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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Der Messnerhof sei sehr imposant, aber Renate hänge doch am Bühlhof und nicht nur an dem. Sofort hat Lukas eine Empfehlung bereit: Sich hier nicht einzumischen. Die beiden seien ein erprobtes Gespann.
    Daniela zeigt sich amüsiert. „Seine Ruhe haben wollen ist die bequemste Form von Fairness.“
    Sie bleibt bei ihren Bedenken. Weil Renate noch zu viel will. Lukas möchte nicht mehr darüber reden, er will den Abend vor dem Kamin im Zu-Haus beenden; Daniela will sofort ins Bett und in seinem Arm einschlafen. Schließlich wollen beide. Und am Morgen wieder. Dann meldet sich die Welt. Beim Frühstück scheitert der automatische Anrufbeantworter. Colin aus Edinburgh äußert Sorge: der Coproduzent sei verzweifelt. Wie stehe es mit den Genehmigungen, mit dem Festplatz undsoweiter? Lukas verkleinert Versäumnis zu Mißverständnis und macht sich umgehend an die selbsteingebrockte Arbeit.
    Dem Bürgermeister, als Glasereibesitzer von Haus aus vorsichtig, gefällt die Sache, die er da vernimmt. Er verhält sich bodenständig-katholisch und schickt ihn zum Landrat. Der kann mit dem schottisch-alpenländischen Kräftemessen nichts anfangen. Brauchtumsveräppelung fürchtet er, grade weil das Fernsehen dabei ist. Er will aber auch nicht dagegen sein. Weil es dabei ist. Er will sich weiter oben erkundigen. Lukas könnte sich ohrfeigen.
    So geht’s, wenn Ideen auf den Dienstweg geraten! Auf dem Land sollst du nichts wollen, was über deinen Grund und Boden hinausgeht! Weder zur öffentlichen Belustigung noch gegen öffentliche Planung...
    Sein Horoskop ist da weniger ängstlich. Er habe jetzt eine gute Zeit in der Öffentlichkeit — weiß Daniela, und Lukas merkt belustigt, wie er sich an den stellaren Nachrichtendienst gewöhnt hat. Tatsächlich kommt Echo auf seine Männchen in der Zeitung. Die Idee mit dem Märchenkönig gefalle, läßt ihm der Chefredakteur bestellen.
    Georgia hat darüber beim Friseur sehr gelacht. Lukas hat sie angerufen. „Aus musikalischen Gründen“, wie er Daniela erklärt. „Zum Ausklang in Wohlklang, ohne Paukenschlag. Georgia ist erstaunlich musikalisch. Sie wäre wohl auch mit Dreiklang einverstanden.“
    Statt in Rücklage auf dem Kanapee, bei Flachlage und lockerer Umarmung im stabilen Messingbett zu schwatzen, stellt einen Genuß dar, bei dem sich Daniela von den Jahren einsamer Entscheidungen erholt. Bald nach dem Abendessen gehen sie hinauf und erleben mit Staunen: Hätte der Tag achtundvierzig Stunden, sie würden sechsundfünfzig miteinander reden wollen, Material zweier Leben verweben.
    „Was sagen sich eigentlich Jungverliebte?“ fragte er sich und sie. „Hast du noch eine Ahnung? Muß sehr pover sein. Man kann gar nicht spät genug zusammenfinden.“
    Unvermittelt faßt Daniela nach seinem Arm. „Da klopft jemand.“ Bella bestätigt mit Gebell.
    Der Mann auf dem Hof sieht sich widerwillig in seinem Element. Danielas Pantoffeln dienen ihm bestenfalls als Zehenhut, hinten ragt er weit hinaus, ist überhaupt ein Sommernachtstrauma in Pyjama-Shorts und Halbärmeln. Danielas Blick besagt es: Alter schützt vor Komik nicht.
    Alleinlagevorsicht bestimmt die Reihenfolge. Außenlicht einschalten, Hand am Riegel, aber zuerst die Frage: Ist da jemand?
    „Ich bin’s.“
    Er öffnet. Trotz der Ausstrahlung nahen Nervenzusammenbruchs gelingt Renate ein Vorwurf. „Ich klopf’ dauernd am Zu-Haus.“
    Sein Aufzug erspart ihm die Antwort. An den Schultern führt er sie in die Stube. Setzen soll sie sich und sich beruhigen, während er Verständnis sprudelt, der fremde Hof, der Föhn, dieser Fallwind, der sich aufs Gemüt legt, nun sei sie ja nicht mehr allein. Daniela kommt herein mit tröstlicher Umarmung und schon fließen die Tränen. Um nicht hilfreich herumzustehen, geht Lukas in die Küche. Aus dem Kühlschrank holt er die Schnapsflasche und öffnet die Vitrine. Beim Griff nach Gläsern zögert die Hand.
    Das sieht ja wie Begrüßungstrunk aus! Oder wie banalste Beruhigung...
    Nach kleinem Schluck bringt er Flasche und Gläser unauffällig mit herabhängenden Armen herein, stellt sie in Bereitschaft auf den Stubentisch. Vom Kanapee beobachtet ihn Daniela. An ihrer Schulter bebt die völlig verzweifelte Renate. Nie mehr will sie auf den Messnerhof zurück, nie mehr Detlef sehen. Nicht einmal mit ihm telefonieren. Sie hat ihm einen Abschiedsbrief hinterlassen.
    Mit einer ungeschickten Bewegung hat Lukas die Flasche umgestoßen und stellt sie wieder auf. Daniela schaut durch ihn

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