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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Kreisbaumeister.
    Der Augenblick für die Hauptsorge war gekommen, die Straße. Lächeln des Gegenüber und sein beidhändiges Abwinken taten wohl. „Unter uns: die kommt noch oft, bevor sie endgültig nicht kommt!“ Dazu machte er die Geldzählbewegung und stand auf. Der Händedruck glich dem Dienstsiegel unter einem Empfehlungsschreiben, und der Herr über nachträglich genehmigte Fenster winkte ihm nach, was einem Kreisbaumeister auch nicht jeden Tag widerfährt. Gegen die noch vom Luggi verputzte Wand gestützt, fühlte sich Lukas dazugehörig wie selten zuvor.
    Hier bin ich. Und hier bleib ich! Hier fällt mir was ein. Und was mir an Möbeln noch fehlt, kauf ich nicht bei Uli — im Stall steht eine Hobelbank — , das mach ich mir selber. Auch meinen Dreck räum’ ich selber weg. Ohne Frau Schmidhuber. Dreck erdet die Kreativität. Morgen muß ich in die Stadt. Morgen werden die Schafe abgeholt. Soll Daniela mitkommen. Sonst ist sie traurig. Ich bin ja wieder mal schuld. Sowieso...

    Er ist langsam gefahren, Daniela neben sich, Bella auf dem Rücksitz. Harmonie auf engstem Raum. Sie war sofort einverstanden gewesen, hatte gespürt, wie’s gemeint war. Einen großen Korb hat sie mitgenommen, obenauf ihr Strickzeug. Über Renate haben sie nicht mehr viel gesprochen. Sie meinte nur, Lukas habe ihre Rückkehr beschleunigt.
    Daran sei er gern schuld, hat er gemeint. Aber was dann?
    „Dann geh’ in Gottes Namen mit ihr ins Bett!“
    „Keine Gefühlsaufwärmung!“ hat er abgewinkt. Er spiele nicht den Sündenbock vom Dienst, er wolle seine Ruhe haben. Aber das sei mit zwei Frauen offenbar noch schwieriger als mit einer.
    Die Geschichte mit dem Kreisbaumeister und das Fastenbier haben Daniela und Lukas am Abend im Zu-Haus bei Kaminfeuer in kontemplative Stimmung versetzt. Was würden sie tun, wenn die Straße doch gebaut werden sollte, nahe am Hof vorbei? Sie könnten sich sofort umstellen, wegziehen oder anderswo bauen, haben sie einander eröffnet. Eigentlich müsse sie kommen, um das Loslassen zu üben, nicht Wurzeln zu schlagen, auf Durchreise zu bleiben, ohne Verhaftung an Sachwerte. Hier gehe ihre Entwicklung weiter, waren sie sich einig.
    Inkarnationsstufengleich.
    In der Stadt hat er Daniela in die Wohnung gebracht und ist zur Besprechung mit dem Coproduzenten weitergefahren. Der Mann, harm-los-großspurig, wie viele Kunstkaufleute, hat Lukas’ Theorie vom Loslassen unbewußt bestätigt: Wenn man nichts will, bekommt man mehr, als der andere ursprünglich geben wollte. Lukas Gedankenskizze, wie die Sache ablaufen könnte, hat der Kunstkaufmann sofort zum Programm erhoben und Martina als Moderatorin akzeptiert. Ein bißchen kennt sie sich mit dem Ländlichen aus, ein bißchen kennt Lukas sie. Seinen Rat wird sie annehmen. Das ist besser als einen fremden Medienfachmann zu engagieren, der womöglich selber kreativ sein will. Ehrgeizige Halbkünstler, — die fürchtet er.
    Im Eigentumsbeton hat Daniela inzwischen Wunder gewirkt. Ein belebter Hausstand ist das plötzlich, und das Essen steht schon bereit. Was für ein Essen! Bella hält den Sessel mit den Polsterbäckchen auf den Lehnen besetzt.
    Bei der Post ein Brief von Serag, mit Fotos. Die Trinität auf der Eckbank und Lukas mit seinen schottischen Freunden. Sie würden das Strohdach auf Lukas’ Häuschen gerade erneuern lassen, heißt es in dem Brief. Er gibt ihn Daniela zu lesen. „Gute Freunde“, sagt sie nur und möchte zum Einkaufen in die Stadt. Lukas bringt sie mit dem Wagen ins Zentrum. Seine Bereitschaft, sie zu begleiten, scheitert an ihrem Veto. Sie verabreden sich auf später in das Café, wo er Ellen kennengelernt hat. Er geht zur Post, dann ist alles erledigt. So kommt er zu Dingen, die er eigentlich nicht braucht, zu einem Hobel und zu einem Schwingschleifer. Fast hätte er noch eine Stichsäge erworben, setzte sich der Unkenntnis des Verkäufers aber nicht aus.
    Mit schwerer Tüte geht er durch die Straßen. Der Männchenmaler sieht seine Umwelt deutlicher, unbarmherziger, liebevoller. Das Nichtunbedingt-Nötige in der Tüte macht eine Rast unbedingt nötig. Auf der ersten Bank einer Grünanlage macht er sich, beide Arme auf der Rücklehne ausgelegt, so breit wie es geht. Der kommunale Sandkasten für Kinder in unmittelbarer Nähe und die schwatzenden Mütter auf der Umrandung und auf kommunalen Stühlen stören ihn nicht. In der Pose des Abwesenden beobachtet und lauscht er genau. Unzufrieden schauen sie drein, die jungen Mütter,

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