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Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Titel: Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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sagt:
    »Inlineskater.«
    »Wie alt?«
    »Fünfzehn.«
    Er nimmt einen Schluck vom Kaffee, lehnt sich zurück und erzählt. Sein Sohn hat sich am Nachmittag mit einem Freund getroffen, um im Stadtpark mit diesen modernen Rollschuhen zu fahren. Da gibt es einen steilen Weg, auf dem man besonders viel Tempo bekommt und der am Ende ein Stück bergauf geht. Da kann man tolle Sprünge hinlegen, heißt es. Leider mündet der Weg auf eine Straße. Er ist zu mir gekommen, um ein Kreuz zu kaufen, auf das er mit Edding noch »Sven 1992–2007« schreiben möchte, und das will er am Straßenrand in die Erde stecken.
    Ich erkläre ihm, dass ich die Schrift für ihn anbringen werde. Normalerweise drucken wir eine Folie mit dem kompletten Schriftzug aus, aber ich habe im Büro nebenan noch einen Setzkasten mit einzelnen Klebebuchstaben, und den hole ich jetzt. Auf dem Weg nehme ich noch die Flasche Kundencognac mit. Schweigend, wie es vielleicht nur traurige Männer können, sitzen wir nebeneinander und basteln aus den Buchstaben den gewünschten Schriftzug zusammen. Ich hebe die Cognacflasche hoch, und er nickt. Einen kleinen Schluck will ich ihm in den Kaffee geben, doch er trinkt seinen Kaffee leer und deutet auf die Tasse: »Den kann ich jetzt gebrauchen.« Ich trinke nicht viel, und Cognac so gut wie nie, aber in dieser Situation schmeckt sogar der. Mann, was haben wir geheult. Wir kannten uns nicht, keiner von uns musste »gockeln«, sondern jeder durfte einfach nur Mensch sein.
    Wenn Kinder verunglücken, ist das immer eine riesengroße Scheiße.
    Die Flasche war nicht mehr ganz voll, bald ist sie leer. Manfred heißt der Mann, und ich werde seinen Sohn beerdigen.

    Am nächsten Abend kommt meine Frau von irgendwelchen Besorgungen nach Hause und sagt zu mir: »Du, da unten sitzt einer auf der Treppe und hat ’ne Flasche dabei.«
    Dass da bei uns jemand vor der Tür sitzt und trinkt, das passt mir nicht, das ist kein gutes Bild. Es ist schon beinahe dunkel, und während ich zum Haupteingang gehe, um den Penner zu verscheuchen, schalte ich die Beleuchtung ein. Im aufflammenden Licht sehe ich, dass es Manfred ist. Er wirft mir einen Blick über die Schulter zu, hebt eine volle Cognacflasche hoch und sagt: »Wollte ich zurückbringen, hab mich aber nicht zu klingeln getraut.«
    Ich setze mich zu ihm, klopfe eine Zigarette aus der Packung und gebe sie ihm. Feuer hat er selbst, und dann sitzen wir da auf der Treppe und schweigen wieder. Es vergehen bestimmt 15 Minuten, dann sage ich: »Ist kalt, gehen wir rein?«
    »Habt ihr ihn schon geholt?«, fragt er, als wir in der Halle stehen. Ja, haben wir. Am späten Nachmittag haben unsere Männer den Jungen von Manfred aus der Pathologie geholt. Der sehe nicht schlimm aus, haben sie mir gesagt. Also sage ich zu Manfred, dass sein Sohn unten ist.
    »Ich wollte nur mal gucken, wie er so untergebracht ist.«
    Wir fahren mit dem Aufzug runter, und ich zeige Manfred die unteren Räume und das Sarglager. Dann lasse ich ihn auf einem Ballen mit Hobelspänen Platz nehmen, wo er warten soll, während ich ins Kühlhaus gehe. Er muss ja die anderen Toten nicht auch noch sehen, und außerdem will ich erst mal schauen, wie sein Sohn aussieht.
    Da liegt er, »Sven B.« steht auf dem Zettel an der Trage. Ich klappe die Seitenteile runter und bin erstaunt. Da liegt der Junge mit strohblondem Haar und ist, soweit man das auf den ersten Blick sehen kann, vollkommen intakt. Zumindest hat er keine Kopf- oder Gesichtsverletzungen.
    Ich ziehe die Trage auf ein Rollgestell und fahre Sven hinaus. Langsam erhebt sich Manfred, kommt näher, bleibt einen guten Meter entfernt kurz stehen, dann tritt er schließlich vor die Trage. So ein versteinertes Gesicht habe ich noch nie gesehen, ehrlich nicht. Manfred schaut mich fragend an. Ich weiß nicht genau, was er will, aber ich nicke. Da nimmt er die Hand seines Sohnes, streichelt sie, schließt die Augen und atmet tief durch.
    »Kalt«, sagt er. Ich nicke. »Muss wohl so sein«, sagt Manfred. Ich nicke wieder. Was soll ich auch sagen?
    »Soll ich Sachen bringen? Zum Anziehen, meine ich?«
    »Ja, mach das.«
    »Wie ist denn das, wer zieht den denn an?«
    »Unsere Männer.«
    »Ich meine, das ist zehn Jahre her.«
    »Was ist zehn Jahre her.«
    »Na, dass ich Sven angezogen hab.«
    »Willst du mithelfen, wenn er angezogen wird?«
    Manfred schaut mich aus großen Augen an und nickt heftig, während er wohl Tränen hinunterschluckt.
    »Kein Problem«, sage ich, »komm

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