferplatte. Renate bringt vom Herd eine langstielige Riesenpfanne und stellt sie auf die Platte, wie das früher gemacht wurde. Hinter einem dicken Ring von Bratkartoffeln dampft fünferlei Fleisch, Daniela bringt Gemüse und Salat. Auf dem breiten Holzrand des Tischs sind die großen Keramikteller von rustikalem Besteck mit aufgenieteten Holzgriffen eingerahmt. Stahl, nicht das teure Messing, wo die Messer nicht schneiden. Detlef bietet zweierlei Wein und dreierlei Bier. Mit einem Fastentrunk läßt Lukas die Gastgeberin hochleben, die sich um den Hof verdient gemacht hat, geschmacklich wie praktisch, und der Hofherr kontert mit einem Toast auf Lukas, der an allem schuld sei.
    Auf der Herfahrt ist Lukas auf die Zweierharmonie zu sprechen gekommen. „Ich bin ja wieder schuld, falls sie was merken!“ hat er gescherzt. Astrologisch gesehen, sei das nicht zu befürchten, hat Daniela gemeint. Zwischen Detlef und Renate gebe es zur Zeit Spannungen, eine Quadratur, wie man sagt. Sie seien vollauf mit sich selbst beschäftigt.
    Bei Tisch ist davon nichts zu spüren. Allen schmeckt es auf die bekömmlichste Weise. In heiterer Harmonie genießen sie alle Köstlichkeiten und ihr Zusammensein. Das Gespräch läuft querbeet vom Straßenbauobjekt, das Detlef zu verhindern wissen wird, wie er sagt, über einen Stallanbau für Sohn Adrians Pferd, bis zu beruflichen Verpflichtungen des Hofherrn. Für ein paar Tage wird er Renate allein lassen müssen, zu Besprechungen anderorts gebraucht. Das komme ihr gelegen nach den letzten turbulenten Tagen, meint Renate. Keinen Finger werde sie rühren, sondern endlich einmal ausschlafen.
    Daniela und Lukas wechseln nur sparsam Blicke und fassen Bemerkungen kurz. Sie lassen die beiden reden, hören ihnen zu. Damit tut man angespannten Menschen den größten Gefallen. Die am meisten geredet haben, finden es nachher auch am schönsten, die gute Laune beim Abschied spricht dafür.
    „Komm doch mal mit dem Rad, wenn ich jetzt allein bin“, sagt Renate zu Lukas.
    „Gute Idee. Es war sehr gemütlich bei euch.“ Er verschanzt sich hinter ironischem Lächeln und flüchtigem Kuß.
    Der kühle Detlef faßt ihn an beiden Oberarmen. „Ich freu mich, daß wir jetzt Nachbarn sind. Und Dank für alles.“
    Was er unter alles versteht, kann Lukas aus seinem Blick lesen. Die Rückfahrt beginnt mit erholsamem Schweigen. Beide ordnen Eindrücke, um sie einander mitzuteilen. Lukas fängt mit einer Feststellung an: Detlef werde ihm immer sympathischer. Überhaupt habe er das Gefühl, daß jetzt alles in Ordnung kommt.
    Daniela ist sich dessen nicht so sicher.

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