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Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Titel: Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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müssen und wollen unangenehme Überschwemmungen im Leichensack vermeiden.
    Dann ziehen wir den Reißverschluss zu, und los geht’s. Es sind wirklich vier Mann notwendig – nicht etwa weil der Verstorbene so schwer wäre, sondern einfach weil es viel zu eng ist in der Wohnung.
    An manchen Stellen sind nur wenige Quadratzentimeter Boden zu sehen, man kann nur die Füße voreinandersetzen, sich seitwärts zwischen den Stapeln hindurchschieben. Der Mann hat zu Lebzeiten so viele Türme aus Gerümpel aufgebaut, dass wir die Sacktrage 15- bis 20-mal senkrecht stellen müssen.
    Zwei Mann halten sie hoch, die anderen beiden müssen sich an der Sacktrage vorbeizwängen und sie dann um die Ecke ziehen, was dadurch erschwert wird, dass man nicht nebeneinanderstehen kann.
    Gut eine halbe Stunde ziehen, zerren und stemmen wir, manchmal stecken wir regelrecht fest, müssen wieder drei, vier Meter zurück, damit noch ein Mann an der Sacktrage vorbeikann, und durch die rege Tätigkeit in der Wohnung wird allerlei Ungeziefer zu erhöhter Aktivität angeregt. Es krabbelt wirklich überall, an den Wänden, auf dem Boden, ja sogar an der Decke.
    Klirrend stürzen Flaschen zu Boden, als wir in der Küche um die Ecke biegen, doch kurz darauf haben wir es geschafft, sind nassgeschwitzt und haben den Verstorbenen endlich im Treppenhaus. Dort empfängt uns Stimmengewirr, die ganzen Hausbewohner scheinen sich versammelt zu haben. Ich bitte die Leute, eine Treppe weiter hochzugehen, damit wir Platz haben. Sie machen das auch, und ich merke, dass man uns Sympathie entgegenbringt – man ist froh, dass wir den Mann abholen, dass der Spuk im Kellergeschoss bald ein Ende hat. Traurig.
    Der Rest ist schnell erledigt. Den Verstorbenen in den Bestattungswagen zu legen, die Klappe zu schließen, das dauert nur wenige Minuten. Ein Hausbewohner kommt und bringt ein Tablett mit vollen Schnapsgläsern: »Den werden Sie jetzt brauchen.« Da hat er recht!

    Zu Hause ist erst einmal Duschen angesagt. Die Kleider fliegen komplett in den Wäschesack, doch ich habe das Gefühl, als röche ich trotzdem immer noch nach fauligem, muffigem Müll.
    Herr Huber macht sich in unserem Versorgungsbereich direkt daran, den Verstorbenen zu waschen und ansehnlich zu machen. Er wird zwar nicht aufgebahrt, aber der Mann ist so schmutzig, das kann man nicht so lassen.
    Später am Tag kommt Frau Klemperer, man sieht es ihr an, dass es ihr peinlich ist, wie wir ihren Bruder vorgefunden haben.
    Vor zwölf Jahren hat ihn seine Frau verlassen, was der Mann nicht verkraftet hat. Wenige Monate später kam er in die Psychiatrie, blieb dort ein halbes Jahr und bekam dann von der Stadtverwaltung eine kleine Wohnung zugewiesen. Frau Klemperer erzählt, ihr Bruder habe sich von der Regierung verfolgt gefühlt und sei fest davon überzeugt gewesen, dass er alles Mögliche sammeln müsse, um sich für eine Belagerung zu wappnen. Schon die erste Wohnung habe er verwahrlosen lassen und mit Sammelgut vollgestellt.
    Damals wurde er wieder in die Psychiatrie eingewiesen, doch das war dann auch das letzte Mal. Eine zweite Wohnung folgte, die verlor er auch wieder und bekam dann die jetzige Wohnung zugewiesen, die der städtischen Wohnungsgenossenschaft gehört. »Da konnte man ihn nicht so einfach rausschmeißen, und in die Psychiatrie kam er ja auch nicht mehr. Die haben gesagt, solange er niemandem was tut, kann man da nichts machen.«
    Alle paar Monate habe der Hausverwalter das Gesundheitsamt gerufen und in Abständen von etwa zwei Jahren sei die Wohnung zwangsweise komplett entrümpelt und von einer Hygienefirma »entwest« worden.
    »Das, was Sie da heute vorgefunden haben, das ist von den letzten 18 Monaten. Der war den ganzen Tag unterwegs und hat gesammelt. Das Zeug hat er dann irgendwo in der Stadt in Büschen und Unterführungen versteckt und abends im Schutz der Dunkelheit in seine Wohnung geschafft.«
    Kontakt habe sie kaum noch zu ihrem Bruder gehabt. Der hatte kein Telefon, meldete sich auch nie, und ihr war es irgendwann so peinlich, dass sie sich bewusst nicht mehr gekümmert hat. »Dem war auch nicht zu helfen.«
    Das Schlimme allerdings ist, dass Frau Klemperer kein Scheidungsurteil von ihrem Bruder hat. Das benötigen wir aber zur Beurkundung des Sterbefalls beim Standesamt. »Das muss irgendwo in dem ganzen Zeug sein, das er gesammelt hat. Du meine Güte, was kommt da denn jetzt auf mich zu?«, jammert Frau Klemperer.
    Ich beruhige sie und gebe ihr die Telefonnummer

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